Murmillo-Archiv

Donnerstag, 31. Januar 2013


DIE EREIGNISSE IN GERMANIEN (4): TACITUS: AB EXCESSU DIVI AUGUSTI I, 63, 16-25:

(Dieser Post befindet sich auch auf unserer militärgeschichtlichen Seite "PRIMIGENIA-PIA-FIDELIS. BLOGSPOT". Der Schwerpunkt dieser Seite ist: Römer in Deutschland und Britannien. Das Besuchen dieser Seite ist obligatorisch und für meine Schüler (heilige) Pflicht. Bei Unterlassung droht Verlust des Wohlwollens und Entzug der Gnade. Sonstige Verräter werden im Moor versenkt!)

Während die bleichen Überreste dreier Legionen im Teutoburger Wald vor sich hin moderten, rief ARMINIUS, der Befreier von römischer Fremdherrschaft, erneut zum Waffengang gegen den Feind auf.
Unverdrossen eilte er von Volksversammlung zu Volksversammlung und warb für die germanische Sache. Des ARMINIUS Worte hatten großes Gewicht bei den CHERUSKERN, aber auch bei den anderen Stämmen. Als Sieger über die verhaßten Römer war er im Besitz des "Heils". Wohl das stärkste Argument war die unermeßliche Beute aus der VARUSSCHLACHT. Jetzt versprach der CHERUSKER noch viel größere Beute! Und das war es, was einen richtigen Germanen letztendlich interessierte.
In der Zwischenzeit plünderte der CAESAR GERMANICUS weiterhin im Land der BRUCTERER, von wo aus er zum Ostpaß des SALTUS TEUTOBURGIENSIS marschierte, um die Gebeine der Gefallenen zu bestatten. Da erhielt er Nachricht, daß sich die Germanen, von Osten kommend, auf einer Waldlichtung sammeln würden. Doch hören wir, was TACITUS verkündet:
"Sed Germanicus (Doch Germanicus) cedentem in avia secutus (dem in die Einöde/ unwegsames Gelände Weichenden folgend; der...), ubi primum copia fuit (sobald es eine Möglichkeit gab), evehi equites (daß die Reiter vorsprengen; hinausgeführt werden; hinausreiten) campumque (und daß das Feld), quem hostis insederat (das der Feind (=das sind wir; AdV) besetzt gehalten hatte; auf dem der Feind gesessen war) eripi iubet (entrissen werde befiehlt er; er befiehlt, den Platz zu nehmen). Arminius (A.) colligi (sich zu sammeln) suos (die Seinen) et propinquare silvis (und sich den Wäldern zu nähern) monitos (gemahnt) vertit repente (er wendet sie plötzlich; er schwenkt seine Leute, die er gemahnt hatte, sich zu sammeln und sich den Wäldern zu nähern; "heranzurücken"; Goldmann); mox signum prorumpendi dedit (dann gab er das Zeichen "des Hervorbrechens"; hervorzubrechen) iis, quos (denjenigen, die) per saltus occultaverat (ringsum in/ auf den Waldgebirgen versteckt hatte). tunc nova acie turbatus (dann durch das neue Heer in Unordnung gebracht) eques (die Reiterei), missaeque subsidiariae cohortes (und die geschickten Resevekohorten) et fugientium agmine impulsae (und durch den Zug der Fliehenden angestoßen; die Reserve, die sowohl geschickt wurde als auch durch die Schar der Flüchtenden zum Weichen gebracht wurde) auxerant consternationem (hatten (noch) die Panik vergrößert; die Bestürzung; das Entsetzen; das Durcheinander, AdV), trudebanturque (und sie wären getrieben worden; gedrängt worden) in paludem gnaram vincentibus (in einen Sumpf bekannt den Siegenden; Siegern), iniquam nesciis (ungünstig; nachteilig für die Nichtwissenden=Unkundigen), ni Caesar (wenn nicht der Caesar) productas legiones instruxisset (die nach vorne geführten Legionen (in Schlachtordnung) aufgestellt hätte). Inde hostibus terror (daher; davon; von da an; dann Schrecken den Feinden), fiducia militi (Zuversicht für den Soldaten; für unsere Soldaten); et manibus aequis abscessum (und "mit gleichen Händen"=unentschieden ging man weg).
VON TIPPELSKIRCH beschreibt die Szene, wie folgt:
"Stellen wir uns vor, wie die Reiter des Germanicus in langer Kolonne durch ein von waldigen Höhen flankiertes Wiesental ritten. Jetzt bogen die ersten um eine Ecke des Tales-da sahen sie vor sich ein weites, mit einzelnen Baum-und Buschgruppen bestandenes Feld.
Überall auf dem Feld qualmten Lagerfeuer.
Der Führer des römischen Vortrabes, der LEGAT PEDO, gewann den Eindruck, die Germanen wären vom Auftauchen der Römer überrascht worden, denn sie verließen fluchtartig ihre Lagerplätze und fluteten zu jenseitigen Waldrand hinüber. PEDO beschloß, unverzüglich anzugreifen.
Wie seine Alen und Kohorten aus dem Wiesental herauskamen, so schickte er sie hinaus, mit dem Befehl, quer durch die Fliehenden reitend den jenseitigen Waldrand zu besetzen. Gelang das, bevor die Germanen im Walde verschwunden waren, so hatte man die Abgeschnittenen zwischen den Reitern und den nachfolgenden Legionen in der Falle.
Schon hatten die Alen den Waldrand erreicht, da brüllten im Walde germanische Heerhörner auf. Von vorn, aber auch von der Seite brachen sie in hellen Scharen hervor. Die Alen wurden von der Mündung des Wiesentals abgedrängt und immer weiter hinaus auf die Lichtung getrieben. Jetzt waren sie selber in Gefahr, abgeschnitten zu werden. Für den Germanicus muß das ein erschreckender Anblick gewesen sein, als er seinen Legionen vorausreitend, die Lichtung erreichte. Er befahl einem seiner Tribunen, die Legionen so schnell wie möglich heranzuholen. (...)Denn weit drüben kam jetzt der Rückzug der Reiter und der Auxiliarier zu einem unerwarteten Halt. (...) Die Germanen hatten die Reiter und Auxiliarier gegen einen Sumpf gedrängt! (...)
Das grelle Signal 'Laufschritt' muß dem Germanicus wie Sphärenmusik in den Ohren geklungen haben! Diesmal war es keine Täuschung wie damals beim Ausbruch in Aliso. Die erste Legion kam aus dem Wiesental hervor. (...) Jedenfalls bekam das Gefecht nun ein anderes Gesicht. Die Legionen marschierten auf mit der Präzision gnadenlos gedrillter Regularier. (...) Da sah der Cherusker ein, daß sein Plan gescheitert war. Mit seinem Gefolge ritt er in Richtung zum jenseitigen Waldrand davon. Aber es war keine Flucht. (...) Selbst TACITUS, ein glühender Verehrer des Germanicus, schreibt:
'Das Gefecht wurde ohne Entscheidung abgebrochen.'
So erfuhr Germanicus gleich bei seinem ersten ernsthaften Gefecht mit den Cheruskern, daß Arminius nicht nur durch die Unfähigkeit seiner Gegner zu bestehen vermochte."
---
Anmerkungen:
1.) Man legt sich nicht mit ganzen Legionen an. Arminius tat gut daran, nach Hause zu gehen.
2.) Das mit dem Aufstellen der Legionen ist zwar eindrucksvoll, dauert aber viel zu lange. So konnte Arminius nicht am geordneten Rückzug gehindert werden. Germanicus stellte seine Legionen auf, und Arminius sagte "ciao, ich geh' jetzt mal besser"!
---
SIR R

