Murmillo-Archiv

Sonntag, 29. September 2013

SENECA: EPISTULA 28: 9-10 (EPISTULAE FINIS)

Tempus est desinere (Es ist Zeit, aufzuhören), sed si prius (aber wenn vorher) portorium solvero (ich Wegezoll gezahlt habe). 'Initium est salutis' (Der Anfang des Heils ist; der Rettung ist) notitia peccati (die Erkenntnis des Fehlers; der Verfehlung; der Fehlerhaftigkeit). Egregie (Großartig) mihi hoc dixisse videtur Epicurus (scheint mir dies Epikur gesagt zu haben); nam qui (denn wer) peccare se nescit (nicht weiß, daß er Fehler macht), corrigi non vult (will nicht korrigiert werden; verbessert werden); deprehendas te oportet (es ist nötig, daß Du Dich begreifts; wahrnimmst; auch: ergreifst), antequam emendes (bevor Du Dich verbesserst). Quidam vitiis gloriantur (Einige rühmen sich ihrer Fehler): tu existimas (glaubst Du) aliquid de remedio cogitare (daß die "irgendwas" (irgendwie) über das Heilmittel nachdenken; an das...denken), qui mala sua (die ihre Laster; Fehler) virtutum loco numerant (anstelle der/ statt der Tugenden aufzählen; unter die Tugenden rechnen)? Ideo (Daher) quantum potes (wieviel Du kannst) te ipse coargue (beschuldige Dich selbst), inquire in te (führe gegen Dich eine Untersuchung durch); accusatoris primum partibus fungere (übe zuerst die Rolle des Anklägers aus), deinde iudicis (darauf die des Richters), novissime deprecatoris (endlich; zuletzt die des Fürsprechers); aliquando (irgendeinmal; endlich; manchmal; bisweilen;) te offende (packe Dich doch einmal rücksichtslos an). Vale (Lebe wohl).
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1.) Selbsterkenntnis als Voraussetzung zur Besserung (Epikur)
2.) wer sich dieser verschließt, will gar keine Besserung
3.) manche geben sogar mit ihren Lastern an!=mali (Antithese zu den "boni")
4.) um nicht genauso zu werden: geistige Selbsterforschung und Härte gegen sich selbst; man steht bei sich selber vor Gericht! (Bild)
(Dies klingt fast schon nach christlichen Exerzitien, Kasteiung und Gewissenserforschung (scrutatio). Man könnte sagen, Seneca nimmt hier an Lucilius eine Art "correctio fraterna" vor. Seneca gilt übrigens als  hochgradig "moralinsauer". Ohne Zweifel: Seneca ist ein Moraltrompeter. Was Wunder, wenn sein Zögling, (der junge) Nero, schreiend davonlief und lieber Parties feierte!)
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R.

SENECA: EPISTULAE MORALES 28, 7-8:

Dissentio ab his (Ich stimme mit diesen nicht überein; weiche von ihnen ab), qui in fluctus medios eunt (die mitten in den Fluß gehen) et tumultuosam probantes vitam (ein unruhiges; ein bewegtes Leben billigend; gutheißend; indem sie...) cotidie cum difficultatibus (täglich mit den Schwierigkeiten der Dinge; Verhältnisse) magno animo conluctantur (mit großem Mut kämpfen). Sapiens feret ista (Der Weise wird diese ertragen), non eliget (doch er wird sie nicht aufsuchen; für sich auswählen), et malet (und er wird lieber wollen; vorziehen) in pace esse (in Friede zu sein; zu leben) quam in pugna (als im Kampf);
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Halt! Langsam! Hier widerspricht sich unser Philosoph ein wenig, denn er lehrt: VIVERE EST MILITARE!=Leben ist Kriegsdienst tun.
Ich fasse zusammen:
Der "Sapiens" tut folgendes:
1.) er meidet das bewegte Leben wegen der "tranquilitas animi"; er strebt nach der "vita contemplativa"; er ist "Kontemplatiker"
2.) er erträgt die Übel des Seins (Dieser Ansatz ist geradezu christlich! Nicht umsonst wurde Seneca eine gewisse Nähe zum Christentum nachgesagt. Es gab sogar einen apokryphen Briefwechsel mit dem Apostel Paulus, eine "pia fraus ad maiorem Dei gloriam". Was man nicht alles tut, um an die Macht zu kommen!)
3.) der Weise kämpft nicht gerne (außer gegen die Laster) und zieht den Frieden vor; er ist also Pazifist
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Schon geht's weiter (Lieblingsspruch meines Professors H. Walter; Uni Mannheim):
non multum prodest (es hilft nicht viel; nützt nicht viel) vitia sua proiecisse (seine eigenen Fehler von sich geworfen zu haben; weg-, abgeworfen zu haben), si cum alienis (wenn mit fremden) rixandum est (zu kämpfen ist; gekämpft werden muß). 'Triginta' inquit 'tyranni (30 Tyrannen, sagst Du; sagt man) Socraten circumsteterunt (umstanden den Sokrates) nec potuerunt (und konnten nicht; vermochten es nicht) animum eius infringere' (seinen Geist zu brechen). Quid interest (Was liegt daran; was kommt es darauf an; was ist daran gelegen), quot domini sint (wie viele Herren es sind)? servitus una est (die Knechtschaft ist nur eine). hanc qui contempsit (wer diese/ sie verachtet), in quantalibet turba dominantium liber est (ist (auch) in einer beliebig großen Menge von Gewaltherrschern frei; in einer noch so großen; wie groß sie auch sei).
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Also:
Der Stoicus läßt sich von schlechten Verhältnissen nicht "unterkriegen". Beispiel und Vorbild: Sokrates. Dieser bewahrte unter den Tyrannen seine geistige Freiheit.
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Hehre Ziele und Ideale!
Das Ganze hat aber leider einen kleinen Haken: Das stoische Ideal des weltfernen Weisen läßt sich nur schwer oder kaum verwirklichen (außerdem viel zu anstrengend). Der hohe moralische Anspruch der Stoa hat viele abgeschreckt. Besonders die, die sowieso keine Moral haben (und das sind, wie man weiß, nicht gerade wenige!). Kein Wunder, daß die "Normalos" zu dem Christen hingerannt sind. Insofern hat Seneca der christlichen Sekte ungewollt zugearbeitet, indem er die moralische Meßlatte ein wenig zu hoch gelegt hat.
Da sieht man mal wieder, wohin Rigorismus führt.-
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R.


