CICERO: DE OFFICIIS: Was man wissen sollte!
(some more facts)
Oktober 44 v: CICERO arbeitet an seiner Schrift "DE OFFICIIS"; dies erfahren wir aus einem Brief an ATTICUS (XV 13 6)
Die Schrift ist seinem Sohn MARCUS gewidmet, der in Athen Philosophie studierte.
Literarisches genus: erzieherische Schrift (Erfahrungen und Lebensregeln werden übermittelt)
Themen der Schrift: Verhältnis des Sittlichen zum Nützlichen
Verhältnis Politik-Moral
(Nicht alles, was nützt, ist moralisch einwandfrei. Der Utilitarist spricht: Gut ist, was mir nützt! In der Politik vergißt man am besten die Moral. CICERO hingegen will ein Nützliches, das nicht gegen moralische Werte verstößt.)
Marcus erhält somit wichtige Ratschläge für das Leben als Politiker.
"Zu dieser Zeit kann Cic. selbst auf ein Leben mit mannigfaltigen Wechselfällen, mit mehr Enttäuschungen als Erfolgen zurückblicken..."
(CICERO: PHILOSOPHISCHE SCHRIFTEN, B. ERLÄUTERUNGEN, Hirschgraben-Verlag, Frankf. 1974, S. 62.)
Buch I und II der Schrift beziehen sich auf eine verlorene Abhandlung des PANAITIOS (vgl. De re p. I, 15), die unter dem Titel "PERI TOU KATHEKONTOS" (Über das Schickliche; Über das richtige Handeln) bekannt ist.
officium: aus "opificium"; opifex=Handwerker:=das richtige Tun, die Pflichterfüllung
De officiis=Peri tou kathekontos=Über die Pflichten.
kathéko=herabkommen, sich erstrecken...
ta kathekonta=die eingetretenen Verhältnisse
unpers. kathékei=es kommt mir zu, es ziemt sich für mich, es ist meine Pflicht, betrifft mich
kathékon=gebührend, passend
Daher lautet mein Vorschlag: De officiis=Über das angemessene Verhalten; über das Verhalten, das einem zukommt; vgl. das frz. "comme il faut", für die meisten heutzutage ein Fremdwort in doppeltem Sinne!)
AD I, 11-14:
De off. I, 11-14 gemäß "ORBIS ROMANUS": "Der Mensch und das Reich der Werte" (s. auch II, 48 f.):
Ciceros Anthropologie: Der Mensch wird vom Geist her gesehen, er ist ein "geist-und werterfülltes Wesen".
Hieraus ergeben sich eine Anzahl ethischer Forderungen. Diese machen das Wesen des "honestum" aus (1-14). Wahre Werte müssen mit diesem in Einklang stehen.
ORBIS, S. 217.
Ausgehend von den Gemeinsamkeiten von Tier und Mensch (Selbsterhaltung, Fortpflanzung), kommt CICERO auf die Kriterien zu sprechen, die allein den Menschen ausmachen: Erkennen von Kausalitäten (der Mensch ist "partceps rationis"; hat Teil an der Vernunft), Fähigkeit, Analogieschlüsse zu ziehen, vorausschauendes Denken, Denken in historischen Dimensionen, des weiteren: staatsbildende Fähigkeiten (s. ARISTOTELES, POLITICA 1253 a: anthropos phusei politikon zoon=der Mensch ist seiner Natur nach ein staatsbildendes ("geselliges"/ soziales Wesen). Dies verpflichtet ihn zur Verwirklichung sozialer Werte (Gerechtigkeit u. dergl.). Zweck der Gemeinschaft ist u.a. die Erreichung eines Gutes (agathou tinòs; 1252 a). Der Staat soll ein gutes Leben ermöglichen (bene et honeste vivendi causa)! Dies ist nur dem vernunftbegabten Menschen möglich. Er kann die ganze Welt zum Objekt seiner Erkenntnis machen. Höher als die Sozialtugenden steht das Streben nach Erkenntnis (entspricht mehr griechischem als römischem Denken)! Aus dem Erkennen erwächst Seelengröße. Das Gefühl für Ordnung und Maß, für das, was sittlich richtig ist (quod deceat=to prepon; KAP. 14!) entstammt dem Bewußtsein für Werte. Daraus ergeben sich Pflichten (Höre ich Pflicht...?). Diese sind nicht willkürlich (thesei=durch Festlegung), sondern "phusei"=von Natur (her begründet; naturgemäß). Diese sind Werte "an sich" (ganz gleich, ob man sie akzeptiert oder nicht)
ORBIS ROMANUS, S. 219 f.
Diese idealistische Sicht auf die Spezies Mensch wird leider oft durch die Realität widerlegt. Schön, aber naiv! M.E. ist das Gegenteil der Fall!
CICERO meint es sicher gut. Sein Fall zeigt aber leider, wie man endet, wenn man es gut mit den Menschen meint. Es gab schon mal einen, der es gut meinte, aber den haben sie angenagelt.
Sodann: Moralgesetze sind keine Naturgesetze! (s. NIETZSCHE)
(Die Mehrzahl der Exemplare "Homo", die mir bislang leider über den Weg gelaufen sind, erfüllen diese hohen Kriterien natürlich kein bißchen. Warum sollten die auch? Ich könnte ja einmal einen meiner debilen und stumpfsinnigen Nachbarn fragen, ob er "erkenntnisverfolgend" sei oder ein "zoon politikon" und ob er denn auch schön nach dem "honestum" repektive nach dem "to prepon" und nach "to kathékon" strebe.)
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In diesem Sinne
The SIR
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