Donnerstag, 24. Januar 2013

OVID: METAMORPHOSEN XI, 764-773: INTERPRETATION (10./ 11. Klasse an höheren Lehranstalten)



Hauptpersonen:
1.) AESACUS:
Beruf: Sohn! Allerdings nicht der Sohn von Hinz und Kunz, sondern von König PRIAMOS von TROJA
(Das ist doch was!)
Hobbies: einsame Wälder, Berge (heute würden wir sagen: Aussteiger oder Survivalfan)
sein Schicksal: Wird in einen Tauchervogel verwandelt (besser als in einen Plastikeimer oder so!)
2.) Hesperie:
Beruf: Nymphe (und wie alle Nymphen ewig auf der Flucht)
Vater: der trojan. Flugott Cebren
ihr Schicksal: wird durch Schlangenbiß getötet

Oderat hic urbes (Dieser haßte die Städte) nitidaque remotus aula (und entfernt vom glänzenden Königshof)
secretos montes (einsame Berge) et inambitiosa colebat
rura (und das anspruchslose Land bewohnte er) nec Iliacos coetus (und nicht die trojanischen Versammlungen) nisi rarus ("außer selten"; so gut wie nie; höchst selten; wie es sich für einen guten Politiker gehört; AdV)  adibat (er ging zu ihnen hin; besuchte sie).
Non agreste tamen (Dennoch kein bäurisches) nec inexpugnabile amori (und kein für die Liebe uneroberbares)
pectus habens (Herz habend; er war also sensibel und kein Bauerndepp, obwohl er auf dem Land lebte) silvas captatam saepe per omnes (die oft durch alle Wälder gejagte (verfolgte)
adspicit Hesperien (Hesperie sieht er an; erblickt er) patria Cebrenida ripa (die Tochter des Cebren am väterlichen Ufer; ihr Vater ist ja der Flußgott)
iniectos umeris siccantem sole capillos (die die auf die Schultern "geworfenen" Haare an der Sonne Trocknende; wie sie ihre Haare, die auf die Schultern herabwall(t)en, an der Sonne trocknet(e)).
Visa fugit nymphe (Gesehen flieht die Nymphe; als sie merkte, daß sie gesehen wurde...), veluti perterrita fulvum
cerva lupum (wie eine ins Mark erschütterte Hirschkuh den braunen Wolf) longeque lacu deprensa relicto (und wie eine ergriffene, nachdem sie den See (wo sie normalerweise ist; Enten sitzen meistens im Teich; AdV)
accipitrem fluvialis anas (Flußente den Habicht); ...
---
Iliacus zu Ilion=Troja
Hesperien Cebrenida (griech. Akk.): Tochter des Flußgottes Cebren
anas, anatis, f.=Ente
(Donald Duck heißt auf Lat. "Donaldus anas")
---
AESACUS hat anscheinend null Bock auf Politik und den Lebensentwurf von seinem Alten. Viel lieber ging er ins Gebirge und in die Wälder, um arme Nymphen, die sich nicht wehren können, sexuell zu belästigen.
---
Lustig ist wie immer die alte Goldmannübersetzung von R. Suchier:

"Städten war Äsacus feind, und fern von dem glänzenden Hofe
Liebt er entlegne Gebirge und Ehrgeiz missende Fluren;
Selten begab er sich nur zum Rat der ilischen Männer.
Doch im Gemüt nicht roh und unzugänglich der Liebe
Sieht er Hesperie einst, die verlockende Tochter des Cebren,
Öfter von ihm durch die Wälder verfolgt, an dem Ufer des Vaters,
Während ihr wallendes Haar an den Strahlen der Sonne sie trocknet.
Rasch ist die Nymphe gewandt zur Flucht, wie bang vor dem falben
Wolf die Hindin flieht und die wasserbedürftige Ente,
Fern vom Weiher ertappt, vor dem Habicht. (...)"
---
RIDERE LICET:
Ilische Männer: "Wo kommst du her?"-"Vom Rat der ilischen Männer." (Alle schwul, die ilischen Männer!)
nicht roh im Gemüte: junger Mann zur Freundin: "Ich bin nicht roh im Gemüte!"
der falbe Wolf: "Dieser falbe Hund ist mein neuer Hund."
Hindin: das Schiff von Sir F. Drake hieß "Golden Hind"!
die wasserbedürftige Ente: Die Ente spricht: "Ich bin gar wasserbedürftig!"
---
Wer (todesmutig) LATEIN für die OBERSTUFE wählen will, muß Fragen wie diese beantworten können: Nix für Sonderschüler und Möchtegerns!

1.) Wie wird AESACUS im lat Text charakterisiert?
2.) Wieso ist dies (sogar in zweifacher Hinsicht) eine tragische Geschichte? Textbelege!
Fragen zum Folgetext (bis Vers 795):
1.) Analyse der Metamorphose des AESACUS (verschiedene Phasen; wie?; Typus der Met.)
2.) Was soll der Vergleich (veluti...)?
3.) Stilistische Gestaltung von Vers 778-782? Intention des Dichters? Textbelege!
4.) Vers781f.: Vergleich Original-Übersetzung
(Aus einer Sammlung von Abituraufgaben:  LATEIN 4-stündig, Baden-Württemberg-Abiturprüfung, Poetische Texte;-Ovid: INTERPRETATION; LK 1998)
---
Die Lösungen füllen übrigens etwas mehr als drei Seiten!
---
Ihr seid gewarnt!
---
SIR R

Freitag, 18. Januar 2013

RÖMISCHE KRIEGSGESCHICHTE: GERMANIEN (3): TACITUS: AB EXCESSU DIVI AUGUSTI I, 60:

Die Moorleiche von Windeby
So kann es dir ergehen...