Donnerstag, 26. September 2013

C. VELLEIUS PATERCULUS: II, 117ff. (TEIL 3): DER CHARAKTER DES ARMINIUS

Tum iuvenis genere nobilis (Da; dann ein junger Mann, von Geburt vornehm), manu fortis ("durch die Hand" tapfer=von persönlicher Tapferkeit), sensu celer (durch Auffassung; Verstand schnell), ultra barbarum promptus ingenio (entschlossen durch die Begabung jenseits der barbarischen; die jenseits der barbarischen liegt; der eines Barbaren liegt), nomine Arminius (mit Namen; namens Arminius), Sigimeri principis gentis eius filius (der Sohn des Segimer, eines Fürsen dieses Stammes), ardorem animi vultu ("das Feuer"; die Leidenschaft seines Geistes im Gesichtsausdruck; in der Miene) oculisque praeferens (und in den Augen an den Tag legend; zeigend), assiduus militiae nostrae prioris comes (ein ständiger Begleiter unseres früheren Feldzugs), iure etiam civitatis Romanae (durch das Recht des römischen Staates sogar) decus equestris consequens gradus (die Würde des ritterlichen Ranges (Standes) erlangt habend), segnitia ducis (die Langsamkeit des Anführers) in occasionem sceleris usus est (benutzte er zur Gelegenheit seines Verbrechens; Frevels), haud imprudenter speculatus (nicht unklug beobachtend; erkennend) neminem celerius opprimi (niemand könne schneller überwältigt werden; bezwungen werden), quam qui (als der) nihil timeret (nichts befürchtete; ahnte), et frequentissimum initium esse calamitatis securitatem (und daß der häufigste Anfang des Unglücks die Sorglosigkeit sei).
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VELLEIUS (geb. ca. 20 v.) war Reiteroffizier (also Mann vom Fach!). Er schrieb 29 n. einen Bericht über die Schlacht. VELLEIUS kannte ARMINIUS persönlich. Seine Schriften sind allerdings tendenziös. VELLEIUS ist ein großer Verehrer des TIBERIUS. Dennoch ist seine Schrift eine gute Quelle, da er Zeitgenosse war.
Über ARMINIUS schreibt er voller Hochachtung, VARUS hingegen bekommt "sein Fett ab". War er gar neidisch, daß VARUS commander-in-chief wurde?
ASPRENAS, der Neffe des VARUS und Befehlshaber der restlichen zwei Legionen der Rheinarmee, wird ausdrücklich gelobt, um dann gleich wieder getadelt zu werden. ASPRENAS habe sich am Nachlaß des Onkels bereichert. Insofern hat er die Familientradition der Selbstbereicherung munter fortgesetzt!
Zur Textüberlieferung: Der Text ist teilweise unsicher und lückenhaft, muß daher aus anderen Quellen ergänzt werden.
Handschrift: Kloster Murnau, Elsaß.
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Der VELLEIUS hat mich aber schön dargestellt, obwohl er ein Feind ist! Überaus treffend! So etwas liest man gerne von sich. Tolle Presse! Dem alten VARUS hat er's nochmal richtig gegeben! Auch sein Neffe, der mit dem komischen Namen, hat trotz anfänglichem Lob "eins drauf bekommen". Wie der Alte, so der Junge. Eine geldgierige Sippschaft.
ARMINIUS
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QUELLE: WERNER VÖLKER: ALS DIE RÖMER FRECH GEWORDEN...DIE SCHLACHT IM TEUTOBURGER WALD (WAGENBACHS TASCHENBÜCHEREI), BERLIN 1981, S. 24 ff.

Mittwoch, 25. September 2013

C. VELLEIUS PATERCULUS: II, 117-119 (TEIL 2): WESEN DER GERMANEN

At illi (Doch jene), quod nisi expertus (was, wenn nicht erfahren habend; wenn man es nicht erfahren hat) vix credat (man kaum glauben könnte), in summa feritate (in; bei größter Wildheit) versutissimi (äußerst verschlagen; schlau; gerissen) natumque mendacio genus (ein Geschlecht; Volk, geboren für die Lüge; zum Lügen; zur Täuschung), simulantes fictas litium series (vortäuschend eine Reihe erfundener Rechtshändel; sie täuschten...vor; indem sie...) et nunc provocantes (und bald auffordernd; "einladend"; herausforderten) alter alterum in iurgia (der eine den anderen zu Streitereien; gegenseitig zu Rechtsstreiten), nunc agentes gratias (bald Dank abstattend; sagten), quod ea Romana iustitia (daß diese=die juristischen Streitereien die römische Rechtspflege) finiret (beenden würde) feritasque sua (und daß ihre Wildheit) novitate incognitae disciplinae (durch die Neuartigkeit der unbekannten Einrichtung) mitesceret (milder würde; nachließe) et solita armis discerni (und die Gewohnheiten, daß durch Waffen entschieden wird) iure terminarentur (durch Recht beendet würden), in summam socordiam perduxere Quintilium (führten sie den Quintilius zu höchster Sorglosigkeit hin; verleiteten sie ihn), usque eo (bis dahin; bis zu dem Punkt), ut (daß) se praetorem urbanum (daß er als städtischer Prätor; d.h. in Rom) in foro ius dicere (auf dem Marktplatz Recht spreche), non in mediis Germaniae finibus (und nicht mitten im Gebiet Germaniens) exercitui praeesse (dem Heer voranstehe) crederet (er glaubte; wähnte).
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Die Germanen wußten, wie man den eitlen und naiven VARUS "kriegt". Durch fingierte Rechtsfälle. Einen größeren Gefallen hätten die ihm, glaube ich, nicht tun können. Sie gaben ihm seine Prozesse, wie man einem Hund Knochen hinwirft. Da konnte der selbstherrliche VARUS im germanischen Wald den Richter spielen. Ich glaube, so mancher hat sich dabei hinter vorgehaltener Hand kaputtgelacht. Leider wurde es bisweilen ernst, und VARUS verhängte drastische Strafen. Das war dann kein Spiel mehr. So entstehen Aufstände!
Besonders lustig sind die schmierigen Komplimente (alle im Konjunktiv der fremden Meinung=obliquus): Vielen Dank für die römische Justiz und dafür, daß ihr unsere "Wildheit" abgemildert (abgeschwächt) habt und uns von der barbarischen Sitte abgebracht (befreit) habt, alles mit der Waffe in der Hand zu regeln.
Darauf haben wir schon immer gewartet.
In Wirklichkeit tickten die Germanen ganz anders. Sie liebten den Streit und den Kampf, hielten nicht viel von Vorschriften (und schon gar nicht von römischen) und lösten Probleme gern mit der Waffe. Gewalt ist keine Lösung. Nicht so für die Germanen. Für sie war es eine!
VARUS wurde also nach allen Regeln der Kunst um den Finger gewickelt und in Sorglosigkeit gewiegt. Auf dem Rückmarsch zum Rhein irrte er "wie Falschgeld" in der germanischen Geographie umher und wurde von seinem "Freund" ARMINIUS sprichwörtlich im Regen stehen lassen. Wie es ausging, lernte früher jedes Schulkind. Wer kennt nicht die berühmten Worte des TACITUS: "Haud procul Teutoburgiensi saltu"=nicht fern vom Teutoburger Wald; unweit des Teutoburger Waldes; also ganz in der Nähe davon.
So war das damals.
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Euer ARMINIUS






