Murmillo-Archiv

Samstag, 22. Dezember 2012

WINTERLIED: Teil 2

3) Nec lympha caret alveus
(Weder ist das Flußbett leer (frei) von Wasser)
Nec prata virent herbida
(noch grünen die grasreichen Wiesen);
Sol nostra fugit aureus
Confinia
(Die goldene Sonne flieht unsere
Gebiete);
Est inde dies niveus
(Daher ist der Tag schneereich),
nox frigida
(die Nacht kalt).

4) Modo frigescit, quidquid est,
(Bald erstarrt alles, was ist; was auch immer existiert)
Sed solus ego caleo
(Aber ich allein glühe);
Immo sic mihi cordi est
(Allerdings ist mir so zu Herzen/
geht es mir so zu Herzen (ans Gemüt?)/
 liegt es mir so am Herzen (?); dat. finalis)
Quod ardeo
(daß ich "brenne"; vor Sehnsucht?);
Hic ignis tamen virgo est
(Doch dieses Feuer ist eine Jungfrau),
qua langueo
(durch die ich schwermütig bin).

5.) Nutritur ignis osculo
(Genährt (gehegt) wird das Feuer durch einen Kuß)
Et leni tactu virginis
(und durch die sanfte Berühruung einer Jungfrau;
jetzt wird er endlich konkret! AdV.)
In suo lucet oculo
(Iin ihrem Auge leuchtet)
Lux luminis
(das Licht des Lichtes),
Nec est in toto saeculo
(und es gibt nicht im ganzen Jahrhundert; Zeitalter; in der ganzen Welt)
Plus luminis
(mehr "des Lichts"; mehr Licht; ge. partitivus)
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Ex Latino in linguam Germanicam convertit
Educator

WINTERLIED (ANONYMUS 1200): De ramis...

Strophe 1 un 2 (von 5)

1) De ramis cadunt folia
(Von den Zweigen fallen die Blätter),
Nam viror totus periit
Denn das ganze Grün ist verloren gegangen; erloschen;
ist vergangen);
Iam calor liquit omnia
(Schon hat die Wärme alles verlassen)
Et abiit
(und ist weggegangen);
Nam signa caeli ultima
Sol petiit
(Denn die Sonne hat die letzten (entferntesten, äußersten; untersten!) Sternbilder des Himmels erreicht; aufgesucht;
d.h. sie steht tief)

2) Iam nocet frigus teneris
(Schon schadet die Kälte den zarten (erg: vielleicht Pflanzen; hier substantivisch)
Et avis bruma laeditur
(und der Vogel wird durch die Winterkälte verletzt),
Et philomena ceteris
conqueritur
(und die Nachtigall
klagt mit den übrigen)
Quod illis ignis aetheris
Adimitur
(daß/ weil jenen das Feuer des Himmels; Aethers
weggenommen, verwehrt, entrissen wird)
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"philomena": mittellat. für "philomela=Nachtigall;
die athenische Königstochter PHILOMELE wurde in eine Nachtigall verwandelt;
conqueritur ceteris: cum ceteris queritur: TMESIS=Trennung eigentlich zusammengehöriger Wortteile
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INSTERBURG und co. (KARL DALL) dichtete in den 70-er Jahren diese unsterblichen Verse:
"Im Herbst da fall'n die Blätter,
das liegt am schlechten Wetter.
Im Sommer sind sie wieder dran,
sieh mal einer an!"
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E.
PLINIUS  VI, XX, 14f: Vix consideramus...

14) Vix consideramus (Wir hatten uns kaum (gerade) hingesetzt), et nox (da war auch schon die Nacht da; erg: aderat), non qualis inlunis aut nubila (nicht wie eine mondlose und bewölkte), sed qualis in locis clausis (sondern wie an geschlossenen Orten; in geschlossenen Räumen; Wohnungen; in einem geschlossenen Gelaß) lumine extincto (nachdem das Licht ausgelöscht worden war; wenn man das Licht ausmacht). Audires ululatus feminarum (Man hätte "die Wehklagen" (Klagerufe; das Wehklagen) der Frauen hören können; Potentialis der Vergangenheit bei unbestimmten Aussagen; nur in wenigen Wendungen; Reclam: hörte), infantum quirinatus (die Hilferufe der Kinder; das Gewimmer; Gekreische), clamores virorum (die Schreie (Rufe) der Männer): alii parentes (die einen die Eltern), alii liberos (die anderen die Kinder), alii coniuges vocibus requirebant (wieder andere suchten ihre Gatten bzw. Gattinen; Reclam: Ehepartner "mit ihren Stimmen" (durch Zurufe; indem sie riefen), vocibus noscitabant (und versuchten sie an ihren Stimmen zu erkennen; Imperfectum de conatu; Frequentativum von noscere; noscitare=bemerken, wahrnehmen; erkennen);
15) Hi suum casum, illi suorum miserabantur (Diese beklagten (bejammerten) ihr Schicksal (Unglück), jene das der Ihren); erant, qui (Es gab auch welche, die) metu mortis (aufgrund der Furcht vor dem Tod; aus Todesfurcht) mortem precarentur (um den Tod baten); multi ad deos manus tollere (viele erhoben ihre Hände zu den Göttern; Inf. hist.), plures ((noch) mehr) nusquam iam deos ullos (daß es nirgends mehr irgendwelche Götter gebe) aeternamque illam et novissimam noctem mundo (und daß jene ewige und letzte Nacht für die Welt angebrochen sei; Reclam: sei über die Welt gekommen; erg: esse) interpretabantur (ACI davon abhängig; erklärten sie; noch mehr erklärten, daß es keine Götter mehr gebe und...). Nec defuerunt (Auch die fehlten nicht; es fehlte auch nicht an denen), qui fictis mentitisque terroribus (die mit ausgedachten (erfundenen) und erlogenen Schreckensmeldungen; Schauermärchen; mentiri, mentior, mentitus=dichten, erdichten; lügen; erlügen; s. mens=Geist, Sinn; daher "ersinnen"; Deponens; mentitus: hier passivisch!) vera pericula augerent (die wahren (wirklichen) Gefahren vermehrten (vergrößerten)). Aderant (Es waren auch welche da; gab auch welche), qui (die) Miseni illud ruisse (in Misenum sei jenes eingestürzt), illud ardere (jenes brenne) falso, sed credentibus nuntiabant (fälschlich, "aber den Glaubenden" meldeten; fälschlich berichteten, wobei man ihnen glaubte; obwohl sie falsch berichteten, glaubte man ihnen).-
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Euer Ausbilder

Donnerstag, 20. Dezember 2012

DIACHRONIE 2: DIE BEIDEN LAUTVERSCHIEBUNGEN

1. LV: Vom Indogermanischen (Idg) ins Germanische (600 n.):  idg. p, t, k zu germ. f, th (thorn), chi (h)

a) Idg.*pater-got. fadar
b) Idg. *treies-got. threis (die Zahl 3)
c) Idg. *kerd-(lat.cor)-got. hairto
d) Idg. *quod-(lat.quod)-got. hwa

2. LV: Vom Germanischen ins Althochdeutsche (AHD):
2.1. germ. p, t, k zu Doppelspirans ff, zz, hh/ch, im Auslaut und nach langem Vokal oft f, z, h

a) Altsächsich (AS) skipes-AHD sciffes (des Schiffes)
AS skip-AHD scif
b) AS latan-AHD lazan
c) AS makon-AHD mahhon (machon)
AS ik-AHD ich (ih)

2.2. germ. p, t, k zur Affrikata pf, ph, tz, zz, z, kch, ch

a) AS ploh-AHD pfluog
AS skeppian-AHD skephan
AS scarp-AHD scarph
b) AS tid-AHD zit
AS sittian-AHD sitzen
AS swart-Ahd swarz
c) AS wekkian-AHD (oberdt.) wecchen
AS werk-AHD oberdt) werch

GRAMMATISCHER WECHSEL: VERNERSCHES GESETZ): häufig bei der Flexion der starken Verben vertreten

Verschiebung von idg. p, t, k nicht zu f, th (thorn), chi (=1. LV), sondern zu den entsprechenden stimmhaften Spiranten b, d, g, z schon im URGERMANISCHEN, wenn der Wortton nicht auf dem unmittelbar vorausgehenden Vokal lag. Kompliziert!

Bsp.e:

a) AI aparám-got-AHD abur (nicht afur)
b) AI pita(r)-got. fadar
c) Griech. (GR) dekás-got.-tigjus

Bsp. für Verben: d/t
got. wairthan, warth, waurthum, waurthans-AHD werdan, ward, wurtum, wortan=werden (IIIb)

Sonderfall: IDG qu:
Bsp.:
lat. aqua-WGerm. *ahwo (1. LV)-AHD aha (h zwischen Vokalen)=Fluß, Wasser
             -Germ. *agwjo (grammat. Wechsel)-AHD ouwa=von Wasser umflossenes Land, Aue
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E.





DIACHRONIE 1: BETRACHTUNG DER GESCHICHTLICHEN ENTWICKLUNG EINER SPRACHE

Während meines Germanistik-und Lateinstudiums an der Uni Mannheim /Schloß (1980-1991) war ein Kurs DIACHRONIE Pflicht, den ich bei AOR Dr. B. Haage absolvierte. Dr. Haage war ein Dozent, an den ich mich noch heute gerne erinnere, was ich leider nicht von vielen sagen kann. Ein echter Pädagog' und einer, der wahrhaft hinter der Sache stand.
Damals bekam jeder einen kleinen Stapel Fotokopien ausgeteilt, die sozusagen das Minimalwissen zum Thema "Diachronie" enthielten. Der Autor davon ist mir unbekannt, vielleicht ein fleißiger "Hiwi" (hilfswiss. Kraft, so eine Art Hilssheriff in Sachen Wissenschaft; urspr. Hilfswilliger).
Damit die Arbeit des Mannes bzw. der Frau nicht ganz umsonst war, möchte ich nun Auszüge davon wiedergeben.

Voraussetzung der diachronischen Betrachtung: der ständige Sprachwandel
FRANZ BOPP: Nachweis, daß SANSKRIT mit einer Anzahl europäischer und asiatischer Sprachen verwandt ist.

INDOGERMANISCH: 2 Gruppen
a) KENTUM-SPRACHEN: die vorderen Gaumenlaute (PALATALE) bleiben als k-Laute erhalten; Kennwort KENTUM=100
b) SATEM-Sprachen: die PALATALE werden zu Zischlauten; Kennwort SATEM=100
ad a) Griechisch, Italisch, Keltisch, Hethitisch, GERMANISCH u.a.
ad b) Indisch, Iranisch, Baltisch, Slawisch u.a.

Erklärung der Sprachverwandtschaft: umstritten: Stammbaumtheorie-Wellentheorie u.a.

GERMANISCH: eine allen Germanen gemeinsame Sprache läßt sich nicht nachweisen; daher: Erschließung durch Vergleich der vorliegenden germ. Dialekte

Unterschiede gegenüber den übrigen Sprachen:
a) Festlegung des im Indogerm. freien Wortakzentes auf die erste Silbe
b) 1. bzw. germ. Lautverschiebung (LV)
c) die indogerm. (idg.) sonantischen Liquide und Nasale (r, l, m, n; mit untergeschriebenem "o" werden germ. zu "ur, ul, um, un"
d) Idg. kurzes a/o wird zu germ. kurzem a; langes a/o zu langem o
Bsp.e:
lat. ager-Gotisch (got.) akrs
Altindisch (AI) brathar-got. brothar
lat. octo-got. ahto
lat. flos-got. bloma
Dazu: H. KRAHE: Historische Laut-und Formenlehre des Gotischen, Heidelberg 1967.

DIALEKTGRUPPEN IM GERMANISCHEN:
a) NORDGERMANISCH:
ALTNORDISCH (AN): 700-1500
b) OSTGERMANISCH:
GOTISCH (WULFILA-BIBEL, RUNEN)
Ostgermanen sind z.B. Goten, Gepiden, Vandalen, Burgunder, Heruler, Rugier, Skiren.
(enge Verwandtschaft des Nord-und Ostgerm., daher auch Einteilung in Nord-und Südgermanen)
c) WESTGERMANISCH:
c1) NORDSEEGERMANISCH (z.B. die Ingwaonen des TACITUS und PLINIUS): Friesen, Angelsachsen, Niederfranken, Sachsen
c2) WESER-RHEIN-GERMANISCH (die Istwäonen des TACITUS und die Isträonen des PLINIUS): Franken zwischen Weser und Rhein
c3) ELBGERMANISCH (die Ermionen des TACITUS und PLINIUS): Thüringer, Baiern, Alemannen, Langobarden
Wichtigstes Kennzeichen: WESTGERMANISCHE KONSONANTENVERDOPPELUNG
Bsp: sitja-Angelsächsisch (AGS): sittan
WESTGERMANISCH:
a) AGS-Altfriesisch-Altniederdeutsch (Altniederfränk. und Altsächsisch)
b) ALTHOCHDEUSCH (südlich der sog. BENRATHER-LINIE):
Mitteldt: Ost-, Rhein-, Mittelfränkisch
Oberdt: Bair., Alemann., Teile des Fränk.

ad GOTOS: aus GUTLAND (Schweden), wandern vor Christi Geburt an die Weichsel, dann ans schwarze Meer (Mitte 2. Jh.)
a) AUSTROGOTI: erobern unter THEODERICH (DIETRICH VON BERN) Italien; 555 durch Ostrom vernichtet; wichtiges Dokument: CODEX ARGENTEUS
b) VISIGOTI: diese ziehen infolge des Hunnensturmes unter ALARICH nach Italien, dann nach Südfrankreich (Tolosanisches Reich), Ausbreitung nach Spanien (5. Jh.)
c) KRIMGOTEN: 1554 werden Reste einer germ. Sprache auf der Krim (da wo's den guten Sekt gibt) entdeckt (86 Wörter)
(im 9. Jh. wird in Tomi/Dobrudscha noch got. gepredigt!)