STERTINIUS entdeckte bei seinen Plünderungen den Adler der XIX. LEGION. Diesen hatten die BRUCTERER in der VARUSSCHLACHT erbeutet und sozusagen als Souvenir mit nach Hause genommen. Vielleicht hat ein BRUCTERER zu seinem Sohn gesagt: "Schau mal, was der Papa von der Schlacht mitgebracht hat!" (Wahrscheinlich wurde systematisch nach dem Adler gesucht. Den Adler zu finden, war eine Sache der Ehre.)
Dann wurde das Land an der EMS verwüstet. Die Versorgungsflotte fuhr die EMS hinauf bis zu einer Stelle, wo das heute Lingen ist. (Was wohl Theo Lingen zu den Römern gesagt hätte, wenn es ihn damals schon gegeben hätte. Vielleicht sein berühmtes "Traurig, traurig, traurig!", das er immer als Gymnasialprofessor zu seinen Schülern sagte.))
Wegen der Stromschnellen wurde dann auf Kähne und Flöße umgeladen. Dann ging es weiter bis in die Gegend des heutigen Rheine. Gleichzeitig näherte sich von Südwesten der LEGAT CÄCINA mit dem UNTEREN HEER. Doch hören wir, was TACITUS dazu sagt:
"et ne bellum (und damit der Krieg nicht) mole una ("durch eine einzige Masse"; mit aller Wucht) ingrueret (losbreche), CAECINAM cum quadraginta cohortibus Romanis (den Caecina mit 40 römischen Kohorten) distrahendo hosti ("für den zu trennenden Feind"; um den Feind zu zersplittern; zu zerstreuen; Gerundiv; dativus finalis) per BRUCTEROS ad flumen AMISIAM mittit (schickt(e) er durch das Gebiet der Bukterer zum Fluß Ems), equitem PEDO preafectus (die Reiterei der Präfekt Pedo) finibus FRISIORUM ducit (führt(e) in den Grenzen=im Gebiet der Friesen); ipse (er selbst) inpositas navibus quattuor legiones (die 4 in die Schiffe "hineingestellten" Legionen; svw. die 4 eingeschifften Legionen) per lacus vexit (führte er durch die Seen; brachte er): simulque (und gleichzeitig) pedes eques classis (Fußsoldaten, Reiterei und Flotte) apud praedictam amnem convenere (trafen bei dem vorher genannten Fluß zusammen). CHAUCI cum auxilia pollicerentur (Weil die Chauken Hilfe versprachen), in comilitium adsciti sunt (sind sie in die Kriegskameradschaft; Goldmann: Heeresgemeinschaft; aufgenommen worden). BRUCTEROS sua urentis (Die Brukterer, das Ihre verbrennend; die das Ihre verbrannten ; ihr Land verwüsteten) expedita manu (mit einer leichten Truppe) L. STERTINIUS missu GERMANICI fudit (zerstreute; schlug L. Stertinius im Auftrag von Germanicus (in die Flucht)) interque caedem et praedam (und zwischen dem Morden und der Beute; Plünderung; beim...) repperit undevicesimae legionis aquilam (fand er den Adler der 19. Legion wieder) cum Varo amissam (mit Varus verloren; der mit Varus verloren gegangen war). Ductum inde agmen (Das Heer wurde von da (hierauf; sodann) geführt) ad ultimos BRUCTEROS (bis zu den entferntesten Brukterern; äußersten; bis in die letzten Winkel von deren Stammesgebiet), quantumque AMISIAM et LUPIAM amnes inter (und wieviel zwischen den Flüssen Ems ud Lippe liegt; alles Land zwischen...) vastatum (wurde verwüstet), haud procul TEUTOBURGIENSI SALTU (nicht weit vom Teutoburger Wald(gebirge) (entfernt)), in quo (in dem; wo) reliquiae VARI  legionumque (die Reste; Überreste; des Varus und der Legionen) insepultae dicebantur ("gesagt wurden", daß sie unbestattet seien; noch unbestattet lagen, wie man sagte; unbeerdigt gewesen sein sollen).---
---
So spricht TACITUS!
Der hervorragende Autor TACITUS ist von den (zumeist weniger hervorragenden) Schülern der 11. Klasse zu bewältigen. Wer dies nicht versteht, hat auf einer höheren Schulform nichts verloren (und sollte besser Maler und Tüncher werden).
An Autoren wie TACITUS scheiden sich die Geister. TACITUS ist nichts für profane Naturen, wie es sie heute leider (oder vielleicht sogar zum Glück?) zuhauf gibt.
Liebe Haupt-und Sonderschüler! Wenn euch TACITUS zu schwer ist, sucht euch besser im Namen der Wissenschaft eine Lehrstelle.
---
Ein wohlgemeinter Rat.
---
Sir R (magister militum)

Mittwoch, 16. Januar 2013

RÖMISCHE KRIEGSGESCHICHTE: GERMANIEN (2): DIE WEITEREN EREIGNISSE

DRITTER GERMANIENFELDZUG DES GERMANICUS (16 n.): P. CORNELIUS TACITUS, "ANNALEN" (AB EXCESSU DIVI AUGUSTI) II, cap. 5-26



The battle rages on.

GERMANICUS verließ nun das OBERE HEER. Die II., XIII., XIV. und XVI. LEGION zog entlang der Lahn bis zur Mündung in den Rhein. Die Führung hatte vermutlich der LEGATUS SILIUS. Dort stiegen die Soldaten in die Schiffe der CLASSIS AUGUSTA GERMANICA und fuhren rheinabwärts, vorbei am Lager des UNTEREN HEERES auf dem FÜRSTENBERG bei VETERA südlich von XANTEN (COLONIA ULPIA TRAIANA=CUT). Im Land der BATAVER (HOLLAND) teilte sich der Strom. TACITUS schreibt AB EXCESSU DIVI AUGUSTI II, 6 (ANNALEN):
"Nam Rhenus (Denn der Rhein) uno alveo continuus (ununterbrochen; fortlaufend in einem Flußbett) aut modicas insulas circumveniens (oder nur kleine Inseln umgehend; umfließend) apud principium agri Batavi (am Anfang des Batavischen Gebietes) velut in duos amnes dividitur (teilt sich gleichsam in zwei Ströme), servatque nomen (und er behält den Namen) et violentiam cursus (die Gewalt des Laufs=Strömung), qua Germaniam praevehitur (wo er an Germanien vorbeiströmt), donec Oceano misceatur (bis er mit dem Ozean "vermischt" wird; in den Ozean mündet; sich mit dem Ozean vereinigt; Dat.!); ad Gallicam ripam (am Gallischen Ufer; an das Gall. Ufer; Seite) latior et placidior adfluens (breiter und langsamer (gemächlicher; ruhiger) dahinfließend) verso cognomento (nachdem der Name verändert wurde; mit geändertem Namen) Vahalem accolae dicunt (nennen ihn die Anwohner Vahalis), mox id quoque vocabulum mutat (bald vertauscht er auch diese Bezeichnung) Mosa flumine (durch; mit dem Fluß Mosa) eiusque imenso ore (und durch die  gewaltige Mündung dieser; durch ihre...; mit ihrer...) eundem (denselben) in Oceanum effunditur ( vergießt sie denselben in den Ozean hinaus; ergießt sie sich (mit demselben); medial; auch: strömt sie ihn hinaus; reflexiv medial)."
Doch von nun an wurde die Kaffeefahrt ernst! Die Flotte fuhr in die FOSSA DRUSIANA (DRUSUSGRABEN), ein Kanal voller Gestrüpp und Mücken. Dieser führte in den FLEVO SEE (heute die Lagunen am Ostufer der ZUIDERSEE). Von da aus führte vermutlich ein weiterer Kanal hinaus auf die Nordsee. An der Küste entlang ging die Fahrt zuerst nach Norden, dann nach Osten bis zur Mündung der
Ems (wo ich übrigens immer Urlaub mache!). Emsaufwärts führte der Weg ins Land der BRUCTERI MAIORES (rechtes Ufer) und zu den BRUCTERI MINORES (folglich auf dem linken Ufer). Der LEGATUS der AUXILIARTRUPPEN war ein gewisser LUCIUS STERTINIUS, den VON TIPPELSKIRCH den "Chefplünderer des Heeres" nennt. Dies begab sich im Jahre 15 n. in GERMANIEN.-
Nach: W.-D. VON TIPPELSKIRCH: DIE STUNDE DER GERMANEN.
---
Sir R (ebenfalls Germane and proud of it!)