Dienstag, 24. September 2013


C. VELLEIUS PATERCULUS: HISTORIA ROMANA II, 117: DER CHARAKTER DES QUINCTILIUS VARUS

Funestae ex Germania epistulae (Die unheilvollen Briefe aus Germanien; Unheilsbriefe) caesi Vari (des ermordeten Varus; von der Ermordung des V.) trucidatarumque legionum trium (und dreier niedergemetzelter Legionen) totidemque alarum (und ebensovieler Reiterabteilungen; Reitergeschwader) et sex cohortium (und von 6 Kohorten) nuntium attulerunt (brachten die Botschaft; Nachricht).
VARUS QUINCTILIUS (Quinctilius Varus) illustri magis quam nobili ortus familiae ( aus einer mehr/ eher bekannten als vornehmen Familie stammend), vir ingenio mitis (ein Mann sanft von Gemütsart; von mildem Charakter; von weichem Wesen), moribus quietus (von seinem Wesen her ruhig; von ruhiger Art), ut corpore, ita animo immobilior (wie durch den Körper; vom Körper her; so im Geist ziemlich/ recht unbeweglich; träge), otio magis castrorum (mehr an die Muße im Lager; das Nichtstun) quam bellicae assuetus militiae (als an die den kriegerischen Miltärdienst gewöhnt; Kriegsdienst), pecuniae vero quam non contemptor (wie sehr dieser kein Verächter des Geldes war), Syria (Syrien), cui praefuerat (dem er vorangestanden war; dessen Statthalter er war), declaravit (zeigte; offenbarte; Subjekt: Syria), quam pauper divitem ingressus (welches reiche er arm betretend; welche reiche Provinz er als armer Mann betrat) dives pauperem reliquit (reich als arme Provinz verließ; als reicher Mann arm verließ; zurückließ). Is cum exercitui (Als er dem Heer), qui erat in Germania (das sich in Germanien befand), praeesset (voranstand; als er das Heer kommandierte), concepit (stellte er sich vor; bildete er sich ein; bildete er sich die Meinung; machte er sich ein Konzept) esse homines (sie=die Germanen seien Menschen), qui nihil (die nichts) praeter vocemque membraque (die Stimme und die Glieder) haberent hominum (von Menschen (an sich) hätten), quique (und die; und daß diejenigen, die) gladiis domari non poterant (durch die Schwerter (das Schwert) nicht "gezähmt"/ bezwungen werden konnten), posse iure mulceri (durch das Recht (Gesetz) "besänftigt"/ gefügig gemacht werden könnten. Quo proposito (Mit diesem Vorsatz) mediam ingressus Germaniam (mitten nach Germanien hineingehend; eindringend; als er...; drang er ein und...) velut inter viros pacis gaudentis dulcedine (wie unter Männern, sich freuend an der Süße (Reiz) des Friedens; die sich...freuen) iurisdictionibus agendoque pro tribunali ordine (durch Rechtssprechungen und durch das Schaffen der Ordnung; um Ordnung zu schaffen auf erhöhtem Platz; vorn auf der Tribüne; auch: anstelle eines Gerichts) trahebat aestiva (zog er das Sommerlager in die Länge).
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P. Quinctilius Varus: niedergermanischer Statthalter des Kaiser AUGUSTUS; Nachfolger des Drusus und Tiberius; sicherte mit der 17., 18. und 19. Legion die Rheingrenze (zumindest versuchte er es)
immobilis=schwerfällig (Varus war ein wenig "langsam"; also nicht gerade von der schnellen Truppe)
ordinem agere=Ordnung schaffen
pro tribunali=auf dem erhöhten Platz (für die sella curulis; darauf nahm der Statthalter Platz, wenn er Recht sprach...oder was er dafür hielt)
trahere=(unnötig) in die Länge ziehen; vertrödeln; hierin zeigt sich wiederum seine langsame Art, die von VELLEIUS kritisiert wird; dieser sieht im Carakter des VARUS einen gewichtigen Grund für die Katastrophe im Teutoburger Wald!)
aestiva=aestiva castra=Sommerlager
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Syrien: Als armer Mann betrat er eine reiche Provinz und als reicher Mann verließ er eine arme (Wortspiel und Chiasmus; Varus wußte, wie man eine Provinz "erfolgreich verwaltet".). Der Soldat und Offizier VELLEIUS kritisiert hier die Raffgier des VARUS, die ihm zutiefst zuwider ist. Als "vir vere Romanus" hat er für VARUS nur Verachtung übrig!- An anderer Stelle heißt es ironisch, VARUS sei nicht gerade ein Verächter des Geldes gewesen.
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VELLEIUS macht VARUS insgesamt diese Vorwürfe:
1.) nicht gerade aus bester Familie stammend
2.) weicher Charakter
3.) geistig wie körperlich unbeweglich (ein Fettsack?); liebt eher das Nichtstun als den Kriegsdienst (kein Mann der Tat)
4.) Varus ist geldgeil (avaritia)
5.) Ausbeutung einer Provinz; maßlose Bereicherung (korrupter Charakter)
6.) Varus hat seltsame Vorstellungen: So glaubt er, die Germanen seien gar keine richtigen Menschen.
7.) Varus hat Realitätsverlust bzw. eine verzerrte Wahrnehmung: Er glaubt allen Ernstes, die Germanen könnten durch das römische Recht bezwungen werden. Eine fixe Idee!
8.) Varus ist eitel: Mitten in Germanien spielt er den Gerichtsherren (Prozeßsucht!)
9.) Varus hat kein Einfühlungsvermögen. Er merkt nicht, wie er die Germanen gegen sich aufbringt. Instinktlosigkeit.
10.) Varus ist naiv und glaubt, die Germanen hätten nur auf ihn und seine Gesetze gewartet (s. auch Punkt 6). Dabei hatten die Germanen eigene Gesetze und Bräuche!
11.) Varus verliert wichtige Zeit bei der Rechtssprechung, die ihm fehlen wird. Er zieht so das Sommerlager unnötig in die Länge. (Kritik am ganzen Management des Varus).
Ergebnis: VELLEIUS hält VARUS für einen unfähigen, trägen Sack!
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C. VELLEIUS PATERCULUS war höherer Offizier und diente unter TIBERIUS, den er bewunderte. Er war also "vom Fach". In den Jahren 4-11 n. nahm er an dessen Feldzügen in Germanien und Pannonien teil.
VELLEIUS schrieb eine zweibändige HISTORIA ROMANA (von der Eroberung Trojas bis auf seine Zeit).
Seine Quellen waren: LIVIUS, CORNELIUS NEPOS u.a. Allerdings trieb er keine allzutiefen Studien. Hatte wohl keine Zeit dafür und mußte Krieg führen.
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Euer ARMINIUS