WULFILA: etwa 311-382/3 ("Wölfchen"), Bischof der arianischen Goten, die er wegen der Christenverfolgung unter ATHANERICH (war bestimmt ein netter Mann) nach Mösien führt
um 369: BIBELÜBERSETZUNG ins GOTISCHE (außer Buch der Könige, da zu kriegerisch; da sieht man einmal wieder, wozu einen das Christentum macht; AdV.)
(Wulfila benutzte die SEPTUAGINTA, vielleicht auch die VETUS LATINA)
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Educator vester



Mittwoch, 19. Dezember 2012

Was heißt "VOM REGEN IN DIE TRAUFE KOMMEN"?
Nach einigem Suchen bin ich "casu" (rein zufällig) im Sprachkalender von Harenberg (2005) fündig geworden:
INCIDIT IN SCYLLAM QUI VULT VITARE CHARYBDIM.=Es gerät an die Skylla (stürzt in die S.), wer die Charybdis vermeiden will.
(incidere, cidi=in, auf etw. fallen; auf jem. stoßen; von "cadere")
Die SKYLLA ist ein Meerungeheuer mit 6 Hälsen und 12 Füßen, das in einer Höhle an der Meerenge von Messina (?)  wohnt. Sie ist die nette Nachbarin der CHARYBDIS, eines Meeresstrudels. Die SKYLLA hat übrigens 6 Gefährten des ODYSSEUS gefressen, einen für jeden Hals. Prost Mahlzeit!
Ich gedenke übrigens meine beiden Tanten Grete und Melitta  in SKYLLA und CHARYBDIS umzutaufen. Meines Wissens gibt es bislang noch niemanden, der diese Namen trägt. Es wird also Zeit, dies nachzuholen.
"SKYLLA und CHARYBDIS sind sprichwörtlich für zwei unvermeidlich gleich große Übel."
LEXIKON DER ANTIKE, GONDROM, Bindlach 1987, S. 525 (Art. "Skylla").
Der Ausspruch stammt von WALTER VON CHÂTILLON (um 1135-1200), Alexandreis, 5, 301.
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Ich bin 1980 über die Meerenge von Messina gefahren. SKYLLA und CHARYBDIS waren weit und breit nirgends zu sehen. Vielleicht waren sie ja gerade im Urlaub oder im Streik, was ja in Italien nicht ungewöhnlich wäre.
Paßt auf, daß ihr nicht vom Regen in die Traufe kommt, wenn ihr Latein abwählt!
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Der Educator

PLINIUS VI, XX, 12-13: VESUV BRICHT AUS!

12) Tum mater orare, hortari, iubere (Dann bat die Mutter, ermahnte mich und befahl; historische Infinitive; Asyndeton, um Dramatik zu erzeugen), quoquo modo fugerem (scil ut; daß ich auf jede (erdenkliche) Weise fliehen sollte; auf jede Weise zu fliehen); posse enim iuvenem (scil. me; denn ich könne es als junger Mann; weil ich noch jung sei; oratio obliqua; Hauptsätze in den ACI, Nebensätze und Befehlsätze in den Konjunktiv; alles unterliegt der Consecutio temporum (Zeitenfolge)), se et annis et corpore gravem (sie dagegen sowohl aufgrund der Jahre (abl. causae oder instrumentalis) als auch durch den Körper beschwert (durch die Last ihres (alten) Körpers) bene morituram (werde gut sterben; Inf. Fut. Akt.), si mihi (wenn sie mir) causa mortis non fuisset (nicht die Ursache meines Todes gewesen wäre; Betonung auf "non" im Gegensatz zu "nisi", wo sie auf der bedingenden Konjunktion liegt). Ego contra (Ich dagegen; darauf entgegnete ich; scil. dico): salvum me nisi una non futurum (ich werde nicht gerettet sein außer zusammen (mit ihr); erg. esse; entweder beide oder niemand; noble Haltung); dein manum eius amplexus (darauf ihre Hand umfassend; amplecti=umarmen; nachdem ich ihre....; dadurch daß ich....) addere gradum cogo (zwang ich sie, "ihre Schritte zu beschleunigen"; Reclam; einen Zahn zuzulegen; ich; erg. gradui, also "einen Schritt dem Schritt hinzuzufügen); s. "Der kleine Stowasser", Artikel "addere", 1.1 sowie ORBIS ROMANUS).
13) Paret aegre (Sie gehorcht ungern; widerwillig; (störrische alte Frau!)) incusatque se (und macht sich Vorwürfe; klagt sich an), quod me moretur (daß sie mich aufhalte).
Iam cinis (Schon (fiel) Asche, adhuc tamen rarus (doch noch immer selten; bis zu diesem Zeitpunkt wenig). Respicio (Ich schaue zurück; drehe mich um): densa caligo (dichter Rauch) tergis imminebat (drohte uns im Rücken; wörtl. "drohte unseren Rücken"; Dat.), quae nos (der uns) torrentis modo (nach Art eines Gießbachs) infusa terrae (sich über die Erde ergießend; Dat.; der sich...ergoß) sequebatur (folgte). "deflectamus", inquam ("Wir wollen vom Weg abbiegen"; scil. via; sagte ich), "dum videmus (solange als wir noch sehen können), ne in via strati (damit wir nicht auf dem Weg niedergeworfen; um nicht auf dem Weg, weil wir niedergestoßen wurden; sternere, sterno, stravi, stratum; vgl. Straße) comitantium turba (von der Masse unserer Begleiter; derer, die uns begleiten; mit uns fliehen) in tenebris (in der Dunkelheit; Finsternis; tenebrae, arum, fem.:plurale tantum) obteramus (zertreten werden; obterere, trivi, tritus=zertreten, zerquetschen; das verbum simplex "terere" bedeutet "auf-, zerreiben")".-
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Euer lieber und guter Educator

Dienstag, 18. Dezember 2012

PREISFRAGE: Was heißt lateinisch "auf keinen grünen Zweig kommen"?
Heißt es
-"ad nullum surculum/ramum viridem/prastinum pervenire"?
Minime! Garantiert nicht!
Man könnte narürlich sagen: Nihil perpetrare/ committere/ consequi=nichts zustande bringen/ erreichen.
In "DE LATINE LOQUENDO" bin ich teilweise fündig geworden. Im Kapitel "In Schulden" (de aere alieno) steht:
Er wird nie zu etwas kommen=nunquam rem faciet (also: "er wird niemals die Sache machen"; er bringt es nicht).
Es dürfen Vorschläge gemacht werden.
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E.

PLINIUS VI, XX, 10-11: "Schon geht's weiter!"

10) Tum vero idem ille ex Hispania amicus (Darauf aber jener selbe Freund aus Spanien) acrius et instanter ("heftiger eindringlicher"; Reclam; "drohender"; Orbis Romanus; mit Nachdruck; ich; Komparative des Adverbs) "si frater", inquit, "tuus ("Wenn Dein Bruder", sagte er; der Sprecher wendet sich an die Mutter, dann an Plinius), tuus avunculus vivit (Dein Onkel (noch) lebt; lebte; eine Art Chiasmus!), vult esse vos salvos, (dann will er, daß ihr heil (wohlbehalten) seid; dann würde er wollen, daß ihr gerettet seid), si periit (wenn er aber zugrunde gegangen ist; umgekommen ist) superstites voluit (dann wollte er, daß ihr "überlebend seid", am Leben; überlebt; ACI, scil. vos esse; dann hätte er gewollt...). Proinde quid cessatis evadere (Was zögert ihr also zu entkommen, zu entweichen)?" Respondimus non commissuros nos (Wir antworteten, daß wir es nicht dahin kommen ließen; erg. esse; "nicht fertigbringen"; Reclam) Infinitiv Futur Aktiv), ut de salute illius incerti (daß wir hinsichtlich der Rettung jenes ungewiß; "als Ungewisse";Prädikativum) nostrae consuleremus (für unsere, scil. saluti=Rettung sorgen; für unser Heil sorgen, wo wir doch im Unklaren sind, was sein Wohlergehen betrifft; seine Rettung angeht).
11) Non moratus ultra (Nicht länger verweilend; sich aufhaltend; Partizip Perfekt Aktiv des Deponens "morari"; ultra=adv. darüber hinaus) se proripit (stürzt er fort; Feigling! AdV.) effusoque cursu (effundere=ausgießen; effusus=weit ausgedehnt; "in weitausholendem Lauf" mit großen Schritten, in schnellem Lauf; abl.modi; die feige Ratte hatte sich sozusagen im Schweinsgalopp davongemacht-immer nach dem Motto: seid nicht feige, laßt mich hinter den Baum!) periculo aufertur ("wird er aus der Gefahr weggebracht", entzieht er sich der Gefahr; reflexiv; macht sich vom Acker; Ablativus separativus).
Nec multo post (Und auch nicht viel später; "um vieles später"; abl. mensurae auf die Frage: um wieviel?) illa nubes descendere in terras (legte sich jene Wolke auf die Erde; Lat.: dichterischer Plural), operire maria (und bedeckte das Meer; Asyndeton; "maria"=die Meere; descendere=herabsteigen; operire: Infinitivi historici). Cinxerat Capreas (Sie hatte (schon) die Insel Capri umschlossen; cingere=umgürten, umgeben; Capreae=Ziegeninsel vor der kampanischen Küste) et absconderat (und verborgen), Miseni quod procurrit (erg. "id": id quod...procurrit: poetische Umschreibung für "promunturium"=Vorgebirge, wörtl.: "das was von Misenum/ in Misenum hervorläuft; ausläuft; sich erstreckt, vorspringt"; gen. partitivus oder alter Lokativ; der ganze Satz ist Objektsatz zu "abstulerat"), abstulerat (aufero, abstuli, ablatus=wegtragen; hatte sie entzogen (die Wolke) erg. oculis; abl. sep.=unseren Augen; und sie hatte das Vorgebirge von Misenum unseren Augen entzogen; Blicken; Reclam).-
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"Schon geht's weiter!" (s.o.) war ein beliebter Ausspruch von Prof. H. Walter (er war einer meiner Professoren).
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E. (euer Educator)

Freitag, 14. Dezember 2012

OVID: METAMORPHOSEN: NIOBE: 6, 146-312: IHRE HYBRIS: Lydia tota...

STELLUNG IM GESAMTWERK/ KONTEXT:

4, 416-603: Mit der Verwandlung des KADMUS in eine Schlange-keine besonders angenehme Vorstellung-schließt sich der sog. "thebanische Sagenkreis".
4, 604-5, 249: Hauptdarsteller: PERSEUS. Dieser wurde übrigens von JUPITER mit DANAE gezeugt. Dabei hatte JUPITER einen fiesen Trick angewendet, indem er sich in einen Goldregen verwandelt hatte.
(Was Männer nicht alles tun, um zu ihrem billigen Triebziel zu kommen!)
Doch die Sache hatte auch was Gutes: PERSEUS rettete nämlich die ANDROMEDA vor einem Seeungeheuer (armes Tier; ob Meeresungeheuer wohl unter Naturschutz stehen?) und, da er schon dabei war, erledigte er gleich auch noch die gräßliche MEDUSA. PERSEUS, der Mann, der keine halben Sachen macht!
5, 250-Ende:
a) Besuch der PALLAS ATHENE auf dem MUSENBERG HELIKON
b) Wettstreit im Singen zwischen den MUSEN (davon gibt es 9) und den Töchtern des Königs PIERUS.
a) und b): Rahmen für die Erzählung von DEMETER=CERES und dem Raub ihrer Tochter PERSEPHONE=PROSERPINA durch PLUTO (der beruflich in der Unterwelt zu tun hat).
6, 1-400: 4 "nur lose verbundene Geschichten" (an das Vorhergehende=das Schicksal der PIERUSTÖCHTER durch "Motivgleichheit" angeschlossen)
1.) Schicksal der ARACHNE: In ihrer Vermessenheit glaubt sie, im Handwerk besser zu sein als die Göttin ATHENE. Das hätte sie besser bleiben lassen, doch wir machen ja bekanntlich alle mal einen Fehler. Das Strafmaß: Verwandlung in eine Spinne!
2.) NIOBE: Tochter des TANTALOS und Gattin des AMPHION. Diese hatte 6 Söhne und 6 Töchter (macht zusammen 12). Sie war ebenso arrogant wie ihr Alter, der damit protzte, auf der Party der Götter eingeladen zu sein. Der Apfel fällt ja bekanntlich nicht weit vom Stamm.
Ihr Vergehen: NIOBE verbot den Frauen von THEBEN, der LETO Opfer zu bringen. Grund: Diese habe nur 2 Kinder!
Die Strafe folgt auf dem Fuß: APOLLO und ARTEMIS erschießen die NIOBIDEN mit Pfeilen.
Verwandlung: NIOBE wird zu Stein (aus Trauer). Dieser steht auf dem Berg SIPYLOS in PHRYGIEN, ihrer Heimat und weint unaufhörlich (der Fels!).
AEDON: Gattin des ZETHOS=Zwillingsbruder des AMPHION. Da sie nur einen Sohn hatte, nämlich den ITYLOS, wollte sie aus Neid den ältesten Sohn der NIOBE töten. Das ging aber furchtbar daneben. Da es dunkel war, tötete sie aus Versehen den eigenen Sohn ITYLOS. AEDON wurde daraufhin von furchtbarem Schmerz zerrissen. ZEUS aber hatte Mitleid.
Verwandlung: AEDON wurde in eine Nachtigall verwandelt. Diese ruft nachts ihr klagendes "Itylos! Itylos!"
3.) Die lykischen Bauern
4.) Marsyas, der Satyr

6, 146: INCIPIT

Lydia tota fremit, Phrygiaeque per oppida facti
rumor it...
(In ganz LYDIEN hallt es wider (vom Schicksal der Arachne) und durch die Städte PHRYGIENS "geht" (läuft) das Gerücht (die Kunde) der Tat (der Arachne))
...et magnum sermonibus occupat orbem
und erfaßt durch Reden (Tratsch) den großen Erdkreis.
Ante suos NIOBE thalamos cognoverat illam,
(vor ihren "Ehebetten" ( metonymisch für Vermählung, Ehe; suos...thalamos; HYPERBATON) kannte sie jene (=ARACHNE)
tum cum MAEONIAM virgo SIPYLUMQUE colebat;
(damals als sie (=NIOBE) noch als Jungfrau (damals gab es so was noch; AdV) MAEONIEN und den SIPYLOS (Landschaft und Gebirgszug in LYDIEN) bewohnte,...in M. und am S. wohnte.)
nec tamen admonita est poena popularis Arachnes
(dennoch ist sie nicht durch die Strafe der Landsmännin ARACHNE (griech. Gen.) emahnt (belehrt) worden)
cedere caelitibus verbisque minoribus uti.
(den himmlischen Göttern zu weichen und "geringere Worte" (bescheidenere Worte; nicht so sehr die Klappe aufzureißen) zu gebrauchen.
"Doch nicht ward sie gemahnt von der Strafe der Landesgenossin,
Himmlischen nachzustehn (sic) und minder vermessen zu reden."
Schön gesagt!
Alte GOLDMANN-Übersetzung von REINHART SUCHIER, S. 115.
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P. OVIDIUS NASO: MET., Altsprachl. Texte, Klett, Stuttg. 1995, S. 37 f.
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E.




Donnerstag, 13. Dezember 2012

20.000!

Congratulations Balloon



Unser Partnerkanal Murmillo1 von Youtube hat die 20.000er-Grenze überschritten:

http://www.youtube.com/user/Murmillo1?feature=mhee

Wir gratulieren!

Mittwoch, 12. Dezember 2012

ÜBERSETZUNGEN: In eigener Sache


Das droht dem Verlag Cornelsen/Oldenbourg!

Wir mussten bedauerlicherweise - zum Leidwesen meiner armen Schüler und unserer unzähligen Lateinfans - unsere "genialen" Lehrbuch-Übersetzungen vom Blog herunternehmen, da uns der Verlag "ein Angebot gemacht hat, das wir nicht ausschlagen konnten". Sie liegen nun unter Verschluß (sozusagen als streng geheime Reichssache und sicherer als der Schatz der Nibelungen).

