Murmillo-Archiv

Mittwoch, 23. Mai 2012

PRIMA 24 - 27:
(übersetzt von Erec)


PRIMA 24: Ein Opfer für Mars

Allmählich kamen die Menschen auf dem Marsfeld zusammen, die von Marcus Porcius und Lucius Valerius zusammengerufen worden waren.
Von diesen waren zwei Jahre hindurch (lang) die Bürger "geschätzt" worden (d.h. erfaßt und in Steuerklassen eingeteilt worden).
Die "geschätzten" (eingeteilten) Bürger wurden von den Zensoren in einem langen Zug aufgestellt. Dann warteten die Bürger, die auf dem Marsfeld zusammengerufen worden waren, auf die Opferzeremonie. Schließlich "reinigte" (entsühnte) Marcus Porcius mit seinem Amtskollegen öffentlich die aufgestellte Schar:
Er trat mit den Liktoren vor; die Opfertiere wurden von mehreren Männern getrieben, die vorher wegen ihrer Namen ausgewählt worden waren: Der Glückliche, der Beglückte, der Gesegnete (Felix, Fortunatus, Prosper). Von diesen ausgewählten Männern wurden die Opfertiere, deren Häupter geschmückt waren, dreimal um die Menge der Bürger geführt. Darauf gingen die Zensoren zum Altar des Mars, der auf dem Marsfeld aufgestellt war. Dort wurde von Priestern das Blut der getöteten Opfertiere aufgefangen und ihre Eingeweide geprüft (untersucht). Dann betete Marcus Porcius Cato mit lauter Stimme: "Mars, demütig bitten wir dich! Höre unsere Bitten (unser Flehen)! Dir übergeben wir das öffentliche Wohl (vertrauen wir...an). Bewahre du, durch unser Opfer bewegt, das römische Volk und mehre dessen Ruhm! Die dir geschuldeten Dienste (die Pflichten, die wir dir schulden) sind immer von uns mit höchster Frömmigkeit bewahrt (eingehalten) worden. Berücksichtige unsere Bitten! Wir werden dir dankbar sein. Und wiederum wird es eine Opferzeremonie für dich geben."
Kommentar: Grausige abergläubische Riten. Nicht gerade für zarte Gemüter geeignet! Man sieht: Religion ist hier geradezu ein Kuhhandel zwischen Mensch und Gott (ein deal!). Der Mensch will sich durch das Opfer einen Vorteil verschaffen. Dumm ist nur, daß die armen Tiere dafür herhalten müssen!


PRIMA 25z: Caesar - ein Gott?