Montag, 23. September 2013

INTERNETFERNSEHEN

Mit der immer weiteren Verlagerung der Kommunikation auf das Internet hat selbstredend auch das Internet-Fernsehen immer mehr Zulauf bekommen. Dafür gibt es viele Beispiele.
Neben den vielen Kleinversuchen einiger Privatpersonen haben sich auch diverse semiprofessionelle und professionelle Angebote etabliert. 


GIGA

GIGA-Logo2013.png
GIGA (anfangs auch NBC GIGA) war ein deutscher Spartensender, dessen Programm später eingestellt wurde, dann aber noch in reduziertem Modus über Internet zu empfangen war. 
Das Programm konzentrierte sich anfangs auf Themen, die Jugendliche interessieren, wie Beziehungen, Schule, Hobbies, Politik und natürlich Computer. Später konzentrierte man sich stärker auf Videospiele.
Das Neue an GIGA in der Anfangszeit war, dass man sich interaktiv an dem Programm beteiligen konnte. Bis heute wurde dieses Konzept allerdings vielfach kopiert. Der frühere Name NBC GIGA kam daher, dass das Programm zuerst über NBC Europe lief. 
GIGA setzte in seiner Zeit neue Massstäbe. Das geschah nicht nur durch die Interaktivität und das eigenwillige Studiodesign mit dem grossen G, sondern auch durch die spontane Art der Moderatoren, die allerdings manchmal als "Berufsjugendlichkeit" kritisiert wurde. Das Programm konnte über mehrere Stunden führen, ohne in seinen einzelnen Abschnitten jeweils klar abgegrenzt zu sein. Wenn man aber ein bestimmtes Thema konsumieren wollte, war die Informationsmasse etwas umfangreich und unübersichtlich. Einige der Moderatoren der ersten Stunde erlangten Kultstatus und konnten später ihre Karriere in anderen Fernsehsendern fortsetzen. 
Bekannte Moderatoren der Anfangszeit waren Jochen Dominicus, Uta Fußangel, Kerstin Linnartz, Miriam Pielhau, Tom Westerholt, Emily Whigham und George Zaal. 
Geschäftlich federführend war die ECONA Internet AG. Gesendet wurde ab 1998 auf verschiedenen Kanälen und unter unterschiedlichen Konzeptionen. Ursache waren verschiedene Übernahmen und Wechsel der Kabelfrequenzen. Giga war zuerst von NBC Europe und dann mit NBC Universal abhängig und musste sich mit Das Vierte koordinieren. Sendeschluss war 2009 als TV-Format und 2012 als Web-TV-Format. 


EHRENSENF 

Ehrensenf - (extra scharf) war eine Internet-Fernsehsendung von www.ehrensenf.de, die auch über Spiegel Online Bekanntheit erlangte. Ehrensenf ist ein Anagramm auf Fernsehen. Die Sendung lief von 2005 bis 2011 und verarbeitete Themen des WWW. Die einzelnen Folgen dauerten nur wenige minuten und wurden meistens werktäglich ausgestrahlt. Zuletzt wurden die Folgen aber immer mehr ausgedünnt. Ein Vorbild von Ehrensenf soll die US-Sendung Rocketboom (2004) gewesen sein.   
Ehrensenf brachte viele Moderatoren hervor. Besonders bekannt sind Katrin Bauerfeind, Christine Henning, Mark Freuer, Jeannine Michaelsen und Mark Ampaw. 
Das Format erschien auch kurzzeitig via e.clips (Pay-TV) im deutschen Fernsehen. 


STÖRSENDER.tv 

Störsender.tv präsentiert seit 2013 ungefähr alle zwei Wochen ein Videomagazin (< 1 Stunde), das zeitkritische Themen bietet. Das Konzept dieses Internetmagazins stammt von Stefan Hanitzsch (Sohn v. Dieter Hanitzsch) und stellt Dieter Hildebrandt und andere bekannte Kabarettisten in den Vordergrund. 
Darunter sind auch Frank-Markus Barwasser ("Erwin Pelzig"), Urban Priol und Konstantin Wecker

Störsender.tv sieht sich als Crossover-Medium zwischen Kaberett, Journalismus und Sozialkritik. Die Sendungen werden auch auf Youtube und Vimeo verbreitet. 