Im Gegensatz zum Lehrbuch, mit dem ich schon seit Jahren arbeiten muß und das der Schüler anzuschaffen hat (per scholae et magistri vim) , wurden unsere - allseits beliebten und gefälligen - Posts übrigens freiwillig (voluntate) angeklickt.
Und noch einen Tip (lat. consilium; gutgemeint und kostenlos): Wissenschaftliches Arbeiten verlangt, daß man Zitate kenntlich macht! Genau dies tat der Verlag selber nicht!

All dies ist "sad, but true", wird uns jedoch nicht an der weiteren Entfaltung unserer Genialität hindern.
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Das Team (unsere Absichten waren immer rein und lauter!)
ADDENDUM:

1.) Es muß natürlich "Feuergarben" heißen!
2.) PLINIUS war ein genauer Beobachter: Dies zeigt sich besonders in der etwas komplizierten und für unser Verständnis umständlichen Schilderung der Wolke.
3.) "Das gilt auch für die Beschreibung des Strandes, auf dem beim Zurückfluten des Meeres die Seetiere zurückbleiben, wie vor allem für die Darstellung der Panik unter der Bevölkerung: Gewirr von Stimmen, Wehklagen über das Unheil, Furcht vor dem Tode, Verbreitung von Gerüchten, Zuflucht zum Gebet, Zweifel an den Göttern-all das kennzeichnet in zutreffender und typischer Weise das Verhalten der Menschen bei Katastrophen (vgl. dazu die Panik von Vesontio; Caes. bell. Gall. I, 39, 4, Text S. 57). Dabei berührt es sympathisch, daß Plinius auf ausführlichere Schilderungen eigener Heldentaten verzichtet."
(ORBIS ROMANUS, S. 259)
(vielleicht gab es keine; AdV)
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E.
PLINIUS: VI, XX: praeterea mare...

9) Praetrea mare (Außerdem das Meer) in se resorberi (daß es "zu sich" zurückflutet; resorbere=einschlürfen!) et tremore terrae quasi repelli (und durch das Beben der Erde sozusagen zurückgestoßen wird) videbamus (sahen wir; wir sahen, daß das Meer...). Certe processerat litus (Tatsächlich war der Strand "vorgerückt"=hatte sich erweitert; war größer geworden) multaque animalia maris (und viele Tiere des Meeres ("frutti di mare") siccis arenis detinebat (hielt er auf dem trockenen Sand (Plural!) zurück; fest (arme Tiere!). Ab altero latere (Auf der anderen Seite) nubes atra et horrenda (eine dunkle und schreckliche Wolke) ignei spiritus tortis vibratisque discursibus rupta (zerrissen "in gewundenen und geschwungenen Schlangenlinien von feurigem Schein; "rupta" ist Part. coniunctum zu "nubes", "ignei spiritus" ist gen. qualitatis zu "discursibus", anders Kukula: nubes atra ignei spiritus=eine schauerliche, feuerspeiende Wolke; s. ORBIS ROMANUS, S. 258;) in longas flammarum figuras dehiscebat (löste sich in lange "Flammenfiguren" auf; Reclam: "Feuergaben"): fulguribus illae et similes et maiores erant (jene waren sowohl den Blitzen ähnlich als auch größer (als diese).-
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torquere, torsi, tortus=drehen, winden
vibrare=schwingen, schwenken; zucken
dehiscere=klaffend auftun, öffnen, spalten
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Macht Euer Testament, wenn so ein Text in der Arbeit kommt!
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E (Beschützer der Witwen und Waisen)
PLINIUS: VI, XX: das Unglück nimmt seinen Lauf: egressi tecta...

8) Egressi tecta (Als wir aus den Häusern ("Dächern"; Synekdoche=comprehensio; Mitverstehen eines angedeuteten Begriffes, Sonderform der Metonymie, hier: pars pro toto) herausgingen), consistimus (blieben wir stehen). Multa ibi miranda (Wir erlebten dort viel Seltsames; wörtl.: "dort mußten wir uns viel wundern"; erg. "nobis", dat. auctoris=tätige Person beim Gerundiv), multas formidines patimur (und wir erduldeten viele Schrecken; nach "ORBIS ROMANUS", S. 258: Zeugma, d.h. "'patimur' gehört zu zwei syntaktisch gleichgeordneten Substantiven, paßt aber nur zu 'formidines'"; man könnte allerdings auch das Gerundiv "miranda" adjektivisch auffassen; des weiteren: Asyndeton). Nam vehicula (Denn die Fahrzeuge), quae produci iusseramus (wörtl: "die wir befohlen hatten herausgefahren zu werden"; relative Verschränkung; hier: ACI im Relativsatz; die auf unseren Befehl herausgebracht wurden; die wir hinausfahren ließen), quamquam in planissimo campo (obwohl sie auf ebenstem Gelände waren; topfeben; Ellipse), in contrarias partes agebantur (wurden nach entgegengesetzten Seiten bewegt; bewegten sich...) ac ne lapidibus quidem fulta (und nicht einmal durch Steine gestützt; fulcire, fulsi, fultum; obwohl man sie durch Steine gestützt hatte; (die Steine wurden wohl unter die Räder geschoben)) in eodem vestigio quiescebant ("ruhten"; blieben sie (nicht) an derselben Stelle; an demselben Standort).
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Schwere Sachen, Latein und so!
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E (der Rächer der Enterbten)
PLINIUS SECUNDUS: LIB. VI, XX: THE FULL CATASTROPHY! Iam hora diei prima...

6) Iam hora diei prima (Schon war die erste Stunde des Tages gekommen; Ellipse, Hyperbaton), et adhuc dubius et quasi languidus dies (und; aber der Tag war immer noch dämmerig und gewissermaßen langsam heraufsteigend ("müde"). Iam quassatis circumiacentibus tectis (Nachdem schon die umliegenden Häuser ("Dächer"; Metonymie; pars pro toto) erschüttert worden waren), quamquam in aperto loco, angusto tamen (obwohl wir an einem offenen, dennoch engen Platz (Ort) waren; im Freien; Ellipse), magnus et certus ruinae metus (bestand/ war/ hatten wir große und begründete Angst (Furcht) vor Einsturz; Ellipse).

7) Tum demum (Dann endlich) excedere oppido visum (schien es uns ratsam/ ist von uns erwogen worden; aus der Stadt hinauszugehen; die Stadt zu verlassen; Reclam: "faßten wir den Entschluß": Ich konnte allerdings diese Bedeutung von "videri" im Stowasser nicht finden!); sequitur vulgus attonitum (es folgt die entsetzte/ bestürzte/ geschockte Menge; poet. Ausdruck: "vom Donner gerührt"), quodque in pavore (und was im Schrecken (Angst)) simile prudentiae (der Klugheit ähnlich ist; Ellipse), alienum consilium suo praefert ( zieht sie fremden Rat dem eigenen vor; ordne: et alienum consilium suo (consilio) praefert, quod in pavore prudentiae simile (est)) ingentique agmine (und durch einen ungeheuer großen Zug; in gewaltiger Menge) abeuntis (=abeuntes; acc. pl.) premit et impellit (drückt und stößt/ schiebt/ schob sie (scil. die Menge) die Weggehenden).
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"Der Brief VI, 20 ist wie ep. VI, 16 ein gutes Beispiel für die Erzählkunst des Plinius."
("Genauigkeit der Beobachtung und Treffsicherheit des Ausdrucks")
ORBIS ROMANUS, ERLÄUTERUNGEN, LESEBUCH A, Paderborn 1975, S. 259.
Und die müssen es ja schließlich wissen!
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E.

Freitag, 7. Dezember 2012

DIE EWIGE FRAGE: Wie wurde "c" ausgesprochen?

Dazu STEHLE; L 1, 4: "c" lautete bei den Römern stets wie k: carcer=karker, ch wie k(h): pulcher=pulk(h)er, schola=ß-k(h)ola. Seit dem 6. Jahrhundert n. Chr. wurde c wie z gesprochen vor hellen Vokalen und vor ae, oe..."
Deswegen wurden z.B. "Caesar" zu "Kaiser" und "cella" zu "Zelle".
Die Aussprache des "c" als "z" (vor "e" und "i", also hellen Vokalen), wie ich sie in der Schule gelernt habe, ist also die nachklassische bzw. frühmittelalterliche Aussprache.
Daß "c" tatsächlich wie "k" gesprochen wurde, wissen wir u.a. durch die griechische Wiedergabe der Namen "Caesar" und "Cicero", die im Griechischen mit einem Kappa geschrieben wurden, also "Kaisar" und "Kikero". Hätte das "c" wie ein "z" geklungen, so hätten es die alten Griechen mit Zeta wiedergegeben!
Deswegen der alte Philologenwitz, den ich von meinem Lateinlehrer OSTR. Behringer habe:
KÄSAR UND KIKERO GINGEN IN DIE KIRCHE. KÄSAR IM KYLINDER, KIKERO IM KIVIL.-
Ansonsten kann man festhalten: Eine einheitliche Aussprache des Lateins gab es nicht. Es gab allenfalls verschiedene Ausprägungen (je nach Zeit, Ort und sozialer Schicht). Ein batavischer Söldner am Hadrianswall (Sch...job! AdV.) sprach natürlich ein anderes Latein wie SENECA. Wahrscheinlich hätte er nur "Abfahrt und Bahnhof" verstanden, wenn man ihm aus SENECA vorgelesen hätte. Und wahrscheinlich hätte er gröhlend den Bierkrug nach ihm geworfen. (Ganz so blöd war man am Wall dann doch nicht. Es gibt meines Wissens einen "Soldatenbrief", worin es um eine Bücherbestellung geht!)
(Ganz ähnlich ein Versuch, den-wie ich glaube- HARALD SCHMIDT durchgeführt hat: Er ließ über den Bahnhofslautsprecher aus den Werken HEGELS vorlesen. In den Gesichtern der verblüfften Zuhörer waren übrigens alle Nuancen von "Blödigkeit" sichtbar. Ein anderer Versuch: SCHMIDT liest HEIDEGGER (SEIN UND ZEIT) im Männerwohnheim.)
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E.




PROVERBIA I: Der frühe Vogel fängt den Wurm.

In Anglica lingua: The early bird catches the worm.

Von diesem Sprichwort ist mir keine lateinische Übersetzung bekannt. Eine solche wäre deshalb für die Wissenschaft ein echtes Desiderat.
Was heißt Vogel?=avis, is, fem.
Wurm?=vermis, is, m.
Fangen?=capere, comprehendere, doch "comprehendere" heißt auch "ergreifen (festnehmen)" sowie "begreifen". Ich bin allerdings fast sicher, daß man einen Wurm nicht festnehmen kann (höchstens einen menschlichen) und daß ein Vogel einen Wurm versteht (was ja ein geistiger Prozeß ist), glaube ich auch nicht.
Für "fangen" empfiehlt sich hier evtl. das frequentativum bzw. intensivum "captare"=greifen, schnappen etc. (Diese Verben haben "-tare (-sare),-itare" am Verbstamm zur Bezeichnung einer wiederholten bzw. verstärkten Handlung, s. THROM, F 93. So gibt es von "dicere" das Intensivverb "dictare"=wiederholt sagen, wovon "diktieren abgeleitet ist, und das "Intensivstverb dictitare", was auch "wiederholt sagen" bedeutet, doch sollte man "dictare" vielleicht eher mit "auf jemanden einschwätzen" übersetzen und "dictitare" mit "jemandem das Ohr ablabern".)
Was heißt "früh"?-"Mane", doch dies ist ein Adverb.-"Prima luce": beim ersten Licht; adverbiale Bestimmung.
Wie wäre es mit "matutinalis" bzw. "matutinus"=morgendlich?-Zu kompliziert!
"Prior"?=früher; ist ein Komparativ, und zwar von "prae+Ablativ"=vor, und ließe sich bestenfalls mit "recht früh/ ziemlich früh" übersetzen und nur in manchen Fällen durch den Positiv, s. STEHLE, F 15 d und e, wen es interessiert.
Besser wäre vielleicht "maturus"=rechtzeitig, frühzeitig, schleunig; auch: tauglich!
Ergo ist die "solutio":
AVIS MATURA VERMEM CAPTAT.
Man könnte das "dictum" auch ein wenig "mutieren":
-Der Vogel fängt den frühen Wurm=AVIS VERMEM MATURUM CAPTAT (Wäre der Wurm in der Frühe zuhause geblieben, wäre dies nicht passiert. Morgenstund hat Blei im Mund. Und: Wer morgens vor 10 auf der Straße gesehen wird, der ist nix und wird nix.)
An dieser Stelle möchte ich das geniale Gedicht des ebenso genialen HEINZ ERHARDT empfehlen, das unter dem Titel "Die Made" bekannt ist. Das Gedicht harrt noch einer Übersetzung ins Lateinische!
-Der arme Wurm wird vom frühen Vogel gefangen=VERMIS MISER AB AVE MATURA CAPTATUR.
-Arm ist der Wurm, der vom Vogel gefangen wird=VERMIS MISER EST, QUI AB AVE CAPTATUR. (auch: "captetur": Konjunktiv Präsens wegen des kausalen Nebensinnes im Relativsatz, übersetze das Relativ mit "weil"!)
-Wird der Wurm vom Vogel gefangen, ist er arm dran (bzw. der Ofen aus)= SI VERMIS AB AVE CAPTATUR, MISER EST. (Konditionalsatz!)
-Ein vom Vogel gefangener Wurm ist arm dran=VERMIS AB AVE CAPTATUS MISER EST.
Dies ließe sich natürlich beliebig fortführen. Es dürfen Vorschläge gemacht werden.
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E. (Firma "education and drill lim.")


Mittwoch, 5. Dezember 2012

PLINIUS SECUNDUS: LIBER SEPTIMUS, EPISTULA XXVII, CAP. 8-11: Initio, quale ubique, silentium...

