Murmillo-Archiv

Montag, 14. März 2016

SENECA: EPISTULA 47, 18-21

Es wird irgendeiner nun sagen, daß ich die Sklaven "zu der Freiheitsmütze" rufe (=zur Freiheit aufrufe) und die Herren von ihrem Gipfel herabwerfe, weil ich gesagt habe, sie mögen eher den Herrn verehren als fürchten. So ganz und gar, sagt er? Sie sollen (ihn) verehren wie Klienten, wie Aufwartende (Marke "Grüßaugust"). Wer das sagt (gesagt haben wird), vergißt, daß es den Herren nicht zu wenig sei, was dem Gott genug ist. Wer (ihn) verehrt, wird auch geliebt: Liebe kann mit Furcht nicht vermischt werden (läßt sich nicht...). Ich glaube also, daß du sehr richtig gehandelt hast, daß du von deinen Sklaven nicht gefürchtet werden willst, daß du die Zurechtweisung mit Worten benutzt: durch Schläge werden "die Stummen" (=Tiere; kein Tierfreund!) ermahnt. Nicht alles, was uns "anstößt", verletzt auch; aber zur Wut zu gelangen zwingen uns der Luxus (das Wohlleben; Sinn ?), so daß alles, was nicht dem Willen entspricht, den Zorn hervorruft. Wir "ziehen uns" die "Gemüter" der Könige an (wir eignen uns deren tyrannische Wesensart an); denn jene auch, vergessend sowohl ihrer Kräfte (Macht) als auch fremder Schwäche, entbrennen so, rasen dermaßen, als ob sie Unrecht erfahren hätten, "von welcher Sache Gefahr" (von welcher Gefahr) jene die Größe ihrer Stellung sehr sicher macht. Und auch nicht wissen sie dies nicht (d. h. sie wissen ganz genau), aber sie ergreifen die Gelegenheit des Schadens "durch ihr Klagen" (indem sie "einen auf beleidigt machen"); sie empfingen Unrecht, um es zu tun.
Länger will ich dich nicht aufhalten; dir ist nämlich keine Ermahnung nötig. Dies (diesen Vorteil) haben unter anderem die guten sitten (Charakterzüge): sie gefallen sich selber, sie bleiben. "Leicht" (unbeständig) ist die Bosheit, oft verändert sie sich, nicht zum Besseren, sondern zu dem anderen (=dem Schlechteren). Lebe wohl.
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by decurio

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