Die Kritik war deshalb auch eher positiv. Besonderes Lob kam von Deutschlandradio Kultur. Einige Presseerzeugnisse kritisierten aber, dass der Störsender nicht genug störe, also subversiv sei. 


TYT 

The Young Turks ist eine US-amerikanische Nachrichten-Talkshow, die wöchentäglich ungefähr zwei oder drei Stunden über das Internet, bis 2010 auch im Radio und seit Ende 2011 auch über Current TV verbreitet/gesendet wird. Das Hauptstudio ist in Los Angeles. 

Die Show wurde von Cenk Uygur, der aus der Türkei stammte, zusammen mit Freunden konzipiert und moderiert. Der Name kommt von der Bewegung der Jungtürken, die in der türkischen Geschichte (Osmanisches Reich) eine wichtige Rolle spielten und steht gleichzeitig für ein jung-rebellisch-progressives Auftreten. 
Die Ausrichtung von TYT ist dementsprechend progressiv, also linksliberal und steht dem linken Flügel der amerikanischen Demokraten nahe. Im Zentrum der Show(s) stehen politische Themen, aber auch zeitgemässe Unterhaltung. Am Ende steht manchmal ein kostenpflichtiges Postgame-Segment. 

TYT sieht sich als Crossover-Medium und ist dementsprechend auf verschiedenen Wegen zu empfangen. Seit Ende 2011 steht dafür auch Current TV als Medium zur Verfügung. Cenk Uygur hat gute Kontakte zu Al Gore. 


POPTRIGGER


PopTrigger ist eine Onlinesendung des TYTNetwork. Sie wird von Samantha Schacher moderiert in einer Gesprächsrunde mit Bree Essrig, Brett Erlich und anderen Journalisten. 
PopTrigger erscheint ungefähr halbwöchentlich und beschäftigt sich mit Themen aus dem Showbusiness und der Populärkultur. Die Sendungen dauern nur wenige Minuten.
Berühmt ist die Eröffnung, in der die Moderatorin "5 words or less" als Gedanken zum Thema verlangt. Die anderen Gesprächsteilnehmer albern dabei gerne herum oder 'bescheissen' bei der Wortzahl. 
Am 1. April kann es auch zu absichtlichen Falschmeldungen kommen. 

Die Sendung kann u. a. über Youtube empfangen werden. Es gibt aber auch viele andere Möglichkeiten der Interaktion (z. B. Social Media).

Sonntag, 22. September 2013

SENECA: EPISTULA 28, 5-6: WECHSEL DES AUFENTHALTSORTES

Quod si liqueret tibi (Wenn Dir dies klar wäre), non admirareris (würdest Du dich nicht wundern) nil adiuvari te (daß Dir nicht geholfen wird) regionum varietatibus (durch die Wechsel der Gegenden; daß der...nichts nützt), in quas (in die) subinde (nacheinander) priorum taedio migras (Du durch (aus; aufgrund von) Überdruß der früheren (Gegenden) wanderst); prima enim quaeque ("jede erste"; erg: Gegend; gerade die erste; die erste beste; Kröner) placuisset (hätte (Dir) gefallen), si omnem tuam crederes (wenn Du glauben würdest, daß jede deine (Region) ist). Nunc non peregrinaris (Jetzt reist Du nicht), sed irras (sondern Du irrst  herum; umher) et ageris (und wirst getrieben; treibst Dich rum) ac locum ex loco mutas (und wechselst Ort mit Ort), cum illud (da jenes) quod quaeris (was Du suchst), bene vivere (das Gut-Leben; gute Leben) omni loco positum sit (an jedem Ort "hingestellt" ist; d.h. zu finden ist). Num quid tam turbidum fieri potest (Kann etwa irgendwas so unruhig sein) quam forum (wie der Marktplatz)? Ibi quoque licet (Auch dort ist es erlaubt; mag es sein; kann man) quiete vivere (ruhig zu leben), si necesse est (wenn es nötig ist; wenn nötig). Sed si liceat (Doch wenn es erlaubt ist; falls man kann) disponere se ("sich anzuordnen"; durch sich zu bestimmen; über sich (selbst) zu bestimmen; zu verfügen), conspectum quoque (auch den Anblick; den bloßen Anblick; allein schon dem Anblick) et viciniam fori (und die/ der Nachbarschaft des Marktplatzes; Nähe) procul fugiam (werde ich weit entfliehen; ich werde also einen großen Bogen darum machen); nam ut loca gravia (denn wie eine ungesunde Gegend) etiam firmissimam valetudinem temptant (auch/ sogar die stärkste Gesundheit angreift; schädigt; schädigen kann), ita bonae quoque menti (so auch einem festen Gemüt; so auch für ein Gemüt, das sich in gutem Zustand befindet) necdum adhuc perfectae (und für ein noch nicht bisjetzt (bisher) vollkommenes; für ein gutes und/ allerdings noch nicht vollkommenes) et convalescenti (und gesundendes) sunt aliqua parum salubria (gibt es irgendwelche (zu) wenig heilsamen Orte; bezogen auf "loca").
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Das "bene vivere" ist fast überall zu finden. UBI BENE, IBI PATRIA! Selbst an einem Ort voller Lärm (wie dem Forum), läßt sich der wahre Philosoph seine "tranquilitas animi" nicht nehmen. Natürlich ist es besser, man macht um solche Orte einen weiten Bogen. Der Philosoph liebt ja die Einsamkeit und geht dem Getriebe dieser Welt weitgehend aus dem Weg.
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Werdet Stoiker!
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R.