DER "GESPENSTERBRIEF" DES PLINIUS: Rationaler Philosoph contra armseliges Gespenst

Initio, quale ubique, silentium noctis (Am Anfang war, wie überall, die Stille (Schweigen) der Nacht), dein concuti ferrum (dann wurde Eisen zusammengeschlagen), vincula moveri (und Ketten wurden bewegt; klirrten): ille non tollere oculos (jener=Athenodorus erhob nicht seine Augen), non remittere stilum (legte den Schreibstift nicht weg), sed offirmare animum (sondern faßte Mut; "ermannte sich" (der kl. Stowasser) auribusque praetendere (die Stelle ist etwas dunkel: praetendere=vor sich hinhalten; vorspannen, vorziehen; tendere=u.a. streben, entgegenstreben, Gegenwehr leisten; d.h. also: er leistete den Ohren Widerstand; "strebte nach etwas vor den Ohren"; er zog etwas den Ohren vor; Sinn: er hörte nicht auf seine Ohren; gab nichts auf das Gehörte u.dergl.). Tum crebescere fragor (dann wurde der Lärm größer; nahm zu), adventare (näherte sich, kam näher) et iam ut in limine, iam ut intra limen audiri (und wurde bald wie auf der Türschwelle, bald wie innerhalb der Tür=im Zimmer gehört; und wurde gehört, als ob er schon auf der Schwelle und als ob er schon im Zimmer wäre). Respicit, videt, agnoscitque (Er blickt zurück; blickt sich um; schaut auf (Reclam), sieht und erkennt) narratam sibi effigiem (die ihm beschriebene Erscheinung (Gestalt)). Stabat innuebatque digito (Sie stand das und winkte mit dem Finger) similis vocanti (ähnlich einem Rufenden; als ob sie rufen wollte); hic contra (dieser dagegen), ut paulum expectaret (daß sie ein wenig warten sollte; ein wenig zu warten), manu significat (gab mit der Hand ein Zeichen) rursusque ceris et stilo incumbit (und widmet sich wieder den Wachstäfelchen und dem Schreibstift). Illa scribentis capiti catenis insonabat (Jene (Gestalt) rasselte mit den Ketten um den Kopf des Schreibenden; über dem Kopf); Respicit rursus (Er schaut sich wieder um; schaut auf) idem, quod prius, innuentem (die Stelle ist ebenfalls dunkel: er schaut wieder auf das "dasselbe (acc. sg.ntr.), was es vorher=wie vorher zuwinkende (Gespenst); also: auf das Gespenst, welches dasselbe zuwinkte, was es vorher/ zuvor zugewinkt hatte; verkürzter Vergleich: das Gespenst machte also mit dem Finger dieselben Zeichen wie zuvor; die Konstruktion wird aus der Reclamübersetzung nicht deutlich) nec moratus (und nicht verweilend; ohne zu zögern) tollit lumen et sequitur (nimmt er das Licht und folgte nach). Ibat illa lento gradu (Jene (Gestalt) ging mit langsamen Schritt daher (ist  ja nicht mehr der Jüngste; AdV.), quasi gravis vinculis (gewissermaßen durch die Ketten beschwert); postquam deflexit in aream domus (nachdem es in den Hof des Hauses abgebogen ist; besser: war), repente dilapsa deserit comitem (verließ es den/ seinen Begleiter, plötzlich sich auflösend; verschwindend; indem es plötzlich verschwand). Desertus (Der Verlassene) herbas et folia concerpta (Gräser und abgerissene Blätter) signum loco ponit (legte es als Zeichen auf die Stelle). Postero die (am nächsten Tag) adit magistratus (geht er zur Behörden), monet, ut (und mahnt, daß) illum locum effodi iubeant (sie befehlen (anordnen), daß jener Ort aufgegraben wird/ werde; jenen Ort aufzugraben). Inveniuntur ossa (Es werden Knochen gefunden) inserta catenis et implicita ("eingefügt und umwickelt" mit Ketten; dat.! mit Ketten umwickelt), quae corpus (die der Körper) aevo terraque putrefactum (durch die Zeit und die Erde morsch gemacht, verfaulend; der durch...verfault war) nuda et exesa reliquerat vinculis (nackt und zernagt/ zerfressen in den Ketten zurückgelassen hatte; dat.!); collecta publice sepeliuntur (die eingesammelten (Gebeine); nachdem man sie eingesammelt hatte,werden öffentlich/ auf Staatskosten beerdigt). Domus (das Haus) postea rite conditis (nachdem sie (später) nach Brauch bestattet worden waren) manibus caruit (blieb später/danach frei von von den Seelen der Verstorbenen; Abgestorbenen (der kl. Stowasser); abl. separativus).-
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"Da der Tote nicht förmlich beigesetzt worden war, hatte er keine Ruhe gefunden. Jetzt erst, nachdem das Begräbnis nachgeholt worden war, hörten die Geistererscheinungen in diesem Haus auf."
PLINIUS: EPISTULAE VII, Lat./ Deutsch, Reclam, Stuttg. 1994, S. 86.
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So sei es!
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E.

Donnerstag, 29. November 2012

PLINIUS: 10. BUCH DER BRIEFE

BRIEF XVI

TRAIANUS PLINIO
TRAJAN AN PLINIUS
(wörtlich: "dem Plinius/ für Plinius", dat.)

Recte renuntiasti (Zu Recht hast Du Meldung gemacht/ Dich gemeldet), mi Secunde carissime (mein teuerster Secundus=Plinius). Pertinet enim ad animum meum ("Es geht nämlich meinen Geist an"/ es betrifft mich/ meine Person; ist für mich wichtig; es geht mich innerlich etwas an u. dergl.), quali itinere (auf welchem Weg) provinciam pervenias (Du in die Provinz gelangst). Prudenter autem constituis (Du entscheidest klug; besser: hast klug entschieden; Du tust klug daran) interim navibus (bald Schiffe), interim vehiculis uti (bald Wagen zu benutzen/ nehmen), prout loca suaserint (je nachdem die Gegend/ "Verhältnisse" (Reclam) es anrät/ anraten; geraten sein läßt/ geraten sein lassen; so wie es eben geht (suaserint: Konj. Perf. oder Fut. II).
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Recte renuntiasti: Sagte ich doch. Meldung machen ist gut!
Nachtrag zum Brief 15:
Kap Malea: an der Südspitze des Peleponnes, gefürchtet wegen seiner Klippen und Stürme.
Ein griech. Sprichwort besagt: "Wer Malea umschifft, kann alles daheim vergessen."
Die kannten noch nicht Kap Hoorn!
"Plinius benutzte für seine Reise die Staatspost (cursus publicus)."
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E.


PLINIUS: DER BRIEFWECHSEL MIT DEM KAISER TRAJAN: DAS 10. BUCH DER BRIEFE

BRIEF XV:

C. PLINIUS TRAIANO IMPERATORI
GAIUS PLINIUS AN KAISER TRAJAN

Quia confido, domine (Weil ich darauf vertraue, Herr/ zuversichtlich hoffe), ad curam tuam pertinere (daß es Deine Sorgfalt/ Fürsorge betrifft/ angeht; pertinere: auch "Bedeutung haben"), nuntio tibi (melde ich Dir) me Ephesum (daß ich nach Ephesos) cum omnibus meis (mit allen meinen Leuten; mit meinem ganzen Gefolge) "hyper Malean" (im Original mit griech. Buchstaben) (über Malea hinaus; also daran vorbei) navigasse (gesegelt bin; mit dem Schiff gefahren bin) quamvis contrariis ventis retentum (obwohl von entgegengesetzten Winden zurückgehalten/ aufgehalten; obwohl ich...aufgehalten wurde). Nunc destino (Jetzt nehme ich mir vor/setze mir als Ziel fest) partim orariis navibus (teils mit Küstenschiffen), partim vehiculis (teils mit Fahrzeugen=Reisewagen) provinciam petere (in die Provinz hinzugehen/ zu reisen/ die Provinz aufzusuchen/ zu erreichen). Nam sicut itineri graves aestus (Denn (so) wie dem Weg/ der Reise die "schwere"/ große Hitze (im Lat: Plural), ita continuae navigationi etesiae reluctantur (so widersetzen sich/ erschweren (Reclam) die beständigen Etesienwinde der/ die Fahrt zur See/ einer Schiffsreise).-
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Plinius macht Meldung. Meldung machen ist immer gut. Recht so!
etesiae, arum, m. (gr. etesiai): "Jahreswinde, die in den Hundstagen auf dem Ägäischen Meere wehenden Nordwestwinde" (Der kleine Stowasser); Passatwinde (Reclam)
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E.

Mittwoch, 28. November 2012

GAIUS PLINIUS SECUNDUS: VII, 5:

C. PINIUS CALPURNIAE SUAE S.
G. Plinius wünscht seiner Frau Calpurnia alles erdenklich Gute.

Incredibile est, quanto desiderio tui tenear.
Es ist unglaublich, mit wie großer Sehnsucht nach Dir ich erfüllt bin/ werde ("gehalten werde").
In causa amor primum, deinde quod non consuevimus abesse.
Ursache hierfür ist zuerst die Liebe, sodann, daß wir nicht gewohnt sind, voneinander fern zu sein (getrennt zu sein; Reclam).
Inde est, quod magnam noctium partem in imagine tua vigil exigo...(Hyperbaton, um "partem" zu betonen)
Daher kommt es, daß ich einen großen Teil der Nächte bei Deinem Bild wachend verbringe...
...inde, quod interdiu, quibus horis te visere solebam...
...daher (das ist der Grund, daß) tagsüber, an welchen Stunden ich Dich zu besuchen pflegte (...ich Dich gewöhnlich besuchte),...
...ad diaetam tuam ipsi me, ut verissime dicitur, pedes ducunt
...zu Deinem Zimmer mich, wie man sehr wahr (zutreffend; Reclam) sagt (gesagt wird), die Füße (selbst; geradezu) führen,...
...quod denique aeger et maestus et similis excluso a vacuo limine recedo.
...daß ich schließlich krank und traurig und einem Ausgeschlossenen ähnlich mich von der leeren Schwelle (Wohnung; pars pro toto; Metonymie) entferne.
Unum tempus his tormentis caret,...
Allein/ einzig die Zeit entbehrt der Qualen...
...quo in foro et amicorum litibus contereor.
...in der ich auf dem Forum und in den Rechtsstreitigkeiten der Freunde aufgerieben werde (mich aufreibe; Reclam).
Aestima tu, quae vita mea sit...
Schätze du selbst ein/ Urteile selbst, was für ein Leben das Meine ist...
...cui requies in labore, in miseria curisque solacium! Vale.
...dem Ruhe in der Arbeit, im Elend und Sorgen Trost ist! Ciao!
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Situation: Calpurnia, die Frau des Plinius, ist wegen einer Krankheit in einer Kur in Kampanien. Plinius verzehrt sich vor Sehnsucht.
Mir kommen die Tränen! Soviel Romantik ertrage ich nicht (this bitter man I am).- War Plinius etwa ein "Softi"? Oder ein "Weichei"?- In seiner Amtsführung war er jedenfalls ziemlich "tough". Er war u.a. Statthalter von Bithynien, von wo er den armen Trajan mit seinen Briefen traktierte und nervte (10. Buch: der Briefwechsel mit Kaiser Trajan). Plinius hat alle "maiores magistratus" durchlaufen (er war so ziemlich alles!) und brachte es sogar bis zum Konsulat. Leider hatte der Konsul zu dieser Zeit nichts mehr zu sagen. So ein Pech!
Anyhow, das Gedicht ist ein schönes Zeugnis für Plinius' innige Liebe zu seiner 3. Frau Calpurnia (alle guten Dinge sind ja bekanntlich drei, wie der Volksmund sagt).
Das Bild vom ausgeschlossenen Liebhaber ist ein TOPOS!
LIT. zu unserem Gedicht: K.H. Eller: Humanitas in einer Welt des Friedens. Plinius-Briefe, Frankf. 1977, S. 76 ff.
-contereor würde ich noch treffender mit dem "schönen" deutschen Ausdruck "sich den... aufreißen" übersetzen
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In diesem Sinne-
E.



PLINIUS, EPISTULAE, LIB. 6, 20 (1-5): Die Katastrophe beginnt

C. PLINIUS TACITO SUO S. (=SALUTEM DICIT)
GAIUS PLINIUS WÜNSCHT SEINEM TACITUS WOHLERGEHEN

1) Ais te adductum litteris (Du sagst, daß Du durch den Brief veranlaßt worden seist), quas exigenti tibi (den ich Dir als einem Wünschenden/ Verlangenden...weil Du es verlangtest) de morte avunculi mei scripsi (über den Tod meines Onkels geschrieben habe), cupere cognoscere (erfahren zu wollen), quos ego Miseni relictus  (welche ich, in Misenum zurückgeblieben,) (id enim ingressus abruperam (dies nämlich beginnend, hatte ich abgebrochen=damit aufgehört) non solum metus (nicht nur (welche) Ängste), verum etiam casus pertulerim (sodern auch (welche) Unglücksfälle (Wechselfälle, "Gefahren" (Reclam) ich erduldet (ertragen) habe). 'quamquam animus meminisse horret...(Obwohl mein Inneres davor zurückschreckt (erschaudert, sich sträubt), sich zu erinnern) incipiam' (will ich beginnen).
(Zitat aus VERGIL, AENEIS II, 12)
2) Profecto avunculo (Nachdem mein Onkel abgereist war) ipse reliquum tempus (ich selbst die übrige Zeit) studiis (mit Studien) (ideo enim remanseram) (daher war ich ja/ nämlich geblieben; denn deshalb...) impendi (verbrachte ich); mox balineum (dann ein Bad), cena (Essen), somnus inquietus et brevis (ein unruhiger und kurzer Schlaf).
3) praecesserat (Es war vorausgegangen) per multos dies (durch viele Tage hindurch; schon seit vielen Tagen) tremor terrae (ein Zittern/ Beben der Erde, ein Erdbeben) minus formidulosus (weniger furchterregend), quia Campaniae solitus (weil in Kampanien üblich); illa vero nocte (In jener (damaligen, zurückliegenden) Nacht aber) ita invaluit (wurde es so stark; "nam es so zu" (Reclam)), ut non moveri omnia (daß nicht nur alles bewegt wird=sich bewegt), sed verti crederentur (sondern sie=man glaubte/ glauben konnte/ hätte glauben können, daß (alles) "gewendet würde"=einstürzen würde).
4) inrumpit cubiculum meum mater (Die Mutter stürzt in mein Schlafzimmer herein): surgebam invicem (Ich hingegen/ meinerseits/ im Gegenzug stand auf/ erhob mich), si quiesceret (wenn/falls sie ruhte/ ruhen würde), excitaturus (im Begriff, sie zu wecken; um si zu wecken). resedimus in area domus (Wir setzten uns im Hof des Hauses nieder/ ließen uns nieder), quae mare (der das Meer) a tectis (von den "Dächern"=Häusern; pars pro toto/ Metonymie) modico spatio dividebat (durch einen mäßigen Zwischenraum/ "in mäßigem Abstand" (Reclam) teilte/ trennte).
5) dubito (Ich zweifle/ bin nicht sicher) constantiam vocare ((ob) ich es Standhaftigkeit nennen) an imprudentiam debeam (oder Unklugheit/ Unvorsichtigkeit (nennen) sollte) (agebam enim duodevicesimum annum) (ich verbrachte nämlich (erst) mein 18. Lebensjahr): posco librum Titi Livi (Ich fordere/ verlange nach einem Buch des Titus Livius) et quasi per otium lego (und las (darin) sozusagen in aller Ruhe/ in Muße) atque etiam (und auch), ut coeperam (wie ich begonnen hatte) excerpo (mache ich mir Auszüge/ Stichpunkte). ecce amicus avunculi (siehe da, ein Freund des Onkels/ da war (auf einmal) ein...), qui nuper ad eum (der neulich zu ihm) ex Hispania venerat (aus Spanien gekommen war); ut me et matrem sedentes (wie er mich und meine Mutter sitzend), me vero etiam legentem videt (mich aber sogar lesend sieht), illius patientiam (die Geduld jener/ "ihre Gleichgültigkeit" (Reclam), securitatem meam corripit (er tadelt meine Sorglosigkeit). nihilo segnius (um nichts träger=ebenso eifrig) ego intentus in librum ((war) ich vertieft in das Buch).--
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Cool! Die Welt geht unter (das soll ja demnächst wieder mal der Fall sein (!)), und Plinius liest ein Buch, und dann auch noch so was Schweres wie Livius. Und noch viel besser ist, daß ihn das Gezeter von dem Alten nicht kratzt! Ist Plinius gar ein Philosoph, ein Stoiker? Oder einfach nur lässig und cool? Immer nach dem Motto: Es kommt, wie es kommt. Dagegen bin ich eh machtlos. Also was soll's. Lernt von Plinius: Der war sogar beim Vesuvausbruch gelassen. Dagegen haben meine Schüler schon vor einer Lateinarbeit Angst. Werdet cool, macht's wie Plinius, lest vorher etwas (es muß ja nicht Livius sein) oder strickt oder macht sonstwas.
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E.