Dienstag, 15. Januar 2013

RÖMISCHE KRIEGSGESCHICHTE: GERMANIEN - DIE EREIGNISSE DES JAHRES 15 n.



"Der Frühling des Jahres 15 n. war außergewöhnlich warm und trocken. Die Häuser brannten wie Zunder, wenn die Brandfackeln auf die Dächer geworfen wurden. Und Brandfackeln flogen viele im Chattenland. Vom Lager MOGONTIACUM kam der CÄSAR JULIUS GERMANICUS mit den Legionen des OBEREN HEERES über den Rhein!"
W.-D. VON TIPPELSKIRCH: DIE STUNDE DER GERMANEN: ENTSCHEIDUNG IM TEUTOBURGER WALD, VARUS-ARMIN-GERMANICUS, Düsseld. 1978, S. 48.
GERMANICUS marschierte weiter bis zur Mündung der Nidda in den Main. Hier befand sich ein Platz für den Nachschub. ("Endlich gibt es was zum Beißen, ein Bad, eine taberna, Würfelspiel, wine, women, song", wird so mancher vom Marsch staubige Legionär gestöhnt haben. Ich war nicht dabei, aber so könnte es gewesen sein. Die Menschen sind sich trotz zeitlicher Distanz erstaunlich ähnlich!) Weiter die Nidda aufwärts lag ein Kastell, das DRUSUS erbaut hatte. Nach dem Untergang des unfähigen VARUS hatten es die CHATTEN zerstört. GERMANICUS baute es wieder auf.
Danach marschierte GERMANICUS nach MATTIACUM. An der Eder kam es zum Kampf. Die CHATTEN versuchten, GERMANICUS an der Flußüberquerung zu hindern, doch dieser setzte seine Geschütze ein (Katapulte, Onager; unfair! AdV). Die Chatten (anscheinend nicht ganz lebensmüde) suchten ihr Heil in der Flucht. MATTIACUM wurde abgefackelt, das Land verwüstet. Das war im Frühjahr 15 n.
Die Römer hatten erst einmal Ruhe vor den CHATTEN. Dennoch kam es immer wieder zu vereinzelten Angriffen. TACITUS schreibt:
"...sie pflegten das (aber) zu tun, wenn sie mehr aus List denn aus Furcht zurückgewichen sind." Clever, diese CHATTEN!
Ungefähr zeitgleich marschierte der LEGAT CÄCINA mit dem UNTEREN HEER ins Tal der LIPSIA (Lippe). Hier gab es Anlagen in der Nähe des späteren HALTERN sowie ein kleines Kastell (viel stand nicht mehr davon) und ein 2-Legionenlager aus der Zeit des VARUS (mit Kaianlagen und Uferkastell). Schließlich gab es da noch das Kastell ALISO, das nach dem Ausfall des LUCIUS CÄDICIUS von den Germanen in Brand gesteckt worden war. Auch die Wege waren nicht mehr in Ordnung. Nach dem Motto "Es gibt immer was zu tun, packen wir's an" fingen die Römer mit Instandsetzungsarbeiten an.. Den Germanen scheint dies nicht gepaßt zu haben, denn sie griffen die Bau-und Versorgungstrupps an. CÄCINA schlug daraufhin einen größeren Trupp der Germanen. Danach ließ er seine Reiter und AUXILIA von der Leine. Diese verbrannten die Dörfer der MARSER. Das war's dann.
---
Oberleutnant F. (Chattus quoque!)

CAESAR:  BELL. GALL. I, 2:




Apud Helvetios (Bei den Helvetiern) longe nobilissimus fuit (war der bei weitem vornehmste) et ditissimus Orgetorix (und reichste Orgetorix). Is (Dieser) M. Messala  M. Pisone consulibus (unter dem Konsulat des Messala und Piso=61 v.) regni cupiditate inductus (verleitet durch die Gier nach Herrschaft; Machtgier; weil er...) coniurationem nobilitatis fecit (machte eine Verschwörung des Adels; stiftete...an) et civitati persuasit (und redete dem Stamm ein; überredete den Stamm), ut de finibus suis (daß sie aus ihren Grenzen=Gebiet) cum omnibus copiis exirent (mit all ihren Truppen hinausgingen; ...hinauszugehen): perfacile esse (es sei sehr einfach), cum virtute omnibus praestarent (weil sie an Tapferkeit allen voranstünden; alle überträfen/ übertreffen), totius Galliae imperio potiri (sich der Herrschaft über ganz Gallien zu bemächtigen). Id hoc facilius (Dieses umso leichter; abl. mensurae) iis persuasit (redete er ihnen ein; er überredete sie dazu umso leichter), quod undique (weil auf allen Seiten) loci natura (durch die Beschaffenheit des Ortes) Helvetii continentur (die Helvetier zusammengehalten werden; umschlossen werden; eingeengt werden): una ex parte (auf der einen Seite) flumine Rheno latissimo et altissimo (durch den sehr breiten und tiefen Fluß Rhein), qui agrum Helvetium (der das Helvetische Gebiet) a Germanis dividit (von den Germanen trennt), altera ex parte (auf der anderen Seite) monte Iura altissimo (durch das sehr hohe Juragebirge), qui est inter Sequanos et Helvetios (das zwischen den Sequanern und Helvetiern ist; sich befindet), tertia lacu Lemanno (auf der dritten durch den Genfer See) et flumine Rhodano (und den Fluß Rhône), qui provinciam nostram (der unsere Provinz) ab Helvetiis dividit (von den Helvetiern trennt). His rebus fiebat (Durch diese Dinge geschah es; aufgrund dieser Verhältnisse), ut et minus late vagarentur (daß sie sowohl weniger weit umherstreiften) et minus facile (als auch weniger leicht) finitimis bellum inferre possent (den Nachbarn den Krieg "hineintragen" konnten; mit ihnen Krieg führen konnten); qua ex parte (aus diesem Grund) homines bellandi cupidi (die des Kriegführens begierigen Menschen; kriegslüstern) magno dolore adficiebantur (wurden mit großem Schmerz erfüllt; "versehen"). Pro multitudine autem hominum (Im Verhältnis zur Menge der Menschen aber) et pro gloria belli (und angesichts ihres Kriegsruhms) atque fortitudinis (und ihrer Tapferkeit) angustos se fines habere arbitrabantur (glaubten sie, daß sie zu enge Grenzen hätten); qui (diese) in longitudinem (in die Länge) milia passuum CCXL (240 Tausender der Doppelschritte=240 röm. Meilen; mal 1,5, macht 360 km), in latitudinem (in die Breite) CLXXX patebant (erstreckten sie sich ("standen sie offen") 180 röm. Meilen=270 km).
---
Ja, so war's bei den alten Helvetiern. Ob die schon damals so komisch gesprochen haben?
---
Sir F. (master and commander)
KOMMENTAR ZU CAESAR:  BELL. GALL. I, 1: Ausdehnung und Grenzen Galliens, Unterteilung in Regionen (Makrostruktur), Bevölkerung, Volkscharakter.