Donnerstag, 19. September 2013

20.000 Klicks - Gratulation!

SENECA: EPISTULA 28, 3-4

Talem nunc esse habitum (Daß Deine Verfassung nun eine solche sei; Dein Zustand; Deine Haltung) cogita (bedenke; denke Dir Deinen Zustand als solchen (=so); Kröner), qualem (als welchen; wie) Vergilius noster (unser Vergil) vatis inducit (ihn einführt als den einer Seherin; Prophetin) iam concitatae et instigatae (einer schon erregten und angestachelten; die schon...) multumque habentis (und einer viel habenden; die viel hat) in se (in sich) spiritus non sui (nicht ihres eigenen Geistes; d. h. sie ist erfüllt von etwas Fremden): bachatur vates (es rast; tobt; schwärmt die Seherin; sie ist verrückt), magnum si (wenn; als ob sie den großen) pectore (aus dem Herzen; "Brust"; Inneren) possit excussisse (verjagen könne; abschütteln könne) deum (Gott; hierauf bezogen: "magnum"). Vadis huic illuc (Du gehst hierhin und dorthin; wandelst), ut excutias (damit du abschüttelst; loswirst; um abzuschütteln) insidens pondus (die "darauf sitzende" Last; d.h. die Last, die Dir auf der Seele liegt), quod (die) ipsa iactatione (gerade durch dieses Umhergetriebensein) incommodius fit (immer belastender wird; quälender), sicut in nave (so wie in einem Schiff) onera immota (unbewegte Lasten: also die nicht hin-und herrutschen) minus urgent (weniger Druck erzeugen; ausüben), inaequaliter convoluta (ungleichmäßig umhergerollte; wenn sie...) citius eam partem (schneller diesen Teil), in quam incubuere (gegen den sie "sich hinlegen"; sich lehnen; liegen; lasten; K.), demergunt (versenken; Subjekt sind die "onera inaequaliter convoluta"). Quidquid facis (Was Du auch tust; alles, was...), contra te facis (tust Du gegen Dich) et moto ipso (und gerade (ausgerechnet) durch die Bewegung) noces tibi (schadest Du Dir); aegrum enim concutis (einen Kranken rüttelst Du nämlich auf). At cum (Aber wenn; doch wenn) istuc (dorhin) exemeris malum (das Übel weggenommen haben wirst=beseitigt hast; entfernst), omnis mutaio loci (jeder Ortswechsel) iucunda fiet (wird angenehm werden); in ultimas expellaris terras (daß Du in die äußersten=entlegensten Länder getrieben=verschlagen wirst; K.) licebit (wird erlaubt sein=magst Du auch...werden), in quolibet barbariae angulo conloceris (daß Du in jeden beliebigen Winkel des Barbarenlandes hingestellt wirst; Dich ansiedelst (ebenso)), hospitalis (gastlich) tibi (Dir; für Dich) illa qualiscumque sedes erit (wird jener wie auch immer beschaffene (geartete) Aufenthaltsort werden; Wohnsitz). Magis quis veneris quam quo (Mehr als welcher/ wer Du gekommen bist als wohin), interest (ist von Bedeutung), et ideo (und daher) nulli loco addicere (keinem Ort zusprechen; uns zu eigen geben; d.h. an keinen Ort hängen; K.) debemus animum (dürfen; sollen wir das/ unser Herz hängen).Cum hac persuasione (Mit dieser Überzeugung) vivendum est (muß man leben; muß gelebt werden): 'non sum (ich bin nicht) uni angulo natus (für einen einzigen Winkel geboren), patria mea (meine Heimat; Vaterland) totus hic mundus est (ist diese ganze Welt).
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Das Vergilzitat ist aus der AENEIS, Buch VI, 78 ff. (wer es nachschlagen möchte).
bacchari=verrückt sein (die Priesterin befindet sich in einer Art "ek-stasis" (wörtl. "Aus-sich-Herausstehen"; Außersichgeraten; Zustand religiöser Verzückung (wohl dem, der sowas hat!); vgl. die berühmte PYTHIA, die ja chronisch "high" war)
totus hic mundus: Der Stoiker ist Kosmopolit!
Auch hier geht es wieder um das der Seele schädliche Umherschweifen und die Sorge, man könne dadurch die ATARAXIA verlieren. Erst muß man innerlich gefestigt sein, dann kann man gefahrlos reisen.
Wir haben SENECA in der 12. und 13. Klasse ca. ein halbes Jahr gelesen (Starkenburggymnasium Heppenheim 1977/ 8 bei Herrn OSTR. Behringer). Damals sprang man weniger hin und her zwischen den Themen. Alles geschah in größerer "tranquilitas animi". Meine Abiklausur in Latein war ein Text aus SENECA. Ich glaube mich zu erinnern, daß der Text aus dem Briefcorpus stammte.
PHILOSOPHANDUM EST!
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R.

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Mittwoch, 18. September 2013

LUCIUS ANNAEUS SENECA: EPISTULAE MORALES AD LUCILIUM: EP. 28 ÜBER DEN WECHSEL DES AUFENTHALTSORTES (1-2)
(Titel zitiert nach der Kröner-Ausgabe)