Dienstag, 27. November 2012

PLINIUS, EPISTULA VI, 20: VESUVAUSBRUCH, ANNO 79 nach: KOMMENTAR
(oder: Plinius fliegt der Vesuv um die Ohren)

Zu meinen man könne auf den "guten, alten Kommentar" verzichten, ist heute bedauerlicherweise ein weit verbreiteter, an Vermessenheit grenzender, Irrglaube. Generationen haben mit dem Kommentar gearbeitet, und ich sehe noch meine alte Lateinlehrerin, Fr. OSTR. M. Metternich, vor mir, wie sie fragt: "Was sagt der Kommentar?"

 Daher hier einige gelehrte wie hilfreiche ANNOTATIONES (ex libro, qui "ORBIS ROMANUS" inscribitur, collectae):

exigere=verlangen, wünschen
quos: bezieht sich auf "metus/casus"
ingredi=eingehen auf, beginnen
quamquam...vgl. Vergil, Aeneis II, 12
profecto: von "proficisci"
tempus impendere=Zeit aufwenden
formidulosus= furchterregend
solitus=gewöhnlich, üblich
invalescere=stark werden
verti="gewendet werden", svw. einstürzen
invicem=im Wechsel, meinerseits
securitas=Sorglosigkeit, Fahrlässigkeit
corripere: erg. "verbis"=tadeln
segnis=träge, lässig
nihilo segnius=ebenso eifrig
intentus=gespannt auf, vertieft in
prima diei hora: 6 Uhr morgens (Hyperbaton!)
dubius=dämmerig (poet.)
languidus=müde, schläfrig (wie meine Schüler), langsam heraufsteigend
quassare=erschüttern
certus=h: begründet
visum: erg. "est nobis"
sequitur: erg. "nos"
attonitus=angedonnert (poet. für "permotus")
abeuntes: erg. "nos"
egredi+acc=verlassen
patimur: zu "formidines" (Zeugma)
fulcire=stützen
vestigium=Stelle, Standort
resorbere="einschlürfen" (solltet ihr die lat. Grammatik); pass: zurückfluten
(h)arena=Sand
detinere=zurückhalten, festhalten
ignei spiritus=von feurigem Schein
tortis vibratisque discursibus=in gewundenen und geschwungenen Schlangenlinien
dehiscere=sich auflösen in
fulgur, ntr.=Blitz
instanter=dringend
superstites: erg. "vos esse"
cessare=zögern
committere=h: es dahin kommen lassen, zulassen
nostrae: erg. saluti
se proripere=fortstürzen
descendere (wie "operire/ orare" etc. inf. historicus)
Capreae: Ziegeninsel (Capri; da, wo die rote Sonne...)
(id) quod..procurrit: poet. Umschreib. für "promunturium"=Vorgebirge
Miseni: gen. part.
abstulerat: erg. oculis
posse: erg. "(me) iuvenem (fugere)
contra: erg. "dico
una: erg."cum ea"
addere gradum: erg. "gradui"
incusare=anklgen, Vorwürfe machen
caligo=Dunst, Rauch
torrens=reißender Bach
infusus terrae (dat.)sich über die Erde ergießend
deflectamus=wir wollen abbiegen (de via)
sternere=niederwerfen, umstoßen
obterere=zertreten
considere=sich hinsetzen
et nox: erg. "aderat"
nubilus=bewölkt, dunkel
ululatus=Geheul, Wehklagen
quirinatus=Hilferuf, Gewimmer, Gekreisch
noscitabant (noscere): imp. de conatu
interpretari=auslegen, erklären
mentitus: pass.!
relucescere: incohativ zu "relucere"
adventare=herannahen
longius subsistere=in einiger entfernung stehenbleiben
excutere=abschütteln
alioqui(n)=andernfalls
oblidere=erdrücken
miserum, magnum solacium mortalitatis=ein armseliger und zugleich auch großer Trost für die Menschheit
tenuare=dünn machen, auflösen
effulgere=leuchten
luridus=gelblich, fahl (wie meine Schüler vor der nächsten Lateinarbeit)
deficere= h: schwinden, sich verfinstern
occursare=begegnen, vorkommen
obducere=bedecken, überziehen
utcumque=wie nur immer, so gut es eben ging
suspensus=schwebend, unruhig
exigere=h: zubringen
praevalere=überwiegen
lymphatus=wahnsinnig, verrückt
terrificus=schreckerregend
vaticinatio=Weissagung
ludificari=sein Spiel treiben, lächerlich machen
quamquam: zu "expertis et expectantibus"
consilium: erg. "eart"
donec nuntius: erg. "afferetur"
non scripturus: final; inf. mit "um zu"
scilicet=freilich, nun ja (wird "sc." abgekürzt)
requirere=verlangen
sibi imputare=sich selbst anrechnen, sich selbst zuschreiben.
(Orbis Romanus: Lesebuch A, Erläuterungen, Paderborn, 1975, S. 257 ff.)
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24. August des Jahres 79 n.: Ausbruch des VESUVS und Untergang von POMPEJI, HERCULANEUM und STABIAE.
Brief VI, 20  beschreibt die eigenen Erlebnisse des PLINIUS MINOR beim Vesuvausbruch. Er bildet eine thematische Einheit mit VI, 16, der vom Tod des PLINIUS MAIOR, seines Onkels, berichtet. Bei diesem handelt es sich um den berühmten Naturhistoriker und Verfasser der "NATURALIS HISTORIA. PLINIUS d.Ä. war auch (sozusagen im Nebenjob) der Kommandant der Flotte von MISENUM.
Die beiden Briefe, die im Unterricht oft zusammen behandelt werden, sind als Quellen für dieses Ereignis von großer Wichtigkeit. Der Stil ist nicht einfach (viele gesuchte Wörter, viele Auslassungen, komplizierte Beschreibung dieses Naturvorgangs; da merkt man einmal richtig, wie wenig Latein man doch kann!). Es gibt leichtere Briefe, z.B. die Briefe an seine 3. Frau CALPURNIA.
Das Briefcorpus des PLINIUS umfaßt insgesamt 247 Briefe, legendär geworden ist der Briefwechsel mit dem KAISER TRAJAN (10. Buch)!
Nach KARL BÜCHNER war PLINIUS ein großer Stilist (Vorbild: CICERO! Da kann man nichts falsch machen!).-
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E. (auch Stilist)

Dienstag, 20. November 2012

GAIUS VERRES, DER "SAMMLERFREUND":

Hauptquelle: die Reden CICEROS "IN VERREM" (Prozeßbeginn: 70 v.)
In diesem Prozeß gegen den korrupten  Obergangster Verres führte CICERO in der Rolle des "patronus" der Sizilier die Anklage. Dies war das einzige Mal, daß CICERO als Ankläger auftrat.
Die Sizilier, damals wie heute "ausgekochte Schlitzohren"-ich weiß, wovon ich rede, da ich selbst mit einer von denen verheiratet bin-ließen sich jedoch diesmal von dem "Oberschlitzohr" VERRES gnadenlos über den Tisch ziehen. VERRES hatte Sizilien systematisch von Kunstschätzen leergeräumt (er hatte sozusagen "ganze Arbeit geleistet") und sich maßlos bereichert. Die Beute ging in die Millionen! An sich war/ ist es nichts Ungewöhnliches, sich zu bereichern, siehe das Beispiel des VARUS, der als armer Mann eine reiche Provinz betrat und als reicher Mann eine arme Provinz verließ. Doch bei VERRES war es das schier Unglaubliche und die Dimension des Verbrechens. Außerdem war VERRES ein gefundenes Fressen für CICERO, der sich dadurch als Staranwalt profilieren konnte, was CICERO gern tat. Er konnte sich so auch gegen seinen Rivalen HORTENSIUS durchsetzen, der die zweifelhafte Ehre hatte, einen Gangster zu verteidigen, woran sich Anwälte ja gemeinhin wenig zu stören pflegen.
Einige Daten zum CV (curriculum vitae) unseres Gauners:
(Der Name "VERRES" ist ein Gentilname, das Wort bedeutet "zahmer (und soweit ich weiß), kastrierter Eber" (s. Phaedrus/ Horaz) und ist mit einem altind. Wort "vrsas"=Stier, Männchen verwandt, doch dies nur nebenbei. Bin froh, daß ich nicht so heiße!)
-geboren um das Jahr 115-lockerer Lebenswandel (Spaß muß sein!)-Homoabenteuer, habe Geld dafür genommen (also Stricher), Spielschulden (jedenfalls so CICERO)
(Wahrheitsgehalt unsicher gemäß der rhetorischen Regel, den Gegner immer schön schlecht zu machen.)
-mangelhafte Bildung, daraus resultierend seine Schlechtigkeit (so CICERO)-84 v. Quaestur-83 v. vermutlich Proquaestor in der Provinz Gallia Cisalpina-wechselte im Bürgerkrieg die Seiten (ein wahrer Überlebenskünstler, wie man sieht)-81 v.: er muß sich für seine Amtsführung verantworten, kommt aber davon, indem er sich rausredet (clever!)-80v. Adjutant des PROPRAETORS CN. CORNELIUS DOLABELLA (Statthalter von Kilikien), der die Provinz, wie sollte es anders sein, nach allen Regeln der Kunst ausbeutet-DOLABELLA wird "DE REPETUNDIS" (=we want our money back!) angeklagt, und Verres liefert eifrig Beweise, natürlich gegen seinen Vorgesetzten (Ratte! Fragt sich nur, wer die größere Ratte war?)-dann wird er auch noch PRAETOR (mittels der kilikischen Beutegelder; man sieht: Verbrechen lohnt sich!)-PRAETOR URBANUS, Ziviljurisdiktion, Aufsicht über öffentliche Bauten; seine Methoden: Rechtsverdrehung, Willkürentscheidungen, Bestechlichkeit (der wußte, wie's geht) und immer: zum eigenen Nutzen versteht sich (CICERO!)-nach seinem Amtsjahr mußte er eine Provinz übernehemen (das war usus)-VERRES bekam Sizilien, wo er wegen des SPARTACUS-AUFSTANDES 3 Jahre blieb-CICERO zeichnet ein düsteres Bild der PROPRAETUR des VERRES: Schreckensregiment, die ganze Amtsführung: the full catastrophy-70v.: Prozeß gegen VERRES-schon 71 v. wurde CICERO, der selbst QUAESTOR  in Sizilien war, von den Sizilien gebeten, sich ihrer Sache anzunehmen-Verteidiger des VERRES: ein gewisser HORTENSIUS, ebenfalls korrupt: er habe nämlich ein Shinx-Figürchen für die Verteidigung erhalten (sphingem Verri reo ablatam; PLINIUS d. Ä., nat. hist. 34, 48, s. Quint. 6,3,98 u.a.)-nach der ersten Verhandlung hatte VERRES genug und ging stiften (ins Exil nach Massilia), wo er noch ganze 27 Jahre mopsfidel lebte (soviel zur irdischen Gerechtigkeit)-doch dann traf ihn der Zorn der Götter: Als er sich weigerte, dem TRIUMVIRN ANTONIUS (General CAESARS)-das war der, der mit KLEOPATRA "rumgemacht" hat (übrigens großartig gespielt von RICHARD BURTON (hoch die Tassen!)-als er sich also weigerte, diesem ein korinthisches Gefäß abzutreten (dumm, ein Fehler!), setzte er ihn schlankerhand auf die PROSRIPTIONSLISTEN (Ächtungsliste; praktisch, so was!) und das war's dann auch gewesen (s. LACTANZ, div. inst. II 4, 33-36; PLIN., nat. hist. 34,6).
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QUELLE: Modelle für den altsprachlichen Unterricht-Latein-Cicero gegen Verres, Diesterweg, Frankf. 1975. Das Bändchen enthält ausgewählte Stellen in vereinfachter Form, leider bleibt allzuviel unberücksichtigt. Schwerpunkte: Die ANTIOCHUS-AFFÄRE (II 4, 60-68) und der RAUB DES DIANA-KULTBILDES VON SEGESTA (II 4, 72-83.)
(An meine Schüler: Herhören! Das 4. BUCH DER ACTIO SECUNDA=DE SIGNIS ("Kunstraubbuch") solltet ihr auf deutsch lesen(=Minimum!). Kauft euch die RECLAMAUSGABE, aber die richtige (es gibt nämlich mehrere über die Verresreden)!)---
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ad "Sammlerfreund": So redete einst der Mannheimer Antiquar C. (Antiquariat K.; r.i.p.) seine Kunden an. Das Antiquariat K. war ein winziges "Kabuff", vollgestopft mit seltenen Büchern, worin C. wie eine Spinne im Netz thronte. Die Besuche dort werden mir unvergeßlich bleiben. Ich höre noch immer, wie er sagte: "Guten Tag, Herr Sammlerfreund...nehmen Sie doch noch einen Liebesroman mit" oder "Welch Glanz in meiner Hütte, Herr Sammlerfreund". Allerdings war Herr C. (anders als Verres) ein "guter Sammlerfreund".-
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E.

Montag, 19. November 2012

MARTIAL IX, 15: CHLOE'S SEVEN HUSBANDS: Inscripsit tumulis...
oder: Martial macht wieder Witze. Diesmal einen ganz bösen. Den Witz von der bösen Chloe, die ihre 7 trotteligen Ehemänner um die Ecke gebracht hat. (Ob dies ein Verlust für die Menschheit war, vermag ich nicht zu sagen.)
(Vorsicht also bei Mädchen mit Namen "Chloe"!)
oder: Bad girl Chloe. Her "wicked, wicked ways"! (Frei nach der Biographie von Erol Flinn.)

Inscripsit tumulis septem scelerata virorum
se fecisse Chloe; quid pote simplicius?