Primo Brutus et Cassius (Zuerst Brutus und Cassius), postquam Caesarem (nachdem sie Caesar) cum amicis interfecerunt (mit ihren Freunden getötet haben; hatten), corpus dictatoris (den Körper des Diktators) in Tiberim (in den Tiber) mittere volebant (wollten sie werfen). Tum autem Antonius et Piso (Dann aber Antonius und Piso), amici Caesaris (Freunde Caesars), eos prohibebant (hielten sie/diese davon ab) et Caesarem (und daß Caesar) publico funere efferri (in einem öffentlichen Begräbnis zu Grabe getragen wird) iusserunt (befahlen sie; sie befahlen, daß...). Quod senatores probaverunt (Dies billigten die Senatoren; hießen es gut); timebant enim (sie fürchteten nämlich) iram populi (den Zorn des Volkes; den Volkszorn), qui dictatorem amaverat (das den Diktator geliebt hatte) eiusque mortem dolebat (und über seinen/dessen Tod Schmerz empfand). Immo vero (Ja sogar; vielmehr; im Gegenteil) senatores (die Senatoren) Caesarem ut deum coli (daß Caesar wie ein Gott verehrt werde) decreverunt (beschlossen sie; sie beschlossen, daß...).
Hoc (Dies) Antonius consul (der Konsul Antonius) statim populo indicavit (meldete sogleich dem Volk); multi enim cives (viele Bürger nämlich), qui in forum convenerant (die auf dem Forum) zusammengekommen waren), funus spectare studebant (bemühten sich, das Leichenbegängnis zu betrachten; sich anzuschauen). Antonius (Antonius) e Caesaris testamento (aus dem Testament Caesars), quod ille (das jener) paulo ante fecerat (kurz vorher gemacht hatte), recitavit (las vor).
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Ita cives valde moti sunt (So sind die Bürger (innerlich) sehr bewegt worden, waren ergriffen); nam Caesar (denn Caesar) omnes cives (daß alle Bürger) post mortem suam (nach seinem Tod) trecentis sestertiis donari (mit 300 Sesterzen/Silbermünzen beschenkt werden) iusserat (hatte befohlen; er hatte nämlich befohlen, daß). Postquam Antonius (Nachdem Antonius) togam cruentam (die blutige Toga) de corpore Caesaris (vom Körper Caesars) movit (bewegt; entfernt hat/hatte), populus ad tribunal contendit (eilte das Volk an das Podium) et dictatoris corpus (und den Körper des Diktators) flammis dedit (übergab es den Flammen). Alii (Die einen) mensas e tabernis mercatorum rapiebant (raubten Tische  aus den Läden der Kaufleute) et in flammas eiciebant (und warfen sie in die Flammen), alii (die anderen) argentum et aurum (Silber und Gold).
Denique (Schließlich, zuletzt) multi cives (viele Bürger) ira commoti (von Zorn bewegt; weil sie von Zorn bewegt waren,) illos viros (jene Männer), qui Caesarem interfecerant (die Caesar getötet hatten), in viis necare studebant (bemühten sich (versuchten), in/auf den Straßen zu töten); sed Brutus (aber Brutus) eiusque comites (und seine Begleiter) iam Roma fugerant (waren schon aus Rom geflohen).
Et ecce (Und, siehe da), per septem noctes (sieben Nächte hindurch) cometes visus est (ist ein Komet gesehen worden). Ita omnes (So alle) Caesarem (daß Caesar) a deis in caelum acceptum esse (von den Göttern in den Himmel aufgenommen worden ist/sei) putabant (glaubten; alle glaubten, daß...).---
Nach Gaius SUETONIUS Tranquillus (etwa 70-150 n. Chr.): De vitis Caesarum (Leben der Caesaren).
Berühmte Römer wurden nach ihrem Tod vom Senat zum Gott erklärt. Diesen Vorgang nannte man APOTHEOSE=Vergöttlichung. Eine praktische und feine Sache! Würde mir auch gefallen.
Der Philosoph SENECA hat eine bekannte Satire auf die Vergottung des Kaisers CLAUDIUS geschrieben, die berühmt-berüchtigte APOCOLOCYNTOSIS="Verkürbissung" (Veräppelung).
Laßt euch nicht "verkürbissen"!