Hoc tibi soli (Daß Dir dies alleine) putas (glaubst Du) accidisse (passiert sei;zugestoßen sei; widerfahren sei; begegnet sei; Kröner) et admiraris (und Du wunderst Dich) quasi rem novam (gleichsam (sozusagen) über eine "neue" Sache; neuartige Sache; etwas Neues; Kröner; als ob es etwas Neues sei), quod peregrinatione tam longa (daß Du durch eine so lange Reise) et tot locorum varietatibus (und so viele Veränderungen der Orte) non discussisti (nicht vertrieben hast) tristitiam gravitatemque mentis (die Traurigkeit und die Schwere=Schwermut des Geistes; der Seele)? Animum debes mutare (Deinen Geist; Sinn; Dein Inneres mußt Du ändern), non caelum (nicht den "Himmel"=die Weltgegend). Licet (Es mag sein/  magst Du auch) traieceris mare (daß Du das Meer überfahren; überquert hast/ das Meer durchqueren), licet (mag es auch so sein; sich so verhalten), ut ait Vergilius noster (wie unser Vergil sagt), terraeque urbesque recedant (daß sowohl Länder als auch Städte entschwinden; Kröner; Stowasser), sequentur te (es werden dich verfolgen), quocumque perveneris (wohin auch immer Du gelangt sein wirst; gelangst), vitia (Deine Fehler; Deine charakterlichen Defekte). Hoc idem querenti cuidam (Einem (gewissen) über dasselbe Klagenden; jemandem, der über ebendasselbe klagte) Socrates ait (sagt(e)) Sokrates), 'quid miraris (was wunderst du dich) nihil tibi peregrinationes prodesse (daß dir die Reisen nichts nützen; bringen), cum (weil) te circumferas (du dich mit herumträgst; mitnimmst; mit herumschleppst; Kröner)? premit te (es bedrückt dich) eadem causa  (dieselbe Sache; derselbe Grund; Umstand; Kröner), quae expulit (die dich (in die Welt) hinaustrieb; forttrieb; Kröner).' Quid (Was) terrarum iuvare novitas potest (kann die Neuheit der Länder nützen)? quid (was) cognitio urbium (die Kenntnis der Städte) aut locorum (oder der Orte)? in irritum cedit (erfolglos bleibt; es schlägt fehl; mißlingt) ista iactatio (dieser Ortswechsel; diese Unruhe; dieses Umhertreiben; Kröner). Quaeris (Du fragst) quare (warum) te fuga ista non adiuvet (Dir diese Flucht nicht(s) hilft)? Onus animi (Die Last der Seele) deponendum est (muß abgelegt werden): non ante (vorher nicht; nicht eher) tibi ullus placebit locus (wird Dir irgendein Ort gefallen).
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Das VERGILZITAT ist aus der AENEIS, lib. III, 71 (wer es nachschlagen möchte).
Wer eine Reise unternimmt, nur um seine Probleme zu lösen, wird wie Lucilius keinen Erfolg haben. Die Probleme muß man erst in sich selber regeln. Meistens scheitert man schon daran, da es für die grundlegenden Probleme dieser Welt sowieso keine Lösungen gibt. Der ständige Wechsel des Aufenthaltsortes zeigt a) nur die eigene Zerrissenheit und trägt b) zu weiterer Unruhe bei, die der "STOICUS" ja tunlichst vermeiden will, da sie der "ATARAXIA" abträglich ist.
Also: In der Weltgeschichte "rumgondeln", um "zu sich selber zu finden" führt zu nichts (in irritum cedit) und ist (nach meinem Dafürhalten) was für Naivlinge und Spinner.
Ergo: Immer schön im "Ländle" bleiben oder wie meine Oma (selig) immer sagte: Bleib' im Land und nähr' dich redlich!
Im Mittelalter, bei den "monks", war die sog. "STABILITAS LOCI" eine der obersten Tugenden!
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R.

Sonntag, 15. September 2013

File:Aristotle Altemps Inv8575.jpg

* 384 in Stagira (Thrakien)
+ 322 bei Chalkis (Euböa)

Aristoteles war ein griechischer Philosoph. Er gilt neben Sokrates und Platon als einer der wichtigsten Denker der europäischen Philosophie.
Aristoteles ("der Stagirit") war Sohn des Nikomachos, der als Leibarzt des Makedonenkönigs Amyntas II. arbeitete. Aristoteles war seit 367 v. Chr. bis zu dessen Tod Mitglied der Akademie Platons. Danach lebte er auf Einladung des Herrschers Hermias von Atarneus drei Jahre in Assos (Kleinasiens) und heiratete seine Adoptivtochter Pythia. 342 kehrte er an den makedonischen Hof zurück und wurde Erzieher des Thronfolgers Alexander (später Alexander der Grosse). Um 335 kehrte er wieder nach Athen zurück und lehrte im Lykeion. Daraus entstand dann eine eigene Schule, der Peripatos (genaue Gründung umstritten).
Aristoteles gründete weitere Einrichtung wie das Museum für Naturgeschichte (Museion) und eine Bibliothek. Nach dem Tod Alexanders (des Grossen) wurde Aristoteles' Position in Athen zunehmend schwierig. Gegen ihn wurde eine Anklage wegen Gottlosigkeit lanciert, wie wahrscheinlich politisch motiviert war.

Philosophisch wendet sich Aristoteles von Platons Ideenlehre ab und wendet sich der Welt der Erfahrungen, des Alltags und der Phänomene (Erscheinungen) zu. Aristoteles wollte die Welt des Alltags durch eine Theorie, die auf einem System von Aussagen basierte, verstehbar zu machen. Eine solche Theorie bedient sich allgemeiner Sätze, in denen jedes Einzelding (Phänomen) als Exemplar seiner Gattung (Wesen) bestimmbar ist. Aristoteles sammelte über die Phänomene historisches und naturkundliches Erfahrungswissen und ordnete es dann in einer formalen Logik (beeinflusst durch die Dialektik). Deren Kernstück ist die Syllogistik, die Lehre vom logischen Schliessen.
Da für Aristoteles Denken und Sein notwendig zusammenhängen, ist für ihn die Logik zwangsweise gültig.