Die Verbrecherin Chloe, die sieben Männer hatte, schrieb auf deren Gräber:
sie habe dies gemacht; was kann wahrer sein (wie wahr!)? E.
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scelerata=wicked, modifies Chloe.
"Chloe poisoned her seven husbands to obtain their property. She then set up in their honor a monument on which was cut the usual heading, 'Chloe Fecit' ('Chloe constructed it'). Martial suggests 'fecisse' has a double meaning here and that it is appropriate for their death, also."
simplicius=nearer the truth
Aus: Fourth Year of Latin, Selections from VIRGIL, OVID, CATULLUS, MARTIAL, and HORACE, edited by LOIS CARLISLE and DAVIDA RICHARDSON, Boston, New York...1942, S. 405.
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"pote" von "potis"=vermögend, mächtig: potis est=ist imstande, kann, ist möglich; ntr. pote in gleicher Bedeutung ("Der kleine STOWASSER", Lat-dt. Schulwörterbuch, S. 384.)
scelerata... Chloe: die üble Cloe; Chloe, die Erzgaunerin; Chloe, die Schreckliche; Chloe, die Verbrecherbraut, u.ä. (Alle, die Chloe heißen, mögen mir verzeihen, ebenso ihren "parentes" für die Namensgebung. Die Mehrzahl dürfte dieses Epigramm wohl nicht gekannt haben. Mein alter Lateinlehrer (OSTR. Behringer, Starkenburggymnasium Heppenheim. 1977-78) jedenfalls nannte seine mir damals sehr sympathische Tochter CYNTHIA (also nach der Geliebten des PROPERZ, der Liebeselegien schrieb.)
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Der Doppelsinn kommt übrigens im Lateinischen besser "rüber", da man "Chloe fecit" sowohl mit "Chloe hat das gestiftet" als auch mit "Chloe hat das gemacht; angerichtet; verbrochen etc." übersetzen kann.
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E.


Donnerstag, 8. November 2012

MARTIAL VI, 53: Lotus nobiscum...

oder: Heute rot, morgen tot.
oder: So kann's gehen!
oder: sudden death!

Lotus nobiscum est, hilaris cenavit, et idem
(Sich badend/ im Bade (ist er) eben noch mit uns, fröhlich speiste er, und derselbe)
inventus mane est mortuus Andragoras.
( Andragoras ist in der Frühe mausetot aufgefunden worden.)
tam subitae mortis causam, Faustine, requiris?
(Du fragst nach der Ursache eines so plötzlichen Todes, Faustinus?)
in somnis medicum viderat Hermocraten.
(Im Traum hatte er den Arzt Hermocrates gesehen.)
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lavare, lavo, lavi, lavatus, lautus und lotus=waschen, medial: sich baden
mortuus: von "mori"=sterben (Deponens)
in somnis=im Traum
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Gestern weilte er noch unter uns, schwamm putzmunter wie ein Fisch im Wasser, hat sich zusammen mit uns fröhlich den Wanst vollgefressen und jetzt ist er weg, einfach fort: der Tod riß ihn aus unser aller Mitte! Herrjeh!
Martial schildert hier in ironischen Tönen das plötzliche Ableben des armen Andragoras: Für uns alle unerwartet, starb heute früh unser Sportsfreund und Tischgenosse Andragoras. Wir alle sind fassungslos!
Martial beschreibt hier in fast fröhlichem Ton eine an sich traurige Sache (Antithese?). Er kommt damit einer Forderung nach, die an den Dichter gestellt wird: nämlich lachend die Wahrheit zu sagen.
So schildert er also, wie Andragoras in "dulci jubilo" von dieser in die nächste Welt befördert wird, die ja angeblich  so viel besser sein soll! Nebeneffekt: Die Sache wird dadurch gemildert (verharmlost) und somit erträglich gemacht (vgl. den Galgenhumor). Satire als Aufstand gegen übermächtige Verhältnisse!-
Soweit die Situation. Dann folgt die Frage des Faustinus. Doch ist es wirklich eine Frage und fragt hier wirklich Faustinus? Viel wahrscheinlicher ist es, daß  Martial ihm die Frage in den Mund legt, um dann in Zeile 4 seinen Witz loszuwerden. Faustinus ist demnach so etwas wie ein fiktiver Gesprächsteilnehmer und der wirkliche Frage ist natürlich unser Martial. Keine Frage. Zeile 3 ist eine Scheinfrage.
Dann die überraschende Wendung: Der Quacksalber Hermocrates ist dem armen Andragoras im Traum erschienen-und das hat ihm den Rest gegeben!
Natürlich geht so etwas nicht. Von so etwas stirbt man nicht. Martial nennt hier also nicht die wahre Ursache. Andragoras ist in Wirklichkeit wohl am Schlag gestorben oder an etwas Ähnlichem, aber das wäre viel zu prosaisch, ungenial und einfach. Also mußte Hermocrates herhalten (er hat es sicher verdient), damit Martial seine Pointe anbringen kann. Gleichzeitig nimmt Martial literarische Rache an den Ärzten, von denen er anscheinend keine allzu hohe Meinung hat. (Ärzte sollen normalerweise helfen und nicht dabei helfen, jemanden unter die Erde zu bekommen (Antithese?), was sie in der Vergangenheit leider oft taten und bisweilen immer noch tun.) Und Hermocrates scheint ein schweres Kaliber zu sein, da sein bloßes Erscheinen als Traumbild genügt, um Andragoras den Rest zu geben. (Hermocrates brauch also gar keine Giftpillen zu verabreichen, sein Gesicht reicht schon aus!)
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Das Epigramm erinnert mich ein wenig an den bekannten "dead-parrot-sketch" von MONTY PYTHON'S. JOHN CLEESE soll dazu ein Wörterbuch konsultiert haben um Synonyma für "tot" zu finden (wie z.B. im Deutschen "verblichen" u.ä.), was er dann ins Groteske steigert:
Shopkeeper: Oh, yes, the Norwegian Blue. What's wrong with it?
Praline: I'll tell you  what's wrong with it. It's dead, that's what's wrong with it.
(...)
Now that's what I call a dead parrot.
Shopkeeper: No, no, it's stunned (=betäubt, verdutzt, sprachlos).
Praline: Look my lad, I've had just about enough of this (=langsam genug davon). That parrot is definitely deceased (=verschieden)...
(...)
...it's passed on (=hat das Zeitliche gesegnet). This parrot is no more. It has ceased to be (=aufgehört zu existieren). It's expired (=sein Leben ausgehaucht) and gone to meet its maker (=Schöpfer). This is a late (=verblichen) parrot. It's a stiff (=Leiche, hat Leichenstarre). Bereft of life(=des Lebens beraubt), it rests in peace. If you hadn't nailed it to the perch, it would be pushing up the daisies (=die Radieschen von unten betrachten?). It's rung down the curtain (?) and joined the choir invisible (=Engelschor?). This is an ex-parrot.
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E.

Samstag, 3. November 2012

ANTIKER FAUSTKAMPF ("ANTIKES BOXEN")

Faustkampf gab es wie viele andere Arten des Zweikampfes schon seit vielen tausend Jahren und er kam auf verschiedenen Kontinenten vor. Uns liegen u. a. Zeugnisse aus Ägypten, Mesopotamien, Griechenland, China und Indien vor, aber auch aus beiden Amerikas.

In Ägypten kam Boxen schon 3000 v. Chr. vor und breitete sich daraufhin im ganzen ägäischen Raum aus. Ägyptische Darstellungen von Faustkämpfern stammen meistens aus Gräbern.

Figure 4 Relief in Tomb of Kheruef
Boxer und Stockkämpfer aus Theben


Kampfdarstellungen von Beni Hassan (eher Ringen)


Kämpfer von Minia und Sakkara

Auch im minoischen Kulturkreis wurde der Faustkampf gepflegt. Uns liegen einige Darstellungen an Palastwänden vor.


Minoische Faustkämpfer aus Knossos oder Santorini (vor 1600 v. Chr.)


"Boxervase" aus Knossos (ca. 1500 v. Chr.)

In Griechenland wurde der Faustkampf (Pygme) ab 688 v. Chr. auch bei den Olympischen Spielen ausgetragen. Es gab neben Faustkampf noch Ringen (Pale) und Allkampf (Pankration). Die Fäuste wurden dabei - anders als beim Pankration - mit Lederriemen bandagiert. Diese schützten die Fäuste, wie die modernen Handschuhe, wirkten aber gleichzeitig auf den Gegner wirkungsverstärkend und keineswegs wirkungsdämpfend. Pankratiasten kämpften dagegen ohne Bandagen, um besser greifen zu können.
Der Faustkampf kannte kaum Regeln und konnte im Extremfall Stunden dauern. Er endete manchmal auch tödlich, was aber zu einer Betrafung des Totschlägers führte.
Ein mit einem Stock bewaffneter Ringrichter überwachte den Kampf. Der unterlegene Kämpfer konnte den Kampf durch Handzeichen mit ausgestrecktem Finger aufgeben.
Herausragende Leistungen errangen Diagoras von Rhodos und Theagenes von Thasos (Theogenes) im 5. Jhd. v. Chr. Diagoras wurde sogar von Pindar in einer Ode verehrt. Theagenes trat als Faustkämpfer, Pankratiast und noch in weiteren Disziplinen an und errang unzählige Siege. Beide kämpfer errangen ihre Siege bei verschiedenen Spielen.

Darstellungen von Faustkämpfern findet man als Statuen, auf Vasen oder als Wandmalereien. Vasen konnten schwarzfigurig oder rotfigurig sein, wobei rotfigurige Vasenmalereien tendenziell später vorkamen. Die Figuren wurden entweder mit entsprechender Farbe auf den Untergrund aufgetragen oder aber (für Konturen) weggeritzt. Es gab auch weitere Deckfarben wie weiss.
Einen besonderen Quellenwert besitzen Panathenäische Preisamphoren, die als Siegespreis mit Olivenöl aus den Gärten der Akademie verliehen wurden.


Figure 9 tongsFigure 15 Soft Thongs
Figure 13 vase
diverse rotfigurige und schwarzfigurige Darstellungen aus klassischer griechischer Zeit

Die Römer kannten auch den Faustkampf als Kampfsport. Sie wurden dabei von den Griechen und möglicherweise von den Etruskern beeinflusst. Allerdings war es dort manchmal üblich, zur Verstärkung noch Metallteile unter die Faustriemen zu binden. Einige Faustkämpfer hatten auch Fellstücke zum Abwischen des Schweisses eingewickelt.

In Rom hiessen die Boxbandagen "Caesti". Sie sind an verschiedenen Statuen gut zu sehen. Die berühmteste ist wahrscheinlich der "Faustkämpfer vom Quirinal" vom 1. Jhd. v. Chr, eine im späten 19. Jhd. auf dem Quirinal gefundene Bronzestatue wurde. Neben der lebensnahen Darstellung eines erschöpften, sitzenden Faustkämpfers beeindruckt besonders die Verwendung unterschiedlich gefärbter Metalle zur Kennzeichnung von Wunden.
Neben Statuen wurden Boxer auch auf Gemälden oder in Mosaiken dargestellt.


Faustkämpfer vom Quirinal

Figure 19 Entellus and Bull
Mosaik mit Faustkämpferszene aus Vergils Aenaeis (Entellus und Dares)