Belgae: gall. Stamm; die meisten stammen von Germanen ab, die-long ago-über den Rhein gekommen waren, vgl. II, 4, 1.
(Die Belger gelten als die tapfersten aller Gallier; les durs des durs; s. Asterix bei den Belgiern!)
ipsorum=sua
provincia: die Narbonensis (Südfrankreich)
effeminare=zur Frau machen; ad effeminandos animos=zu den zu verweibischenden Gemütern", Gerundiv ohne Begriff der Notwendigkeit=zur Verweichlichung (Kriegsuntauglichkeit; ganz schlecht für einen Gallier oder Germanen!)
Also: die Belger sind die härtesten Jungs, weil 1.) am wenigsten durch Luxus verweichlicht und 2.) weil sie ständig mit den Germanen Krieg führen (diese sind sozusagen ihre Sparringspartner).
Auch die Helvetier sind nicht schlecht (drauf). Ihre Hauptbetätigung und greatest hobby ist kämpfen (und nicht rumsitzen!). Was gab es auch sonst zu tun?. Heute würde man sagen: Sie sind im Training. Also keine "decadents" und Wohlstandskrüppel, sondern zähe Männer. Keine Memmen!
---
Nehmt euch ein Beispiel an den alten Galliern und Germanen! Das waren noch Männer!
---
Sir F.
CAESAR: BELLUM GALLICUM I,1: Gallia est omnis...(Topographie, Land und Leute)



Gallia est omnis (Gallien ist als Ganzes) divisa in partes tres (in drei Teile geteilt), quarum unam (deren einen) incolunt Belgae (die Belger bewohnen), aliam Aquitani (den anderen die Aquitanier), tertiam (den dritten), qui ipsorum lingua Celtae (die in der Sprache ihrer selbst Kelten; in ihrer eigenen Sprache), nostra Galli appellantur (in unserer Gallier genannt werden). Hi omnes (Diese alle) lingua, institutis, legibus (durch Sprache, Einrichtungen (Sitten; Brauchtum) und Gesetze) inter se differunt (unterscheiden sich untereinander). Gallos ab Aquitanis (Die Gallier von den Aquitaniern) Garunna flumen (der Fluß Garonne), a Belgis Matrona et Sequana (von den Belgern die Marne und die Seine) dividit (teilt; trennt). Horum omnium fortissimi (Die Tapfersten dieser aller) sunt Belgae (sind die Belger), propterea quod (deswegen weil) a cultu atque humanitate provinciae (von der Lebensweise und feinen Lebensart der Provinz) longissime absunt (sie am weitesten weg sind) minimeque ad eos (und am wenigsten zu ihnen) mercatores saepe commeant (Kaufleute oft reisen) atque ea (und diese Dinge), quae ad effeminandos animos pertinent (die zur Verweichlichung führen; die feige machen), important (einführen) proximique sunt Germanis (und sie die nächsten zu den Germanen sind), qui trans Rhenum incolunt (die über dem Rhein wohnen; d.h. auf der anderen Seite), quibuscum (mit denen) continenter bellum gerunt (sie ununterbrochen Krieg führen). Qua de causa (Aus diesem Grund) Helvetii quoque reliquos Gallos (die Helvetier auch die übrigen Gallier) virtute praecedunt (übertreffen an Tapferkeit), quod fere cotidianis proeliis (weil sie in fast täglichen Gefechten) cum Germanis contendunt (mit den Germanen kämpfen), cum (indem) aut suis finibus (entweder von ihren Grenzen) eos prohibent (sie diese fernhalten) aut ipsi (oder selbst) in eorum finibus (in den Grenzen dieser; in ihren Grenzen; in deren Gebiet) bellum gerunt (Krieg führen).
---
Sir F.

Samstag, 12. Januar 2013

SHOWDOWN AM MONS GRAUPIUS ODER DIE RÖMER AM FINIS TERRAE

Datei:Calgacus.JPG

Der römische Feldherr CN. IULIUS AGRICOLA (40-93 n.) war Statthalter des Kaisers in Britannien in den Jahren 77/8-84/5. Unter seinem Kommando standen 4 Legionen plus Hilfstruppen. Mit dieser Streitmacht gelang es ihm, die römischen Adler bis in die schottischen Highlands zu tragen. Eine römische Flotte gelangte sogar bis zur Nordspitze Schottlands!
Doch bevor AGRICOLA die ganze Insel unterwerfen konnte, wurde er von dem psychopathischen Kaiser DOMITIANUS abberufen.
Sein Schwiegersohn TACITUS, der berühmte Historiker, setzte ihm ein unsterbliches Denkmal in seiner Schrift "AGRICOLA". Darin schildert er diesen als tapferen Mann von altrömischer Art!
"Das Werk ist ein unvergängliches Denkmal für den edlen AGRICOLA und den charaktervollen, vornehm denkenden und warm empfindenden TACITUS."
(Tacitus: AGRICOLA-DIALOG ÜBER DEN REDNER (DIALOGUS DE ORATORIBUS), München, bei Goldmann, o.J., S. 8)
AGRICOLA wollte, daß sich die KALEDONIER zu einer Schlacht stellten. Deshalb plünderte und verheerte er das an sich schon arme Land nördlich des TYNE (was wenig edel war, aber gängige Kriegspraxis). Am MONS GRAUPIUS, einem Hügel an der Landenge (wo weiß heute keiner!), kam es zu einer großen Schlacht.
30 000 KALEDONIER unter CALGACUS (die Zahl ist wohl etwas hoch) standen 8000 Legionären+11 000 Mann Auxilia (davon 3000 Reiter) entgegen.
Angeblich verloren die KALEDONIER 10 000 Mann, die Römer nur 360! Wahrscheinlich verschwieg man die hohen Verluste der Auxilia, die man zuerst ins Gefecht geworfen hatte, um die Legionen zu schonen.
Das Gelände war unwegsam. Agricola ließ zu Fuß kämpfen. Die Streitwagen der Kaledonier blieben im Schlamm stecken. (Winterreifen gab es noch nicht.). Die Entscheidung brachte dann die berittene Reserve der Römer. Viele Häuser gingen in Flammen auf, viele Frauen und Kinder wurden getötet, um nicht den Römern in die Hände zu fallen.
"Und dann herrschte Stille, das Volk hatte sich nach Norden zurückgezogen, vor den Römern lagen brennende Dörfer und leere Landstriche, der organisierte Widerstand war zu Ende...AGRICOLA befahl die Aufnahme, das heißt kartographische Verzeichnung jener Länder, die er mit der Schlacht irgendwo am Rande des Hochlands (TREVELYAN) für Rom erobert hatte."
HERRMANN SCHREIBER: DIE GESCHICHTE SCHOTTLANDS, Augsb. 1994 (Weltbild), S. 55.)
---
SIR R.
There can be only one!

