Lepus europaeus (Feldhase)
Nach seiner Ankunft in Britannien begibt sich MINUTUS "stante pede" (sofort) nach LONDINIUM, wo er AULUS PLAUTIUS trifft, den "commander-in-chief" der Provinz, dem insgesamt 4 Legionen unterstehen.
Dieser erhielt von KAISER CLAUDIUS die Order, nach Rom zu kommen, da ihm ein Triumph zustehe. Doch PLAUTIUS hält dies für eine Farce. Auch wirft man ihm vor, er habe sich bereichert.
"Als ob einer sich in diesem Land bereichern könnte! Roms Geld verschwindet hier wie in einem Faß ohne Boden. Claudius muß einen Triumph feiern lassen, damit man in Rom glaubt, Britannien sei befriedet. Aber dieses Land kann niemand befrieden. Hier wird es immer wieder Aufruhr geben."
PLAUTIUS teilt MINUTUS der Legion des FLAVIUS VESPASIANUS zu, den er wie folgt charakterisiert:
"Er ist mein erfahrenster Krieger und mein zuverlässigster Legat, ein bißchen schwerfällig, aber ruhig und besonnen. Seine Herkunft ist sehr bescheiden, und seine Sitten sind derb und volkstümlich, ansonsten ist er ein Ehrenmann. Mehr als Unterfeldherr wird er wohl nie werden, aber die Kriegskunst kannst du unter ihm erlernen, wenn du wirklich deshalb hierhergekommen bist." (VESPASIAN wurde, ganz nebenbei bemerkt, Kaiser!)
MINUTUS teilt nun (freiwillig!) das harte Leben der einfachen Legionäre. Eine gallische Reiterabteilung, die zu seiner Garnison gehört, nimmt ihn auf einen Beutezug mit. Bei der Beuteverteilung wird ihm eine junge Britin vom Stamm der Icener zugeteilt. Die Veteranen der Einheit meinen:
"Wenn einer von uns sie nimmt, steckt sie ihm bloß einen Dolch in die Gurgel, sobald sie die Hände frei hat. Du aber bist ein vornehmer Jüngling mit feinen Manieren und kannst sogar Griechisch. Du gefällst ihr bestimmt besser."
Die Veteranen geben ihm noch diese wohlgemeinten Ratschläge:
"Zu allererst einmal müsse ich sie jeden Morgen und jeden Abend prügeln, um ihr die Mucken auszutreiben, sagten sie und gaben mir noch andere Ratschläge, die ich aber nicht auf sauberem Papier niederschreiben mag."
Ein Baumeister, der die Landessprache leidlich spricht, erklärt:
"Sie will sich weder waschen noch kämmen, weil sie deinen Absichten mißtraut. Wenn du sie anrührtst, bringt sie dich um, das schwört sie bei der HASENGÖTTIN."
Doch MINUTUS will sich keine Probleme aufhalsen. Er will deshalb LUGUNDA laufenlassen. No woman, no cry!
"Der Baumeister schüttelte den Kopf und gestand mir, er habe mich schon für verrückt gehalten, als er sah, wie ich freiwillig mit den Legionaren (sic) schuftete, aber daß es so schlecht mit mir stehe, hatte er sich nicht gedacht."
Von VESPASIAN erfährt nun MINUTUS, daß LUGUNDA von den DRUIDEN zur HASENPRIESTERIN auserwählt wurde.
"Daß LUGUNDA zur Priesterin auserkoren war, hatte ich nicht geahnt. Ich hatte zwar bemerkt, daß sie kein Hasenfleisch essen konnte, ohne sich zu erbrechen, und sie duldete auch nicht, daß ich HASEN mit der Schlinge fing, aber ich hatte das nur für eine Barbarenlaune gehalten..."
Nach längerer Abwesenheit sieht er LUGUNDA wieder:
"In diesem Sommer nahm ich in der kürzesten Nacht in einem Rundtempel aus mächtigen Steinen an einer Sonnenanbetung teil...Die größte Überraschung aber war für mich LUGUNDA, die während des Winters zur jungen Frau herangewachsen war. Ich traf sie in ihrem HASENHOF. Sie trug den weißen Mantel der HASENPRIESTERINNEN und ein silbernes Band im Haar. (...) Als sie dann aber wieder zu mir kam, mich anlächelte und mir ihren LIEBLINGSHASEN zu halten gab, schmolz mein Zorn...Rom schien mir nur ein Traum, als ich in der Wärme des britischen Sommers im Grase saß und den zappelnden HASEN zwischen meinen Knien hielt.
Plötzlich trat LUGUNDA zu mir, legte ihre Wange an meine, riß dann aber den HASEN an sich und beschuldigte mich mit blitzenden Augen, ich hätte das Tier absichtlich gequält."
Nur ganz selten ist sie freundlich zu MINUTUS:
"Nimm mich mit, wenn du fortgehst. Ich folge dir, wohin du willst. Ich verlasse meinen Stamm und sogar meine HASEN."
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Was für ein Kompliment! MINUTUS ist ihr wichtiger als ihre Hasen, wenn auch nur ein wenig und nur in diesem Moment. Ansonsten sind die Viecher ihr Lebensinhalt.-
Eine Irre! Armer MINUTUS. Manche Männer haben das seltene Glück, immer an Irre zu kommen. (Das gilt natürlich auch umgekehrt.)
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Wie man sieht, ein amüsanter Roman, in dem man gleichzeitig viel über Geschichte lernen kann (so man denn will). Warum solche Bücher im Unterricht nicht gelesen oder wenigstens herangezogen werden, erschließt sich mir nicht. Statt dessen wird die "top ten" der langweiligsten Bücher behandelt. Manche Lehrer scheinen geradezu eine Affinität zu langweiligem Kram zu haben. So wurde ich z.B. mit Kafka, Böll, Brecht und Grass gefoltert. Schon damals konnte ich mit moderner Kunst nichts anfangen. Ich kann es heute immer noch nicht.
Mein Deutschunterricht war (vorsichtig formuliert) "sub omnibus canonibus" und hat mir fast das Lesen ausgetrieben. Gruß an meine Deutschlehrer. Nicht umsonst steht auf manchen Schulbänken: Hier kämpfte ein großer Geist vergeblich mit dem Schlaf.-
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zu Kafka: Wenn man keine "Depris" hat, dann kriegt man welche. Völlig ausweglos, vgl. "Gib's auf, gib's auf!" Wenn man dem Leben anhängt und verhaftet ist, dann sollte man sich so ein Zeug nicht "reinziehen" (da gibt es Besseres!). Überhaupt weigere ich mich beharrlich, Dinge zu lesen, die mich "runterziehen", also krankes Zeug (das angeblich immer so wertvoll sein soll). Ich lese nur Bücher, die belehrend, erbaulich ("uplifting"), heroisch und spannend sind (wie z.B. Gustav Schwab: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums).
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SIR R
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