Murmillo-Archiv

Donnerstag, 24. Mai 2012

PUBLIUS VERGILIUS MARO wird heute kaum noch gelesen. Wir hatten ihn in der 11. Klasse (Gymnasium Gernsheim, anno76, also nach dem 70/71er Krieg).
Vergil nicht zu lesen, halte ich für einen Verlust, und zwar aus folgenden Gründen:
1.) er ist "goldene Latinität" (gutes Latein)!
2.) viele schöne und romantische Schilderungen in den BUCOLICA und GEORGICA!
3.) Vergils AENEIS ist: spannend und inhaltsreich (sollte mal richtig verfilmt werden)
4.) das Werk ist eine Fundgrube für Mythologie
5.) das Werk ist das Nationalepos der Römer (von daher also von immenser Bedeutung)
Es gibt sicher noch viele andere Gründe, Vergil im Unterricht zu behandeln.
Ich denke, daß der eine oder andere Lehrer immer noch Vergil  (Leistungskurs 11. und 12. Klasse)  heranzieht und durchnimmt. Recht so!
LESEPROBE:
ECLOGA 1, 1-5: Ins Elend:  Meliboeus spricht:
Tityre (Tityrus), tu (du) patulae recubans sub tegmine fagi (ruhend unter dem Dach/Laubdach der breitwipfelden Buche)
silvestrem tenui Musam meditaris avena (du übst dein ländliches Lied(chen) auf schmaler/einfacher Hirtenpfeife/Flöte ein)
nos patriae finis (wir=ich die Grenzen der Heimat) et dulcia linquimus arva (und die süßen/lieben Gefilde/ dasAckerland verlassen wir=ich)
nos patriam fugimus (wir=ich fliehen aus der Heimat; man treibt mich aus...); tu, Tytire (du, Tityrus) lentus in umbra (träge im Schatten)
formosam resonare doces Amaryllida silvas (du lehrst die Wälder, daß sie den Namen der schönen Amaryllis widerhallen lassen)
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die Namen: aus THEOKRIT
fugimus: mich treibt man, grammat. aktiv, aber oft in der Bedeut. von "vertrieben werden"
Amaryllida: griech. acc.; Geliebte des Tityrus
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Die Ekloge, an die Spitze der Sammlung gestellt, ist eine Huldigung Vergils, an AUGUSTUS gerichtet. Vergils väterliches Gut bei Mantua wurde enteignet (Landzuweisung an Veteranen). OCTAVIAN (AUGUSTUS) setzte sich dafür ein, daß er sein Gut zurückerhielt. Das Gedicht ist Ausdruck des Dankes.
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Übersetzung (Reclam/ H. C. Schnur):
Tityrus, du liegst geruhsam im Schatten breitwipfelnder Buche, 
bläst dir dein ländliches Liedchen auf einfacher Flöte des Hirten.
Ich aber muß mein Heim, mein liebes Gütchen verlassen,
denn man treibt mich ins Elend: du Tityrus, ruhend im Schatten,
läßt "Amaryllis ist schön" erschallen im Echo der Wälder.
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Unheil des Bürgerkrieges auf der einen Seite-arkadisches Idyll auf der anderen.
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Das Versmaß ist der DAKTYLLISCHE HEXAMETER.
Ich habe, wie folgt, skandiert:
T´ityre tú patuláe recubáns sub tégmine fági
s´ilvestrém tenu´i Musám meditáris avéna
nós patriáe fin´is et dúlcia l´inquimus árva
nós patriám fugimús; tu T´ityre léntus in úmbra
fórmosám resonáre docés Amarýllida s´ilvas.

Noch ein paar offene Worte:
Jeder, der Latein bis zum Abi wählt, sollte dies genau bedenken, da es hohe Dichtung wie diese zu bewältigen gilt!
Weitere Voraussetzungen: ein Hang zu Höherem sowie ehrliches Interesse an der Antike!
Ansonsten wird nichts daraus.

EREC (master of all Latin)

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