Sonntag, 6. Januar 2013

PUBLIUS VERGILIUS MARO ("VERGIL"): AENEIS VII, 25-34: Iamque rubescebat...(11. Kl.)

(Die Tibermündung)

Iámque rubéscebát (Und schon rötete sich) radii´s mar(e) et (das Meer durch Strahlen und) áether(e) ab álto   (und vom hohen Aether; oben im Aether)
Aúror(a) i´n rosei´s fulgébat lútea bi´gis (glänzte die goldgelbe Aurora=Göttin der Morgenröte=Eos in rosigem Wagen; bigae und biga=Zweigespann)
cúm venti´posuér(e) (als sich die Winde legten) omni´sque repénte resédit
flátus (und ihr ganzes Wehen plötzlich nachließ), et i´n lentó luctántur mármore tónsae (und auf der "zähen"; unbewegten; (glänzenden) Meeresfläche die Ruder "kämpften"=sich mühten; die Ruder kämpften sich durchs "träge"; ruhige Wasser).
Atque hic AENEAS (und hier Aeneas) ingentem ex aequore lucum (einen ungeheuren Hain=Wald vom Meer aus)
prospicit (sah er vor sich; gewahrte er). Hunc inter fluvio Tiberinus amoeno (Zwischen diesem (der Flußgott) Tiberinus (durch "liebliche Flut")
verticibus rapidis (in schnellen; reißenden Wirbeln) et multa flavus harena (und gelb durch viel Sand)
in mare prorumpit (bricht ins Meer hervor; ergoß sich). Variae circumque supraque (Vielfältige/sowohl umher als auch darüber)
adsuetae ripis volucres  (mit den Ufern vertraute Vögel; verschiedenartige Vögel, die...vertraut waren) et fluminis alveo (und mit dem Bett des Flusses; Strombett)
aethera mulcebant cantu ("streichelten"; liebkosten; berührten sanft; erfreuten den Aether; griech. aither=die obere Luftschicht; Himmel; Akk. Sing; 3. Dekl.; mit ihrem Gesang; die Vögel erfüllten den Himmel (ringsum und oben; in der Höhe) mit ihrem Gesang) lucoque volabant (und flogen im Wald umher; lucus=Lichtung; vgl. lucere; heiliger Hain; Wald).
---
"circumque supraque" (adv.) ließe sich vom Sinn her auch zu "volabant" ziehen:
"...Vielfältig umher und darüber
schwebten, wohl vertraut mit dem Strand und dem heimischen Strombett,
Vögel und füllten den Äther und Hain mit süßem Gesange."
VERGIL, AENEIS, Goldmann Klassiker mit Erläuterungen, von Thassilo von Scheffer, München 1979, S. 140.
---
Wer Latein nach der 10. Klasse wählt, muß in der Lage sein, die augustäische Trias OVID, VERGIL und HORAZ zu bewältigen!
Wem z.B. der obenstehende Text nichts sagt, sollte besser sein Abitur in Leibesübungen, Gesang und Zeichnen machen. Erdkunde ist auch ein schönes Fach!
Ein gutgemeinter Rat!
---
E.
PLINIUS: 10, 96: Certe satis constat...

Certe satis constat (Gewiß steht es fest) prope iam desolata templa coepisse celebrari (daß die schon fast verlassenen Tempel "anfangen" ("begonnen haben") besucht zu werden; wieder besucht werden), et sacra sollemnia (und die feierlichen Opfer; Gottesdienste) diu intermissa (lange untebrochen; die lange unterbrochen waren; wurden) repeti (wieder aufgenommen werden) passimque venire (carnem) victimarum (und daß überall das Fleisch der Opfertiere verkauft wird; venire, ven-eo, ii (aus venum ire; vgl vendo)=zum Verkauf kommen; verkauft werden), cuius adhuc ("dessen bisher"; für das bisher) rarissimus emptor inveniebatur ("ein äußerst seltener Käufer"; sehr selten ein Käufer gefunden wurde; kaum ein Käufer). Ex quo facile est opinari (Aus diesem=hieraus ist leicht zu vermuten; Reclam: ersehen), quae turba hominum (welche Menge von Menschen) emendari possit (von Fehlern befreit werden kann; moralisch gebessert werden kann; guter Witz! AdV), si sit paenitentiae locus (wenn es eine Gelegenheit für Reue gibt).
---
E.

Samstag, 5. Januar 2013

PLINIUS DER JÜNGERE: 10, 96: Quo magis necessarium...

8) Quo magis necessarium credidi (Um "dieses mehr"; um so mehr glaubte ich, daß es notwendig sei) ex duabus ancillis (aus zwei Mägden), quae ministrae dicebantur (die Gemeindehelferinnen (Diakonissen) genannt wurden), quid esset veri (was "des Wahren" sei; was die Wahrheit ist; die Wahrheit; Objektsatz), et per tormenta quaerere (auch durch Foltern gerichtlich zu erfragen; zu erfahren zu suchen; Reclam: zu erfahren). Nihil aliud inveni (Ich habe nichts anderes gefunden) quam superstitionem pravam et immodicam (als übler und unmäßiger Aberglaube; "jede Religion, die dem römischen Glauben fremd ist"; Anmerkungen, s.o.).
9) Ideo dilata cognitione (Daher, nachdem die Untersuchung verschoben worden war) ad te consulendum decucurri (habe ich meine Zuflucht genommen "zu Dir als einem zu Befragenden"; wende ich mich an Dich, um Dich zu befragen). Visa est enim mihi (Es schien mir nämlich) res digna consultatione (die Sache einer Befragung "würdig" zu sein; wert zu sein), maxime propter periclitantium numerum (besonders wegen der Zahl der "in Gefahr Seienden"=Angeklagten; periclitari=in Gefahr sein; angeklagt werden; Passiv zu "in periculum vocare"; Anmerk., s.o.). Multi enim omnis aetatis (Denn viele jeden Alters), omnis ordinis (jeden Standes); utriusque  (beider Geschlechter; Gen. Sing.) etiam vocantur in periculum (werden auch "in die Gefahr gerufen"=angeklagt!) et vocabuntur (und werden es noch in Zukunft; und werden künftig angeklagt werden). Neque civitates tantum (Nicht nur über die Städte), sed vicos etiam atque agros (sondern auch über Dörfer und Felder (das Land) istius contagio pervagata est (hat sich die Ansteckung dessen=des Aberglaubens verbreitet); quae videtur sisti (dieser; diese Seuche; scheint zum Stehen gebracht werden; angehalten werden; Reclam: läßt sich...eindämmen) et corrigi posse (und korrigiert werden zu können).
---
E.

Donnerstag, 3. Januar 2013

PLINIUS MINOR: X, 96: Alii ab indice...