Freitag, 19. Oktober 2012

THE OUTSTATION

Wenigen ist bekannt, daß sich der NIEDERGERMANISCHE LIMES bis nach HOLLAND (Nordseeküste!) erstreckte. Etwas nördlich der FOSSA CORBULONIS, direkt an der Küste, wird ein AUXILIARLAGER vermutet. Ein weiteres ca. 30 km nördlich davon. Weiter westlich davon befindet sich ein kurzfristig belegtes Lager, welches aber fraglich ist. Wahrscheinlich hat es den Römern nicht allzuviel Spaß gemacht, dort zu leben (zu wenige Kneipen, zu wenige Bordelle, zu wenige Bäder, Wetter: schlecht, Bewohner: streitsüchtig und unangenehm (BATAVER; deren Hobby: Aufstand!). Diejenigen aber, die in dieser Region Dienst taten, waren sicher der Meinung, daß sie hier an einem Außenposten der Zivilisation Wache schoben.
LISTE DER LAGER in der OUTSTATION: schon die Namen lassen ahnen, daß man sich hier am Ende der Welt befand!
1.) VELSEN: Prov. Noord-Holland, südl. des Noordzeekanaal:
a) Anlage ab ca. 15 n., vielleicht im Zusammenhang mit den Feldzügen des GEMANICUS, 15-16 n.)
b) Anlage aus der Zeit des CALIGULA oder des NERO
2.) ERMELO: Prov. Gelderland, Marschlager, späte Kaiserzeit, Fund von Scherben aus dem 2. oder 3. Jh.
3.) KATWIJK-BRITTENBURG-LUGDUNUM: südl. der ehemaligen Mündung des OUDE RIJN, von Dünen überschüttet, später vom Meer verschlungen; 1520 und später: Fundamente kommen unter dem Dünensand zum Vorschein (!); vermutlich kam die COHORS CIVIUM ROMANORUM PIA FIDELIS spätestens in HADRIANISCHER ZEIT nach LUGDUNUM (vgl. CIL XIII 8827)
4.) VALKENBURG (DORP): am linken Ufer des OUDE RIJN, vor 69: COHORS III GALLORUM EQUITATA, nach 71-3. Jh: COHORS IIII THRACUM EQUITATA (Graffiti mit thrak. Namen!)
5.) LEIDEN-ROOMBURG-MATILO: am linken Ufer des OUDE RIJN, Mündung der FOSSA CORBULONIS (um 47 n.), zur Zeit des TRAJAN: COHORS I LUCENSIUM HISPANORUM, SEVERISCHE ZEIT: COHORS XV VOLUNTARIORUM CIVIUM ROMANORUM und NUMERUS EXPLORATORUM BATAVORUM.
6.) ALPHEN AAN DE RIJN-ALBIANA: am linken Ufer des OUDE RIJN, CLAUDISCH-NERONISCHE ZEIT: COHORS III BREUCORUM (gilt als fast sicher)
7.) ALPHEN AAN DE RIJN-ZWAMMERDAM-NIGRUM PULLUM: südl. des OUDE RIJN, Gelände der Schwachsinnigenanstalt HOOGE BURCH (ridere licet!), an verlandetem Rheinarm, nach 70 n: VEXILLATIO (?) der COHORS QUINGENARIA EQUITATA, Zerstörung um 260!
8.) WOERDEN-LAURUM: südl. Ufer des OUDE RIJN, zerstört im BATAVERAUFSTAND.
9.) VLEUTEN-DE MEERN: zwischen UTRECHT und WOERDEN/LAURUM (?), 69 zerstört, nach 70: COHORS XV VOLUNTARIORUM CIVIUM ROMANORUM (?), spät. ab 89-96 bis 3. Jh. (?): COHORS I CLASSICA PIA FIDELIS.
10.) UTRECHT-TRAIECTUM: zerst. im BATAVERAUFSTAND, nach 88/9-260 (?): COHORS II HISPANORUM PEDITATA PIA FIDELIS.
11.) BUNNIK-VECHTEN-FECTIO: südl. des KROMME RIJN, Spuren einer hölzernen Brücke (!), die VECHT: vermutlich von DRUSUS kanalisiert (FOSSA DRUSIANA), C.IULIUS BIO TRIERARCHUS, zerst. im BATAVERAUFSTAND, ab ca. 70 vermutlich: COHORS II BRITTONUM (BRITANNORUM) MILLIARIA EQUITATA, 78/80-100: COHORS I FLAVIA HISPANORUM EQUITATA (+unbekannte COHORS), ca. 100-150: unbekannte COHORS, ca. 150-270 (?): ALA I THRACUM (viele Graffiti von TURMAE).
12.) WIJK BIJ DUURSTEDE-LEVEFANUM: am linken Ufer des RHEINS, ca. 70-83: COHORS I THRACUM EQUITATA (?).
13.) MAURIK-MANNARICIUM: am südl. Ufer des RHEINS, Waffenfunde (!), bis 83: COHORS II THRACUM EQUITATA (vielleicht zusammen mit der COHORS II HISPANORUM EQUITATA), Ende: 260 (?), militär. (?) Siedlung bis ins 4. Jh.
14.) KERSTEREN-CARVO: südl. eines heute verlandeten Rheinarms, Pfeil-und Lanzenspitzen, Wurfkugeln, viell. auch BENEFIZIARIERSTATION (s. Graffito: ben(e)ficiariorum, nach 70-3. Jh.
15.) HUISSEN: am linken Ufer des RHEINS, ab 70-3. Jh.
16.) ROSSUM-GRINNES: Südufer der WAAL, jüngste Münze: ARCADIUS, Wurfgeschoßspitzen (!), 1. bis  3. Jh., dann vermutlich BURGUS oder KASTELL.
18. NIJMEGEN-NOVIOMAGUS: Südufer der WAAL, OPPIDUM BATAVORUM, auf dem HUNERBERG: Reste eines LEGIONSLAGERS aus der AUGUSTÄISCHEN ZEIT (DRUSUS?), ca. 70-71: LEGIO II ADIUTRIX, ca. 71-104: LEGIO X GEMINA, ca. 104-121: VEXILLATIO BRITANNICA, 121-130 (?) VEXILLARII der LEGIO XXX ULPIA VICTRIX (?; bis ca. 175 ?), ab ca. 260/70: KASTELL auf dem VALKHOF.
19.) HEUMEN-HEUMENSOORD: an der röm. Straße von TONGERN nach NIJMEGEN, BENEFIZIARIERSTATION (?) 2.-3. Jh., BURGUS 3.-4. Jh.
20.) CUIJK-CEUCLUM: an der röm. Straße von TONGERN nach NIJMEGEN, 2 gallo-röm. Vierecktempel, seit der CLAUDISCHEN ZEIT (?)-ca. 100 (?), 2.-3. Jh: Zivilsiedlung (VICUS).
21.) GRUBBENVORST-LOTTUM: am westl. Ufer der MAAS, 2-3. Jh: viell. BENEFIZIARIERSTATION, 4. Jh: BURGUS.
22.) HERWEN EN AERDT-DE BIJLAND-CARVIUM: urspr. am linken Ufer des RHEINS, OVER-BETUWE, Hortfund von 61 DENARII, nach 70-3. Jh: COHORS II CIVIUM ROMANORUM EQUITATA (PIA FIDELIS)/ (ANTONINIANA?).
23.) KLEVE-RINDEREN-HARENATIUM: nördl. von KLEVE am heute verlandeten röm. RHEIN, Sept. 70 lag hier die LEGIO X GEMINA (s. TACITUS, HISTORIEN 5, 20); diese löste dann die LEGIO II ADIUTRIX in BATAVODURUM /NIJMEGEN ab, BENEFIZIARIER (s. WEIHINSCHRIFTEN).
24.) SCHNEPPENBAUM-QUALBURG-QUADRIBURGIUM (?): auf dem Dorfhügel, um 260: NUMERUS URSARIENSIUM.
25.) ASPERDEN: südl. KLEVE, BURGUS (spätes 4. Jh.)
26.) KALKAR-ALTKALKAR-BURGINATIUM: Kreis KLEVE, bis ins späte 4. Jh. (Münzen des VALENS und HONORIUS), ALA NORICORUM (FRÜHFLAVISCH), ALA AFRORUM (DOMITIANISCH), ALA VOCONTIORUM (TRAJANISCH-FRÜHHADRIANISCH)
27.) BISLICH: Niederterasse des rechten Rheinufers, gegenüber von VETERA, Brückenkopf-Marschlager (?).-
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Als nächstes kommt XANTEN-VETERA I, VETERA II, TRICENSIMAE. Hier verließ man sozusagen die OUTSTATION und war wieder in der Zivilisation angelangt.
Hier endet der schöne Bericht von der OUTSTATION.
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SALUTATIONES von der OUTSTATION:
ERICUS
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QUELLE: DER NIEDERGERMANISCHE LIMES, hrsg. v. J. E. BOGAERS und C. B.RÜGER, Köln, 1974 (KUNST UND ALTERTUM AM RHEIN, Führer des Rheinischen Landesmuseums Bonn, Nr. 50.)

Mittwoch, 17. Oktober 2012

WIE "TICKTE" EIGENTLICH DER GERMANE?

Als praktizierender GERMANE (übrigens ein Sammelbegriff für eine große Anzahl von Stämmen) seien hier nun ein paar Charakteristika  unserer ruhmreichen Vorfahren genannt:
Die GERMANEN waren "ein ausgeprägtes Kriegervolk", geprägt durch "Waffenernst" (schönes Wort!). Es waren die Eigenschaften "des harten Kriegsmannes", die man man schon vom Heranwachsenden verlangte (s. auch die Funde von Übungsschwertern für Jugendliche!). Anders als unsere verfetteten und degenerierten kids war die germanische Jugend fit und wehrhaft! Versagen verzieh man nur "dem morschen Greis".
Man vertraute mehr auf die Waffe als auf staatliche Autorität! Besonders wichtig war das GEFOLGSCHAFTSWESEN (drucht). Jeder Kriegerhäuptling hatte eine Art Leibgarde um sich, die auf den Kriegszügen die Kerntruppe bildete. Da man sonst nicht viel zu tun hatte, ging man ab und zu auf Kriegszug (aber nur, solange es Spaß machte und es etwas zu holen gab).
Geschätzt wurden die harten Eigenschaften (Kriegerethik; Härte gegen den Feind!). Nachgiebigkeit oder etwa gar Versöhnlichkeit galten als weibisch. Ab und zu konnte man ruhig etwas "nett" sein, wenn man zur rechten Zeit hart war (vgl. NIETZSCHE: Herrenmoral.-Wille zur Macht!- Werdet hart!)
Auch das EHRGEFÜHL war (anders als heute) stark ausgeprägt. Niemals war man gewillt "seine Sache (sein Recht) fahren zu lassen".
Dem gegenüber stand der "Lützelmann" (der "Kleinmann"), "der Mann kleinen Zuschnitts" (wie mein Nachbar z.B.).
Demut war für Knechte, und so etwas wie Nächstenliebe gab es auch nicht. Es gab nur Freunde und Unfreunde! ("Gut gegen seine Freunde, haßvoll gegen seine Feinde". Ganz ähnlich ist das Motto des Fechtvereins, in dem ich seit 12 Jahren fechte: amico pectus, hosti frontem=dem Freunde die Brust (das Herz), dem Feinde die Stirn! So muß es sein!).
Auch war Rache ganz o.k. (Rache ist "Blutwurst"!). Verzeihen war weniger o.k. ("Vergib dir nichts gegen deinen Feind!").
In diesem Sinne
E.
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Aus: ROSENHAGEN-RÖTTGER: AUS ALTDEUTSCHER ZEIT (Von den Anfängen bis zur Dichtung der Barock), Stuttg. 1972-76 (Artikel: Altgermanische Gesittung und Eigenart von ANDREAS HEUSLER).
Das Buch ist anzuschaffen!

Donnerstag, 11. Oktober 2012

CICERO: DE NATURA DEORUM (in just a few words)

Prooemium: I, 1-14: das Thema: so bedeutend wie schwierig-viele Meinungen: vom Atheismus bis zur Vorsehung (an die hat schon mal einer geglaubt)-Ciceros Liebe zur Philosophie-Cicero für den Standpunkt der AKADEMIE-die Gelehrten sind uneinig: Zweifel!
Exordium: 15-17: Ort, Zeit, Personen der Handlung.
18-56: VELLEIUS hält einen (ziemlich langen) Vortrag: Kritik an der Kosmogonie PLATONS-an dem Gottesbegriff der STOIKER-die Welt wurde plötzlich erschaffen-die Gottheit ging von der Ruhe zur Tätigkeit über (hätte sie besser gelassen!)
25-41: Doxographie: Theologien von THALES bis CHRYSIPPOS-Dichter werden verurteilt-östliche Religionen-die Ungebildeten
43-56: was sagt EPIKUR zum Thema?-fromm, aber furchtlos
57-124: Kritik des COTTA am Vortrag des VELLEIUS-der Gottesbegriff der EPIKUREER ist schwach (Gleichgültigkeit der Götter etc.)-Abweichung der Atome vom senkrechten Fall (declinatio)
BUCH II: Gefährlichkeit der Verbindung von RHETORIK und AKADEMISCHER SKEPSIS (Vorwurf an V.)-BALBUS wird aufgefordert, den STOISCHEN STANDPUNKT zu vertreten
4-44: die Götter existieren (Beweise)-wie entsteht der Götterglaube?-Himmelsbetrachtungen-übereinstimmende Meinungen-Erscheinungen (Epiphanien)-Weissagungen-Strafen für Vernachlässigung der Religion-ZENON-KLEANTHES-CHRYSIPPOS (Beweise)-ARISTOTELES: Gestirne=göttlich
45-72: Wesen der Götter=Leben plus Volkommenheit (gilt für das ganze All)-Gründe für Vergöttlichungen von Wohltätern
73-153: Natur=Werk göttlicher VORSEHUNG
154-168: sie sorgt sich besonders um den Menschen (halte ich für ein Gerücht!)-BALBUS: COTTA soll sich ihm anschließen und nicht gegen die Götter argumentieren
BUCH III: 1-6: 3. Exordium: COTTA: die Religion der "maiores" braucht keine Beweise, jedoch die Philosophie.
7-19: STOISCHE ARGUMENTE nicht gut!
20-64: die Eigenschaften, die die STOIKER den Göttern andichten: unvereinbar!-Lücke!-
66-93: COTTA: die VORSEHUNG ist nicht gut!-Intelligenz=fragwürdig-keine Beziehung zwischen Glück und Charakter-Entscheidung für die virtus durch das Gewissen (so man eines hat!)-sie allein ist unser-
94: Schlußgespräch: BALBUS: Ankündigung einer Antwort-VELLEIUS: COTTA hat mehr recht-CICERO: BALBUS hat mehr recht (Hinwendung CICEROS zum STOIZISMUS? Beispiel für seinen EKLEKTIZISMUS? Schwankt er hier zwischen SKEPSIS und DOGMATISMUS?
(CICEROS Position: NEUAKADEMISCHE ERKENNTNISTHEORIE, s. ACADEMICI LIBRI; er übt Urteilsverzicht=EPOCHÉ; da ist man fein raus!)
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E.
MARTIAL: V, 47:

In meiner "Uraltausgabe" römischer Dichter von LOIS CARLISLE und DAVIDA RICHARDSON (Fourth year Latin, Boston, New York 1942) findet sich folgendes Martialepigramm: Es trägt dort die Überschrift: The professional diner-out.

Nunquam se cenasse domi Philo iurat, et hoc est:
non cenat, quotiens nemo vocavit eum.
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domi: locative case
hoc est (verum): this is true
He goes hungry unless he is invited out
vocavit: has invited
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Meine Übersetzung:
Philo schwört, daß er niemals zuhause gespeist habe, doch dies ist die Wahrheit (aber dies wäre korrekt; aber es verhält sich ganz anders):
Er ißt (speist) überhaupt nicht (er bekommt überhaupt nichts zu fressen), wie oft (so oft; wenn) ihn niemand eingeladen hat.
(Ein gewisser Philo schwört Stein und Bein: Ich esse nie zuhause. Damit will er wohl suggerieren: Ich bin sehr beliebt und werde deswegen fast immer zu irgendeinem großen Fressen eingeladen.
Martial durchschaut dies und stellt die Sache durch ein Wortspiel richtig. So erhält man Aufschluß, wie sich die Sache in Wirklichkeit verhält. Philo ißt überhaupt nichts, wenn er nicht eingeladen ist, was ziemlich oft geschieht. Dann ist er zuhause, aber sein Kühlschrank ist leer. Folglich gibt es nichts zu essen. Also kann Philo behaupten: Ich esse niemals zuhause, weil es eben da nichts gibt. Natürlich gibt er dies nicht zu und lügt sich in die eigene Tasche. Nach der ersten Zeile hat man einen falschen Eindruck. Es scheint, als ob Philo freiwillig so handle und daß er ein gern gesehener Gast sei. Doch das Gegenteil ist der Fall. Philo ißt nichts aus Not und weil ihn niemand einlädt. Martial entlarvt dies schonungslos. Doch Martial war auch nicht viel besser! Denn er schleimte hemmungslos bei den Mächtigen (Titus, Domitian; bei letzterem besonders verwerflich!).
Armer Philo, ich werde dir eine Pizza spendieren, jedoch keine, die zu dir nach Hause geschickt wird!
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E.

