Murmillo-Archiv

Dienstag, 29. März 2016

SENECA: BRIEF 70, 24-28

Nichts steht dem Wollenden (wenn man es will) im Wege, auszubrechen und hinauszugehen: die Natur bewacht uns im freien. Wem seine Lage es erlaubt, der schaue sich nach einem sanften Ausgang um; wem mehr Dinge zur Hand sind, durch die er sich befreit, dieser/ der treffe eine Wahl und, wie er am ehesten befreit wird (würde), überlege er (Nebensatz nachstellen): wem eine "schwierige Gelegenheit" ist (also wer kaum eine hat), dieser reiße jede nächste als (für) die beste an sich (die erst beste), mag sie unerhört, mag sie neu sein (licet, ut...sit=es ist möglich, daß...sei).
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Es wird nicht zum Tod die Erfindungsgabe fehlen, wem nicht der Mut gefehlt hat. Siehst du, wie auch die letzten Sklaven, wo jenen der Schmerz die Sporen gibt (der Schmerz Stacheln=Qualen "hintreibt"/zufügt), angetrieben werden und die aufmerksamsten Wächter/ Bewachungen täuschen? Jener ist ein großer Mann, der sich den Tod nicht nur befiehlt, sondern auch (für sich) findet. Aus demselben Bereich habe ich dir (noch) mehr Beispiele versprochen.
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Beim zweiten Schauspiel (Vorführung) einer Seeschlacht stieß sich ("versenkte") einer von den Barbaren eine Lanze, die er gegen die Feinde erhalten hatte, ganz in seine Kehle. Warum, warum, sagte er, entfliehe ich nicht schon längst all der Qual, all dem Hohn? Warum erwarte ich den Tod bewaffnet? Um soviel war das Schauspiel sehenswerter, um wieviel ehrenvoller die Menschen zu sterben lernten als zu töten.
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 Was denn? Soviel/ wieviel Mut ("dies/was des Mutes") verdorbene (Menschen) und soviel/ wieviel schädliche haben, werden nicht (auch) jene haben (besitzen), die eine lange Einübung gegen diese Schicksalsschläge unterrichtet hat (unterwiesen; ausgerüstet hat) und die Vernunft, die Lehrmeisterin aller Dinge? Jene lehrt uns, daß die die Annäherungen (Zugänge) zum Schicksal (Tod) verschieden sind, das Ziel (Ende) immer das gleiche ist, daß es (aber) keinen Unterschied mache, von wo (ab wann) es beginnt, was kommt (sowieso kommen muß und wird).
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Jene selbe Vernunft mahnt, daß du natürlich (selbstverstänlich; womöglich) stirbst (zu sterben), wie du kannst, und alles, was (dir) begegnet ist (sein wird) "zu der dir hinzubringenden Gewalt" (um dir Gewalt anzutun, beizubringen), ergreiftst (an dich reißt; dich daran machst). Es ist unrecht, durch Raub zu leben, doch dagegen sehr schön durch Raub zu sterben (gemeint ist: das an sich reißen der Gelegenheit zu sterben). Lebe wohl.
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Bin da leider etwas anderer Meinung. Es wird nicht aufgegeben, sondern gekämpft bis zum Sieg oder bitteren Ende.
der Mann, der niemals aufgibt,
 the decurio.

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