PRIMA 26: Der Mythos von Narziss und Echo

Quondam (Einstmals) Echo (E.), quae in silva vivebat (die im Wald lebte), aspexit Narcissum (erblickte den Narzissus) bestias capientem (Tiere fangend; der/als er/wie er Tiere fing). Ubi (Sobald) inter arbores (zwischen Bäumen) vidit hunc iuvenem pulchrum (sie diesen schönen jungen Mann sah), amore accensa  est (ist sie in Liebe entflammt worden). Per silvam et agros (Durch den Wald und die Felder) vestigia eius petens (seine Spuren suchend; als sie...) ab eo (von diesem/ihm) magis magisque (immer mehr) amari cupiebat (wollte sie geliebt werden). Sed cum (Aber als) eum appellare vult (sie diesen anrufen will), natura hoc vetat (verbietet; verhindert es die/ihre Natur).
Tum demum (Dann endlich) Narcissus eam audit (hört Narzissus diese/sie) adeuntem (herantretend; wie sie herankommt), sed non videt (doch er sieht sie nicht). Itaque interrogat (Daher/Also fragt er): "Quis adest (Wer ist da)?"- "Adest (Ist da)!" respondet Echo (antwortet Echo).
Narcissus (N.) verbum auribus accipit (empfängt das Wort mit den Ohren; nimmt auf; hört) et puellam verbum repetentem quaerit (und sucht das das Wort wiederholende Mädchen; das Mädchen, welches...). Sed nihil videns (Doch nichts sehend; weil er...): "Cur", inquit (sagte er: "Warum) "me fugis (fliehst du vor mir)?"- "Me fugis ("Fliehst du vor mir)!" illa repetit (wiederholt jene).
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Hic autem (Dieser aber) territus (erschreckt; weil er...; erschrak und...) magna voce clamat (ruft/rief mit lauter Stimme): "Huc veni (Komm hierher)!" Et illa amore ardens (Und jene vor Liebe "glühend"; weil sie... entflammt war/ist) vocat vocantem (ruft den Rufenden).
Rursus Narcissus (Wiederum Narzissus): "Te videre volo (Ich will dich sehen)!"- Et Echo (Und Echo): "Volo (Ich will)!"
Nunc puella iuveni pulchro occurrit (Nun läuft das Mädchen dem schönen Jüngling entgegen).
Sed ille fugit (Aber jener flieht; Feigling! Ein Mann flieht nicht! AdV) fugiensque clamat (und fliehend; indem er... ruft er): "Veto (Ich verbiete) corpus meum a te tangi (daß mein Körper von dir berührt wird)!"
Ita (So/Auf diese Weise) Echo (E.) a Narcisso fugiente (vom fliehenden Narzissus) repulsa est (ist zurückgestoßen worden; zurückgewiesen worden) et in silvam se recepit (und zog sich in den Wald zurück). Hinc (Hierauf) sola vivebat in antro (lebte sie allein in einer Höhle; Grotte). Amor tamen manebat (Die Liebe blieb dennoch-dolor crescebat (der Schmerz wuchs). Tandem (Schließlich/endlich) membra amantis solvuntur (lösen sich die Glieder der Liebenden auf); manet vox (es bleibt die Stimme (übrig)).
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Anm.:
(Traurige sowie rührende Liebesgeschichte zwischen einem Schönling und einer Nymphe und zugleich mythologische Erklärung einer Naturerscheinung. Nach Ovid: Metamorphosen, lib. 3, 339-510.)
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(Sie hat sich sozusagen vor Liebe verzehrt. Doch die Strafe folgt auf dem Fuß. Der Schönling verliebt sich an einem Bach in sein eigenes Spiegelbild und geht an dieser hoffnungslosen Liebe zugrunde. Also: Eigenliebe ist ein Verstoß gegen göttliches Gesetz! Ganz anders Oscar Wilde, der einmal sagte: ".Die Eigenliebe ist der Beginn einer lebenslangen Romanze."
Zu den Nymphen, s. E. Peterich/ P. Grimal: Götter und Helden (dtv), München 1983, S. 39f:
"Überall, wo die Natur unberührt ist und geheimnisvoll, lebt das schöne und scheue Geschlecht der Nymphen. Im Murmeln der Quelle, im Plätschern des Bachs, im Rauschen von Busch und Hain flüstern die Stimmen dieser göttlichen Mädchen; aber auch im Schweigen des Waldes, der Bergeshöhen und einsamer Inseln glaubten die Griechen sie zu erlauschen...Sie meiden die Menschen (daran tun sie recht, AdV), entfliehen den lüsternen Satyrn und Silenen, entziehen sich selbst mächtigen Göttern, die um sie werben, durch rasche Verwandlung...Die Nymphen sind von dreierlei Art: Naiaden, Dryaden und Oreaden. Die Naiaden sind die Nymphen des Wasser. Zu den Dryaden, den Baumnymphen, gehören die Hamadryaden, die nicht unsterblich sind, sondern mit der Pflanze, in der sie leben, entstehn und vergehen. Eine Oreade oder Bergnymphe ist ECHO, die den Narkissos leidenschaftlich liebte und sich im Schmerz über seine Sprödigkeit so sehr verzehrte, daß nichts von ihr übrig blieb als die hallende Stimme.")


PRIMA 27: Penelope vermisst Odysseus

Penelope wünscht ihrem Odysseus Wohlergehen.
Wenn Du gesund bist, ist es gut. Mir selbst geht es nicht gut. Diesen Brief schickt Dir, Odysseus, obwohl Du nicht zurückkehrst, deine Penelope, die durch Liebe bewegt ist (weil sie...). Ach, ich Unglückliche (Arme)! Von Dir-obwohl Du Dich gewiß nach Deiner Familie sehnst-habe ich keinen Brief erhalten, keinen Trost. Doch  es ist nicht nötig, daß Du mir antwortest: Komm selbst (persönlich)!
Ich liege verlassen im Bett; die langen und dauerhaften Nachtwachen ertrage ich kaum. Mein Geist (Inneres) wird von Furcht gequält: Denn nachdem Troja zugrunde gerichtet worden war (verloren war), habe ich gesehen, daß einige deiner Gefährten in die Heimat zurückgekehrt sind-aber Dich selbst sehe ich unter unserem Dach nicht (Dach=pars pro toto für Haus; AdV). Andere Frauen sind zufrieden (glücklich), doch die Frau des Anführers selbst ist alleine (einsam). So machen mich die traurigen Sorgen fertig, weil ich um Dein Leben fürchte.
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Ohne Dich gelingt mir nichts, nichts erfreut mich. Wo nimmst Du nun Mühen und Gefahren auf Dich? Warum kehrst Du nicht zurück? Zeige (beweise) Deine Liebe, indem Du nach Hause zurückkehrst. Du weißt ganz genau: Ich bin die Deine. Penelope wird immer die Gattin des Odysseus sein, und niemals wird sie einen anderen Mann heiraten (sich einem...vermählen). Ich freilich werde Dir meine Liebe zeigen, wenn Du zurückkehrst!
Nun bedrängt mich die Menge der Männer (das sind die Freier, AdV), die (weil sie) Deinen Platz (einnehmen) wollen; ich ertrage jene nicht mehr, die du-obwohl selbst abwesend- mit Deinen Mitteln ernährst (durchfütterst; AdV). Groß ist die Frechheit jener Männer, die Deine Güter verzehren. Ich selbst habe nicht die Kräfte (Mir selbst sind nicht...) gegen jene Feinde entschieden (heftig) vorzugehen. Du bist mir Burg und Altar-komm nach Hause!
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Anm.:
Tolle Frau, diese Penelope!