Freitag, 5. Oktober 2012

DIE RELATIVISCHE SATZVERSCHRÄNKUNG:

Jeder Studiosus Latinitatis hat schon einmal davon gehört, doch kaum einer hat sie richtig kapiert. Ich erinnere mich, daß in  meiner Schulzeit einfach "darüber weggehudelt" wurde, wenn das Phänomen auftauchte. Dies ist aber jedem Schwaben ein Graus.
Soviel sei im voraus schon einmal gesagt: Die relativische Satzverschränkung (schweres Wort!) ist nicht einfach, jedoch (und dies zum schwachen Troste) einfacher als die Relativitätstheorie, von der es sogar zwei gibt, nämlich die spezielle und die allgemeine. Doch dies ist ein anderes Thema.
Definitionen:
1.) Verschmelzung eines Relativsatzes mit einem zweiten Nebensatz.
2.) Ein Nebensatz aus einem nachfolgenden Satzgefüge wird an den vorangehenden Satz relativisch angeschlossen.
Exempla:
1.) Amicus tuus aegrotat, quem tu quantopere ames, scio.
Dein Freund ist krank, "den" ich weiß, wie sehr du ihn liebst.
Man sieht: da macht die deutsche Sprache nicht mit!
Also:...von dem ich weiß, wie sehr du ihn liebst.
Man kann erst einmal nach dem Hauptsatz einen Punkt machen:
Amicus tuus aegrotat. (Punkt!)
Scio, quantopere tu eum ames.=Ich weiß, wie sehr du ihn liebst.
Man sieht: Aus "eum" wird "quem". Der Nebensatz 2. Grades bestimmt den Kasus des Relativpronomens.
Im Deutschen ist es der Nebensatz 1. Grades. Hierin sind beide Sprachen nicht "kongruent".
2.) Admiramur Alexandrum, cui si vita longior contigisset, totum orbem terrarum subegisset.
=Wir bewundern den Alexander.
Si ei vita longior contigisset, totum orbem subegisset.=Wenn ihm ein längeres Leben "gelungen" (geglückt; beschieden gewesen) wäre, hätte er den ganzen Erdkreis unterworfen.
(Leider hat sich der Gute zu Tode gesoffen oder starb an der Malaria oder beides.)
Man sieht: aus "ei" (Dativ des Demonstrativpronomens) wird "cui" (Dativ des Relativpronomens).
Ich behelfe mir hier mit Trick 17:
Wir bewundern den Alexander, dem es geglückt wäre, den ganzen Erdkreis zu unterwerfen, wenn ihm ein längeres Leben vergönnt gewesen wäre.
Oder: Wie bewundern den Alexander, der, wenn ihm ein längeres Leben geworden wäre (wenn er länger gelebt hätte), den ganzen Erdkreis unterworfen hätte.
3.) Auch auf die Gefahr hin zu langweilen hier noch ein Beispiel:
Studeamus litteris, quas qui tenent, eruditi appellantur.
=Wie wollen uns den Wissenschaften widmen! (Sehr löblich!)
Qui eas tenent, eruditi appellantur.
=Diejenigen, die sie beherrschen, werden Gebildete genannt.
Man kann auch hier wieder den Relativsatz 2. Grades an den Hauptsatz "kleistern":
...deren "Besitzer" (=qui...:Subjektsatz!) man gebildet nennt. (Ist aber nicht so gut!)
Der ACI im Relativsatz ist übrigens ein Sonderfall der rel. Satzverschränkung.
Man kann auch eigene relative Verschränkungen zusammenbasteln, wenn man kreativ ist. Hier einige Eigenversuche:
1.) Amamus musas paradisicas, quas curvas esse scimus.=Wir lieben die Bananen, von denen wir wissen, daß sie krumm sind. (...die, wie wir wissen, krumm sind.)
2.) Vicinus meus, quem idiotam esse puto (arbitror), Latine non loquitur.
=Mein Nachbar, von dem ich glaube, daß er ein Idiot (unwissender Mensch) ist, spricht kein Latein. (was nicht für ihn spricht!)
(...der, wie ich glaube...; geht auch)
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E.


Mittwoch, 3. Oktober 2012

DIE VERPFLEGUNG DES LEGIONÄRS

Mit leerem Bauch kann man nicht Krieg führen.- MARCUS JUNKELMANN ("DIE LEGIONEN DES AUGUSTUS"), der über die Römer nahezu alles weiß, bezeichnet die Verpflegung des Legionärs als ausgezeichnet. So wurden in fast allen Lagern Unmengen von Tierknochen ausgegraben. Es gab sogar Austern! Dies ging allerdings nicht immer gut, wie wir aus einem Brief des TERENTIANUS wissen, dem die Austern schwer im Magen lagen! Beliebt waren vor allem stark gewürzte Speisen. Gekocht wurde in den jew. CONTUBERNIA (Zelt-und Stubengemeinschaften). Jedes CONTUBERNIUM hatte eine Kornmühle, die ein Tragtier transportieren mußte. Aus geschrotetem Getreide wurde ein "köstlicher" Brei namens PULS gekocht. Das übliche Getränk im Dienst war die POSCA (Wasser+saurer Wein=ACETUIM). Es gab sogar regelrechte Bierlieferungen an die Armee.
Die Versorgung mit CIBARIA (Lebensmittel) war Aufgabe der PROCURATORES. Eine LEGIO vertilgte 2100 Tonnen Getreide im Jahr!
Von APICIUS (einem antiken Fresssack; schreibt man dies übrigens mit 2 oder 3 "s"?) gibt es sogar ein tolles Weinrezept für Würzwein (CONDITUM PARADOXUM). GARUM war eine beliebte Würzsauce (vgl. Maggi). Saatweizen hieß übrigens TRITICUM VULGARE und Speck LARIDUM.
Das bekannteste Kochbuch stammt von A. CAELIUS: DE RE COQUINARIA.
Das Weinrezept: 2 l trockener Weißwein mit Harz-500 g Honig-30 g gestoßener schwarzer Pfeffer-10 Lorbeerblätter- 10 g Safran-5 in Wein eingeweichte Datteln-1/2 l Wein und den Honig in Topf vermischen-aufkochen-abschäumen-Pfeffer, Lorbeer, Safran und Datteln (entkernt) hinein-kühl stellen!
Trinken-Sweet dreams!
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E.

Freitag, 28. September 2012

LIBRI BONI (ex bibliotheca mea): Pars prima

-Mika Waltari: Minutus, der Römer (sehr lustig)
-Manda Scott: Boudica (nichts für Leute, die sich mit weiblichen Heldinnen schwer tun)
-Birgit Jaeckel: Die Druidin (noch nicht gelesen)
-Werner Völker: Als die Römer frech geworden...(lustig!)
-Simon Scarrow: Der Zorn des Adlers (spannend)
-ders: Centurio
-Gore Vidal: Julian (liber excellens)
-Robert Browning: Julian (nicht schlecht)
-Nack: Germanien (informativ)
-Iris Kammerer: Varus (liber praestans)
-Wilhelm Leise: Wo Arminius die Römer schlug (gut recherchiert; hat Ahnung; ist wohl jeden Weg abgelaufen!)
-Böcking: Die Römer am Niederrhein und in Norddeutschland (gar trefflich! Römer bei uns!)
-Rudolf Pörtner: Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit (Klassiker! Römer in Germany!)
-ders: Die Erben Roms (Klassiker!)
-ders: Bevor die Römer kamen (Klassiker!)
-Michael Grant: Roms Caesaren (gut!)
-ders: Caesar (auch gut!)
-ders: Nero (item; Nero, zwar grausam, aber immer lustig!)
-Wolf-Dieter von Tippelskirch: Die Stunde der Germanen (Jugendbuch; spannend; stimmungsvoll)
-Gerhard Herm: Die Kelten (sehr informativ)
-Nack/Wagner: Das römische Weltreich (item)
-Stöver: Die Römer (item)
-ders: Der Verrat des Ambiorix (Jugenbuch; amüsant und spannend)
-Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus (brilliant; viele Details)
-Hermann Bengstson: Röm. Geschichte (bis 284 n.)
-Hermann Schreiber: Die Vandalen (informativ)
-ders: Auf den Spuren der Goten (item)
-ders: Wie die Deutschen Christen wurden (item)
-Fischer-Fabian: Die ersten Deutschen (beeindruckendes Buch; geistreich)
-Walter Görlitz: Marc Aurel (ein älteres Werk; gut!)
-Josef Carl Grund: Feuer am Limes (Jugendbuch; packend)
-ders: Gib mir meine Legionen wieder (item)
-Allan Massie: Augustus (a novel) (noch nicht gelesen)
-Robert von Ranke Graves: Ich, Claudius, Kaiser und Gott (geistreich!)
-Felix Dahn: Die Völkerwanderung (Klassiker)
-E.F. Gautier: Geiserich (König der Vandalen) (geistreich)
-Rosemary Sutcliff: Der Adler der neunten Legion (Jugendbuch; nett!)
                              Der silberne Zweig
                              Drachenschiffe drohen am Horizont (Trilogie!)
-Die Römer am Rhein (Sammlung Rheinisches Land): erläutert von Dr. P. La Baume (interessant; Römer vor der Haustür sozusagen)
-Marguerite Yourcenar: Ich zähmte die Wölfin (Die Erinnerungen des Kaisers Hadrian) (gut)
-Stewart Peromne: Hadrian (Sein Leben und seine Zeit) (item; älteres Werk)
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Viel Spaß beim Lesen!

E.



HÖRT DIE WEITEREN WORTE DES M.T.C: DE OFFICIIS

Cui cum multum adulescens discendi causa temporis tribuissem posteaquam honoribus inservire coepi meque totum rei publicae tradidi, tantum erat philosophiae loci, quantum superfuerat amicorum et rei publicae tempori.
=Nachdem ich als junger Mann  viel Zeit für sie investiert hatte(ihr... gewidmet hatte), um (etwas) zu lernen, nachdem ich anfing, politische Ämter zu bekleiden (in den Staatsdienst zu gehen), und nachdem ich mich ganz dem Staat hingegeben hatte, war für Philosophie nur noch soviel Raum, wieviel der Zeit für Freunde und Staat übriggeblieben war.
Id autem omne consumebatur in legendo, scribendi otium non erat.
=Diese aber wurde ganz auf das Lesen verwendet, Muße zum Schreiben gab es nicht.
Maximis igitur in malis hoc tamen boni assecuti videmur, ut ea litteris mandaremus, quae nec erant satis nota nostris et erant cognitione dignissima.
=In den größten Übeln (in der mißlichsten Lage; im Unheil) scheinen wir also dennoch dieses Gute erreicht zu haben, daß wir dies den Schriften anvertrauen (dies schriftlich niederlegen), was unseren Leuten nicht genug (hinreichend) bekannt war und des Kennenlernens besonders würdig war (was unsere Leute nicht genug kannten und was es wert war, erfahren zu werden).
QUID ENIM EST, PER DEOS, OPTABILIUS SAPIENTIA, QUID PRAESTANTIUS, QUID HOMINI MELIUS, QUID HOMINE DIGNIUS?
=Was ist nämlich, bei den Göttern, wünschenswerter als die Weisheit, was hervorragender, was dem Menschen besser, was dem Menschen würdiger?
Hanc igitur qui expetunt, philosophi nominantur, NEC QUICQUAM ALIUD EST PHILOSOPHIA, si interpretari velis, PRAETER STUDIUM SAPIENTIAE.
=Daher werden diejenigen, die nach ihr streben, Philosophen genannt, und nichts anderes ist die Philosophie, wenn du es so auslegen möchtest, als das Streben nach Weisheit (außer das Studium der Weisheit).
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Friedrich der Große nannte "De officiis" das beste Buch über "Moral"!
Vorlage: PANAITIOS: ÜBER DAS ANGEMESSENE (PERI TOU KATHEKONTOS; 3 Bücher)
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Übersetzung:
 by EREC (the Latin master; there can be only one!)
DER GEBRAUCH VON "UT":
1.) INDIKATIV:
-wie; ut-ita: ut comparativum: Ut sementem feceris, ita metes.
-zwar-aber: ut adversativum: Ut laboravisti, ita nihil perfecisti (für einige meiner Schüler gilt Bedingung 1 auch nicht; E.)
-wie (? besser: da): ut causale: Ut es prudens, parebis.
-als: vergleichend, begründend, einschränkend: Errare possum ut homo.
-sobald mit Ind. Perf.: ut temporale: Ut (primum) id audivit, profectus est.
2.) KONJUNKTIV:
-daß/Inf. mit "zu": Begehrsatz, Verneinung: ne: Moneo vos, ut attenti sitis.
-daß nicht: nach Verben des Fürchtens: Timeo, ut veniatis (=ne non)
-damit/ Inf. mit "um zu": Finalsatz: Edimus, ut vivamus.
-so daß: Konsekutivsatz; Vernein.: non: Tam attentus es, ut iure lauderis (Nicht meine Schüler! Erec.)
-ohne daß; ohne zu: bei verneintem übergeordnetem Satz (ut non= oft: quin): Hoc legere non possum, ut non de te cogitem.
("wie sollte ich nicht an dich denken"; E.)
-angenommen daß; wenn auch: ut concessivum: Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas.
-wie: im indirekten Fragesatz: Ut res se habeat, demonstrabo.
-nämlich daß/ Infinitiv mit "zu": erläuternder ut-Satz: Primum iustitiae munus est, ut ne cui quis noceat.
(Vergleiche das "neminem laede!" E.)
-als ob; wie wenn: ut si: ut fictivum: Aegyptii canem colebant, ut si deus esset (freut die Hunde!).
(Gefunden auf einer alten Fotokopie in einem alten Lateinbuch. Autor unbekannt, vermutlich schon tot.)
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E.

Donnerstag, 27. September 2012

HÖRT DIE WORTE DES MARCUS TULLIUS! (CICERO: DE OFF.; FORTSETZUNG):
Atque utinam res publica stetisset quo coeperat statu nec in homines non tam commutandarum quam evertendarum rerum cupidos incidisset!
=Und wäre doch der Staat in dem Zustand, in dem er begonnen hatte (im ursprünglichen Zustand), dagestanden (bestehengeblieben; geblieben; hätte doch der Staat...weiterexistiert) und wäre er doch nicht in in die Hände von Menschen gefallen (an Menschen geraten), die nicht so sehr auf Veränderung als auf Umsturz der politischen Verhältnisse aus waren (die begierig waren, nicht so sehr die Dinge zu ändern...)!
Primum enim, ut stante re publica facere solebamus, in agendo plus quam in scribendo operae poneremus, deinde ipsis scriptis non ea, quae nunc, sed actiones nostras mandaremus, ut saepe fecimus.
=Zuerst nämlich würden wir, wie wir es gewohnt waren zu tun (wie wir es gewöhnlich machten), als der Staat noch existierte (Bestand hatte, bestand), mehr Mühe (Arbeit) auf politische Tätigkeit (polit. Reden) als auf das Schreiben (literarische, schriftstellerische Tätigkeit) verlegen (aufwenden, verwenden), darauf würden wir gerade diesen Schriften nicht das Jetzige anvertrauen (nicht das anvertrauen, was wir ihnen jetzt anvertrauen), sondern unsere politischen Reden (Handlungen; Tätigkeiten), wie wir es oft taten (machten).
Cum autem res publica, in qua omnis mea cura, cogitatio, opera poni solebat, nulla esset omnino, illae scilicet litterae conticuerunt forenses et senatoriae.
=Als (weil; nachdem) aber die Respublica, auf die all meine Sorge, mein Denken und meine Arbeit (Mühe) gewohnt war gelegt zu werden (gewöhnlich gerichtet war), ganz und gar aufhörte eine solche zu sein (überhaupt keine mehr war), da schwiegen (verstummten) natürlich (freilich) die (meine) Worte auf dem Forum und im Senat.
Nihil agere autem cum animus non posset, in his studiis ab initio versatus aetatis existimavi honestissime moletias posse deponi, si me ad philosophiam retulissem.
=Weil aber mein Geist nicht nichts tun konnte und weil ich mich vom Anfang des Lebens an bei diesen Studien aufhielt (verweilte), glaubte ich, daß  auf ehrenvollste Weise diese Verbitterung (Kümmernisse) abgelegt werden kann (können), wenn ich mich zur Philosophie zurückgezogen hätte (meine Zuflucht zur Philosohie genommen hätte).
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Übersetzung by Erec (master of all Latin)