6) Alii ab indice nominati (Andere, von einem Anzeigeerstatter genannt; Genannte) esse se Christianos dixerunt (sagten, sie seien Christen) et mox negaverunt (und bald leugneten sie aber (wieder); was jetzt? Ja oder nein? AdV); fuisse quidem sed desisse (sie seien es zwar gewesen, hätten aber damit aufgehört; abgeschworen), quidam ante triennium (einige; manche vor drei Jahen), quidam ante plures annos (einige vor mehr Jahren), non nemo etiam ante viginti (manch einer; einige auch vor 20 (Jahren); "blabla"; redet mal Klartext! AdV).
(Hi) quoque omnes (Auch diese alle) et imaginem tuam (sowohl Dein Bild) deorumque simulacra venerati sunt (als auch die Blder der Götter verehrten sie) et Christo male dixerunt (und sie "sagten dem Christus schlecht", d.h. sie schmähten ihn) 7) Adfirmabant autem (Sie versicherten aber) hanc fuisse summam (dies sei das Ganze gewesen; der Hauptpunkt) vel culpae suae vel erroris (sowohl ihrer Schuld als auch des Irrtums), quod essent soliti (daß sie gewohnt gewesen wären) stato die (an einem bestimmten Tag; an einem festgelegten Tag; eig. Part. zu "sistere") ante lucem convenire (vor dem "Licht"=Tagesanbruch zusammenzukommen), carmenque Christo quasi deo dicere (einen Gesang für Christus gleich wie einem Gott zu singen ("sagen"); als ob er ein Gott wäre!) secum invicem (mit sich wechselseitig; im Wechsel; abwechselnd; wechselweise; damit ist der liturgische Wechselgesang zwischen Priester und Gemeinde gemeint) seque sacramento non in scelus aliquod obstringere (und  sich durch einen Eid nicht zu irgendeinem Verbrechen zu verpflichten), sed ne furta (sondern daß/ damit sie keinen Diebstahl (lat. Plural!) ne latrocinia (keine Räubereien) ne adulteria committerent (auch keine Ehebrüche begehen; verüben), ne fidem fallerent (kein Wort zu brechen; "die Treue/ dasa Vertrauen zu täuschen"), ne depositum adpellati abnegarent (nicht das Anvertraute ("Niedergelegte") aufgefordert; gemahnt; obwohl man sie auffordet; abzuleugnen; anvertrautes Gut abzuleugnen; zu unterschlagen; eine Art Kurzfassung der 10 Gebote). Quibus peractis (Nachdem diese Dinge; Angelegenheiten durchgeführt; vollendet; worden waren; danach!) morem sibi discedendi fuisse (sei ihnen die Sitte gewesen "des Wegzugehens"; Gerundium; wegszugehen) rursusque coeundi (und "des wiederum Zusammenkommens"; und wiederum zusammenzukommen; die wissen auch nicht, was sie wollen; erst gehen sie weg, dann kommen sie wieder zusammen! AdV) ad capiendum cibum (um Speise zu sich zu nehmen; Essen zu fassen; zu essen), promiscuum tamen et innoxium (doch gewöhnliche und harmlose ("unschuldige"); die Christen wurden verdächtigt, bei ihren Zusammenkünften kleine Kinder zu schlachten!); quod ipsum facere desisse (genau dieses hätten sie aufgehört zu tun) post edictum meum (nach meinem Erlaß; man sollte immer in Erlassen sprechen; AdV), quo secundum mandata tua (durch den; in dem ich gemäß Deinen Befehlen; Anordnungen Reclam) hetaerias esse vetueram (verboten hatte, daß Vereinigungen sind; bestehen; existieren; Zusammenkünfte verboten hatte).
---
"...die hellenistischen Griechen neigten zum Clubwesen. Das von Trajan ganz allgemein angeordnete und von P. ausgesprochene Verbot von Hetaerien ist aus politischen, nicht etwa religiösen Gründen erfolgt."
ALTSPRACHLICHE TEXTAUSGABEN, SAMMLUNG KLETT, PLINIUS, BRIEFE, bearb. v. Dr. Niels Wilsing, genehmigt für den Gebrauch in Schulen durch Education and Cultural Relations Division, Office of Military Government (U.S.) am 28. 11. 49; ANMERKUNGEN, gedr. bei Ernst Klett, Stuttg., S. 22.
---
Optime!
---
Omnibus discipulis verae Latinitatis!
---
Educator verus et unicus

Mittwoch, 2. Januar 2013

PLINIUS: X, 96: Fuerunt alii...

4) Fuerunt alii similis amentiae  ("Es waren andere"; es gab andere von ähnlicher Verrücktheit; "Alle ver-ruckte", würde der Italiener sagen), quos, quia (die, weil) cives Romani erant (sie römische Bürger waren), adnotavi ( ich vermerkt habe) in urbem remittendos (daß sie in die Stadt (=Rom) zu schicken seien; geschickt werden sollen; Gerundiv).
Mox ipso tractatu (Bald in der Untersuchung selbst) ut fieri solet (wie es zu geschehen pflegt; wie es gewöhnlich so geht), diffundente se crimine (wenn sich eine Anklage ausdehnt; abl. abs.) plures species inciderunt (ereigneten sich viele Arten (von Fällen); trugen sich viele Fälle zu; kamen vor).
5) Propositus est libellus ((Mir) wurde ein Büchlein; Verzeichnis; Notizbuch vorgelegt; zugestellt; Reclam) sine auctore (ohne Autor; anonym) multorum nomina continens (die Namen vieler enthaltend; das...enthielt). Qui negabant (Diejenigen, die leugneten) esse se Christianos (Christen zu sein) aut fuisse (oder es gewesen zu sein), cum praeeunte me (weil, als ich eine Eidesformel vorsprach; abl. abs.; wörtl.: "während ich vorangehe (mit Worten?)" deos adpellarent (sie die Götter anriefen) et imagini tuae (und  zu Deinem Bild=Kaiserbild), quam propter hoc iusseram (das ich wegen diesem; deswegen; dafür; zu  diesem Zweck, Reclam; befohlen hatte) cum simulacris numinum adferri (daß es mit den Bildern der Götter; Gottheiten; herbeigebracht; herbeigeschafft; werde; das auf meinen Befehl hin hergebracht wurde; das ich...herbeischaffen gelassen hatte; ließ; relative Verschränkung; hier: ACI im Relativsatz), ture ac vino supplicarent (mit Weihrauch und Wein beteten; Dein Bild anflehten;und opferten Deiner Statue; Reclam), praeterea male dicerent Christo (außerdem "dem Christus schlecht sagten"=Christus schmähten, lästerten), quorum nihil cogi posse dicuntur ("sie werden gesagt", daß (sie) zu nichts dieser Dinge gezwungen werden können; zu welchen Dingen sie nicht gezwungen werden können, wie man sagt; man sagt, daß sie zu nichts davon gezwungen werden können; wozu man die nicht zwingen kann, so sagt man), qui sunt re vera Christiani (die in Wahrheit Christen sind; wirkliche Christen sind; Subjektsatz zu "dicuntur"; die wahren Christen), dimittendos putavi (glaubte ich, daß sie wegzuschicken seien; entlassen werden müssen; sollen; sollten).
---
Ganz schön schwer! Doch dem Ingenieur ist nichts zu "schwör"!
quorum nihil: wörtlich: "zu welcher Dinge nicht(s)"
SATZBAUPLAN: Relativsatz: Qui negabant...bezieht sich auf "remittendos"-ACI: esse...fuisse-Kausalsatz:cum-abl.abs: praeeunte me-...tuae-Rel.satz mit ACI: quam...iusseram...Fortsetzung des cum-Satzes; ture..., Fortsetzung: praeterea...Christo, Rel.satz+NCI: quorum...dicuntur-Rel.satz: qui...Christiani-HAUPTSATZ+ACI: dimittendos (esse) putavi.
Ich glaubte, daß ich diejenigen entlassen (freilassen) müsse, die sagten, daß sie keine Christen seien oder gewesen sind, weil sie, während ich ihnen eine Eidesformel vorsprach,  die Götter anriefen und zu Deinem Bild, das ich zu diesem Zweck zusammen mit den Götterbildern hatte herbeischaffen lassen, mit Weihrauch und Wein beteten (Deinem Bild opferten), außerdem Christus schmähten, wozu die, wie man sagt, nicht gezwungen werden können, die wahrhaft Christen/ wirkliche Christen sind.
---
E.
PLINIUS XX, 96: Nec mediocriter...