Bei der Sammlung und Ordnung der Fakten geht Aristoteles so weit, dass er sie durch Rückführung auf allgemeine Prinzipien erklären will. Aus diesen Axiomen (oberste wahre Sätze) können dann wieder Einzelerkenntnisse hergeleitet (deduziert) werden. Diese Prinzipien bzw. Sätze werden in der "Metaphysik" genauer untersucht, darunter der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch und der Satz von der Existenz eines unbewegten Bewegers).
Aristoteles entwickelt in der Metaphysik von der griech. Alltagssprache ausgehend einen differenzierten begrifflichen Apparat, wobei er die Erkenntnisse der Vorsokratiker und Platons berücksichtigt und einbaut. Dabei kommt es zur Bildung von Begriffspaaren wie Substanz-Akzidenz, Stoff-Form, Potenz-Akt.
Aristoteles versucht, mit Hilfe der Begriffe Stoff-Form das zentrale Problem der griechischen Philosophie, nämlich die Bestimmung des Verhältnis' des Vielen zum Einen (der wechselnden Mannigfaltigkeit der Erscheinungen/des Seienden zum Sein) durchzuführen, indem er das Werdende (Bewegung, Geschehen) als Verwirklichung einer Möglichkeit in der Erscheinung darstellt. Die Möglichkeit ist die Potenz, die Verwirklichung dieser Möglichkeit die Form.
Als Beispiele könnten das Verhältnis Same - Pflanze oder Material - Kunstwerk dienen.
Bei jedem Ding ist (wird) seine Entelechie, die Zielbestimmung des sonst völlig unbestimmten Stoffes (Materie). Auf der Suche nach der Ursache des Werdens (Bewegung) führt Aristoteles alle Bewegung auf ein erstes, selbst unbewegtes Bewegendes zurück, den sogenannten unbewegten Beweger, den man auch reine Form oder vollkommenes Sein nennen kann. In ihm ist jede Möglichkeit zugleich Wirklichkeit.
Dieser unbewegte Beweger kann inhaltlich als reines Denken, Denken des Denkens oder Selbstbewusstsein bestimmt werden.
Aristoteles Werk zeichnet sich durch eine grosse Vielfalt aus. Neben theoretischen Bereichen wie Logik, Mathematik, Physik, Erster Philosophie (Metaphysik/Ontologie) und Theologie beschäftigte er sich auch mit Themen der praktischen Philosophie wie Ethik und Politik. Statt der Fragen des Sein und Werdens stehen hier Fragen des Masses und der Mitte zwischen zwei Extremen im Mittelpunkt (z. B. Feigheit - Tapferkeit - Tollkühnheit).
In der theoretischen Philosophie wird der Mensch als "vernünftiges Lebewesen" (zoon logon echon) dargestellt, in der praktischen als "gemeinschaftsbildendes Lebewesen" (zoon politikon).
Der Mensch kann seine Tugenden (Tüchtigkeiten) in Denken und Wollen nur im Gemeinschaftszusammenhang wie dem Stadtstaat (polis) verwirklichen. Der Staat muss dann aber auch die gleiche Zielsetzung haben wie der einzelne Mensch (z. B. Weisheit und Gerechtigkeit). Auf individueller Ebene werden diese Ziele durch Übung und Erziehung verwirklicht. Aristoteles vertraut aber anders als Planton weniger den Ideen. Als Staatsverfassung befürwortet Aristoteles eine mittlere.
In  seiner poietischen Philosophie vertritt Aristoteles eine Kunsttheorie, die Mimesis und ästhetische Zweckfreiheit in den Mittelpunkt stellt.
Das Werk des Aristoteles umfasst viele Schriften.
1. logische Schriften: Organon u. a.
2. naturkundliche Schriften: Physik u. a.
3. ethische Schriften: Politik, Nikomachische Ethik
4. ästhetische Schriften: Poetik, Rhetorik
5. Metaphysik

Literatur:
Flashar, Hellmut: Aristoteles. Lehrer des Abendlandes; München 2013
Düring, Ingemar: Aristoteles. Darstellung und Interpretation seines Denkens; Heidelberg 1966
Höffe, Otfried: Aristoteles; München 2006
Sandvoss, Ernst R.: Aristoteles; Stuttgart 1981
Seidl, Horst: Beiträge zu Aristoteles' Erkenntnistheorie und Metaphysik; Amsterdam 1984


Samstag, 14. September 2013

MTC: IN CATILINAM ORATIO I, CAP. 3: An vero vir...(for our English speaking friends)

An vero (Or else; however; nevertheless) vir amplissimus (the most respected man; esteemed man), P. Scipio (Publius Scipio), pontifex maximus (the high priest), Ti. Gracchum (Tiberius Gracchus; accusative case; whom?), mediocriter labefactantem statum reipublicae (sic!) (shaking; moving the state of the republic in an mediocre way; who was shaking...; because he was...although...), privatus interfecit (killed as a private person; i.e. Scipio killed Gracchus); Catilinam (Catilina; accusative) orbem terrae (the terrestrial globe; the whole of the world; acc.) caede atque incendiis (with murder and burnings; fires) vastare cupientem (wanting to devastate; ravage) nos consules perferemus (we the consuls shall bear that; endure that)? Nam (For) illa nimis antiqua (those much too old (incidents; occurrences) praetereo (I pass over; ignore; omit), quod (that) C. Servilius Ahala (Gaius Spurius Ahala) Sp. Maelium (Spurius Maelius; acc.), novis rebus studentem (striving for new (political) conditions=revolution; overthrow, upheaval), manu sua occidit (killed with his own hand). Fuit (It was), fuit (indeed, it was) ista quondam in hac republica virtus (once this virtue in this republic; state), ut viri fortes (that brave men) acrioribus suppliciis (with harder punishments) civem perniciosum (a pernicious citizen; an evil and wicked citizen) quam acerbissimum hostem (than the most bitter and fierce enemy) coercerent (restrained; restricted; subject are the "viri fortes"). Habemus (We have) senatus consultum (a decision of the senate; a resolution; decree) in te (against you), Catilina (C.), vehemens et grave (vehement and grave; hard and important); non deest (it isn't missing; lacking) rei publicae consilium (a decision of the state; a plan) neque (and also not; neither) auctoritas huius ordinis (the authority of this senate); nos (we), nos (only we), dico aperte (I speak frankly), consules (consuls) desumus (are missing; i.e. we don't do our job).-
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an vero: elliptic (s.th was left out); introducing a counter-question: what? Argumentatio ex contrario with "an vero". Cicero prefers this very much. (What? Didn' t kill the highly esteemed...?)
P. Cornelius Scipio Nasica: leader of the senate in 133 BC
mediocriter=only little
labefactare=to cause that s.th wavers; concessive sense
status=state, situation, condition
privatus: he didn't act officially; in contrary to this: nos consules)
(the "sacerdotium" wasn't an office!
orbem terrae vastare: "hyperbolé"; overacted; exaggerated
C. Servilius Ahala: he slayed as a "magister equitum" Sp. Maelius in 439 BC, because he tried to become king!
fuit, fuit: Epanalepse; see Vergil, Aeneis II, 325: fuimus Troes, fuit Ilium (we were Trojans, Troja was; i.e. it doesn't exist any longer)
nos, nos: Epanalepse; introducing an accusation (charge) against themselves
deesse= also: to fail
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The old Romans of the republic didn't like compromises (as one can see). Their methods were sometimes a bit rude.
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R.