"Junge, komm bald wieder, bald wieder, nach Haus; Junge fahr nie wieder, nie wieder hinaus..."-Schrecklich, aber irgendwie Kult!
Zeile 13: und ohne mich Euch auch nichts; AdV!


PRIMA 42: DIE SEHERIN VELEDA
Ich werde Veleda genannt und mir ist gegeben, die künftigen Dinge zu sehen. Wenn ich freilich (allerdings) über die künftigen Dinge (die Zukunft) gefragt werde, hoffe ich, daß ich günstige Dinge sehen werde; denn widrige Dinge vorauszusehen, gefällt mir nicht. Daher ist jene Fähigkeit, die mir von Natur aus gegeben ist, oft schwer. Ich möchte ein Beispiel vorbringen: Ein Soldat, der in den Kampf ziehen wird (will), fragt über den Ausgang des Kampfes. Wenn dieser hört: "Du wirst aus dem Leben hinausgehen (scheiden; sterben)!", wird er entweder traurig oder in Zorn geraten (entflammt) weggehen. Wenn ich aber sage: "Ich sehe, daß du unversehrt zurückkommen wirst!", verspricht jener, daß er mir später eine Belohnung geben wird und am nächsten Tag wird er sich mit frohem und starkem Mut dem Feind entgegenwerfen (wirft er sich...).
Als die Germanen neulich gegen die Römer kämpften, kamen sie, um mich zu befragen. Von da an (deshalb) ist mein Ansehen um vieles vermehrt (vergrößert) worden: Ich habe nämlich vorhergesehen, daß die Germanen die Sache gut ausführen werden ((würden); ihre Sache gut machen werden), und ich sagte, daß sie-was damals unglaublich war- die römischen Legionen besiegen werden. In der Tat (tatsächlich) geschah dies, was ich gesagt hatte. Seit jener Zeit glauben (glaubten) viele Germanen, daß ich sogar eine Göttin sei. Aber-wie ich schon oben erwähnt habe- mein  Leben ist auch hart. Weder mit Verwandten noch mit Freunden wohne ich, ich lebe allein in einem Turm. Außerdem: Damit die Verehrung vergrößert (größer) wird, dürfen die Menschen weder meine Zelle besuchen noch mich selbst anrufen. Daher wählen diejenigen, die um Hilfe bitten, irgendeinen von meinen Verwandten aus und schicken ihn zu mir, damit jener die Antworten und Ratschläge der Götter empfängt (empfange). Aber (Doch) ich bin guten Mutes: Jetzt schätzen mich die Germanen hoch...und deutlich sehe ich, daß bald auch die Römer mich verehren werden.----
Veleda war eine "alte Hexe", die dem armen Drusus so einen Schrecken eingejagt hat, daß er vom Pferd fiel und starb. Andererseits war sie eine charismatische Person, die der Sache der Germanen große Dienste erwiesen hat. Ich stelle mir eine ältere Lady mit hintergründigem Blick vor.
Doch Veledas Leben ist hart!
Sie ist ein Beispiel dafür, daß tieferes Wissen und Einblick in den Lauf der Dinge einsam macht. Man fühlt beim Lesen richtiggehend mit.
Eigentlich kann sie aber froh sein, das Verwandtenpack loszusein. Schon in der Hl. Geschrift steht geschrieben: Deine Feinde sind deine Hausgenossen (Jeremias; und der muß es wissen, denn der war schließlich Prophet!).







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