2) Nec mediocriter haesitavi (Auch habe ich nicht wenig ("gering") gezweifelt; bin ich kaum schwankend gewesen; unentschlossen gewesen), sitne aliquod discrimen aetatum (ob irgend ein Unterschied der Altersstufen (bei den...) ist; bestehe), an quamlibet teneri (oder ob beliebig ("wie es beliebt") die Jungen (vgl. den Ausdruck: in zartem Alter) nihil ab robustioribus differant (von den "Stärkeren"=Älteren sich gar nicht unterscheiden); detur paenitentia venia (ob der Reue Verzeihung gegeben werden möge), an ei (oder diesem), qui omnino Christianus fuit (der überhaupt einmal Christ gewesen ist), desisse non prosit (es nicht nützt, aufgehört zu haben (scil. Christianum esse=Christ zu sein;=abzuschwören); nomen ipsum, si flagitiis careat (allein der Name; schon der Name, wenn er frei ist von Schandtaten; wenn ihm keine Verbrechen anhaften), an flagitia cohaerentia nomini puniantur (oder sollen die Untaten, die dem Namen anhängen; die mit dem Namen verbunden sind, bestraft werden; Zeugma?). Interim, (in) iis qui ad me tamquam Christiani deferebantur (Inzwischen, bei denen, die mir ("zu mir") als (wie) Christen angezeigt wurden, hunc sum secutus modum (habe ich dieses Verfahren verfolgt; folgendes...angewendet).
3) Interrogavi ipsos (Ich habe sie persönlich gefragt), an essent Christiani (ob sie Christen seien). Confitentes (Die "Gestehenden"; die es zugaben) iterum ac tertio interrogavi (habe ich zum zweiten und dritten Mal gefragt) supplicium minatus (die Todesstrafe androhend; indem ich...); perseverantes (die "Beharrenden"; die sich beharrlich weigerten; die standhaft beharrten; also die "Sturköppe") duci iussi (habe ich befohlen, daß sie  "geführt werden" (scil. ad supplicium=zur Hinrichtung). Neque enim dubitabam (Denn ich zweifelte auch nicht) qualecumque esset (was auch immer es wäre; sei; war; ) quod faterentur (was sie gestanden; egal, was sie gestanden; gestehen würden), pertinaciam certe (daß die Hartnäckigkeit; Sturköpfigkeit; Starrsinn; gewiß) et inflexibilem obstinationem debere puniri (und ihre unbeugsame Verstockung bestraft werden müsse).
---
Die Christen nannten dies natürlich Glaubensstärke bzw. -festigkeit.
---
Für den Römer der damaligen Zeit war das Christentum eine von vielen mehr oder weniger (eher weniger) legalen Vereinigungen. Es gab viele Sekten dieser Art. Keine war besonders originell. So hatte sogar JESUS einen Vorläufer. Bei den ESSENERN, einer asketischen Sekte in der Wüste am Toten Meer, die den ganzen Tag auf den MESSIAS warteten (ein beliebter "Volkssport" zur damaligen Zeit), gab es jenen geheimnisvollen"LEHRER DER RECHTSCHAFFENHEIT" der schon 150 Jahre  vor Jesus Ähnliches verkündet bzw. von sich gegeben hat (s. auch die Schriftrollen von QUMRAN).
(Zu den ESSENERN s. auch FLAVIUS IOSEPHUS: DER JÜDISCHE KRIEG, PHILO VON ALEXANDRIEN, PLINIUS SECUNDUS)
Die Christen waren also, anders als sie von sich selbst glaubten, nichts Besonderes.
Vor allem die niedrigen Schichten hingen (aus verständlichen Gründen) der neuen Lehre an. Sie lehrten den einen unsichtbaren Gott, dessen Reich nicht von dieser Welt sei und der seinen Sohn geopfert hatte. JESUS selbst, der Gründer der Sekte und ihr Meister, wurde hingerichtet.
Hinzu kam, daß die Christen etwas von einem Geheimclub umwehte: nächtliche Zusammenkünfte an geheimen Orten, angebliche Opferrituale, subversives Gebaren, Fanatismus, Verbohrtheit u. dergl.
Diese Sturheit offenbarte sich besonders in ihrer Ablehnung der röm. Staatsgötter und des Kaiserkultes.
(Pech, daß die Römer gerade darin keinen Spaß verstanden!)
Es ist also nicht verwunderlich, daß die Christen für die Römer Staatsfeinde, Kriminelle und Pöbel waren, die ihr schönes Reich zu unterminieren drohten und die es daher zu bekämpfen galt.
Im besten Fall sahen sie in ihnen einen Haufen Verblendeter, die einer "spinösen" Irrlehre folgten.
Es war ein Kampf Spiritualismus gegen Materialismus.
---
E.

PLINIUS SECUNDUS: X, XCVI: Solemne est mihi...("Christenbriefe")

C. PLINIUS TRAIANO IMPERATORI (Gaius Plinius für Kaiser Trajan; an Kaiser Trajan)

1) Sollemne est mihi (Es ist mir gewohnt; bin gewohnt), domine (Herr), omnia de quibus dubito (alle Dinge, über die ich zweifle; alles, worüber ich zweifle; Zweifel hege) ad te referre (an Dich zu berichten). Quis enim potest (Wer nämlich kann) melius vel cunctationem meam regere vel ignorantiam instruere (besser sowohl mein Zögern "lenken"; mir sagen, wo's lang geht; als auch mein Unwissen "unterrichten"; mich in meiner Ignoranz belehren; Plinius stapelt hier mächtig tief; vielleicht war er ja wirklich völlig überfordert, der Arme; AdV)?
Cognitionibus de Christianis interfui numquam (An gerichtlichen Untersuchungen von Christen; hinsichtlich der Christen; habe ich niemals (noch nie) teilgenommen)): ideo nescio (daher weiß ich nicht; was weiß der überhaupt? AdV), quid et quatenus (was und inwieweit; in welcher Beziehung) aut puniri soleat aut quaeri (es gewöhnlich ist; oft vorkommt; normal ist; es üblich ist, daß entweder bestraft wird oder (gerichtlich) untersucht wird; eine Untersuchung eingeleitet wird; von Staats wegen verfolgt wird).
---
Sarae Catrinaeque virginibus
---
Euer Educator