Murmillo-Archiv

Dienstag, 6. Oktober 2015

CICEROS VERRESREDEN: 70 V. CHR.

Die Verhandlung gegen den mittlerweile unter den zahllosen Murmillo-Lesern bekannt-berüchtigten "Sammlerfreund" VERRES war ein sog. REPETUNDENPROZESS (de pecuniis repetundis=über die zurückzufordernden Gelder; über die Rückforderung der Gelder; Klage auf Schadensersatz und Rückzahlung; we want our money back!).
73-71 v. war VERRES Prätor von Sizilien. VERRES war selbstherrlich, bestechlich und außerdem noch ein großer Kunsträuber vor dem Herrn (siehe actio secunda, lib. 4; sog. Kunstraubbuch). War VERRES wirklich so schlimm? Wir dürfen nicht vergessen, daß wir VERRES durch die Brille CICEROS sehen. Die meisten Statthalter waren korrupt. Außerdem: Eine "virtus" der Gerichtsrede besteht darin, den Gegner im schlechtesten Lichte erscheinen zu lassen.
H. A. FORSTER fragt: Gehörte VERRES eher vor den PSYCHIATER als vor den Richter? War dieser nur ein "pathologischer Kunstfanatiker"?
Die Story sei hier kurz zu Ende erzählt: Die Sizilier waren  ziemlich "sauer" auf Freund VERRES und wandten sich an CICERO. Sie wollten, daß der sie als PATRONUS vor Gericht vertrete. CICERO seinerseits sah seine Chance gekommen, um sich gegen seinen Rivalen HORTENSIUS zu profilieren. Allerdings war die Sache nicht ganz "ohne", denn VERRES gehörte dem Senatorenstand an, hatte allso mächtige Freunde, die sicherlich genauso schmierig waren wie er, während CICERO nur dem "ordo equester" angehörte, dem "Ritterstand" und ein "homo novus" war. Wie zu erwarten, hielten die Senatoren zusammen wie Uhu (lat. uhix plus; s. Asterix), und VERRES ließ jede Menge Bestechungsgelder springen. ROMAE OMNIA VENALIA ESSE=in Rom kriegste alles für Geld!
VERRES also wurde von HORTENSIUS verteidigt. Er versuchte den Prozeß hinauszuschieben, wurde dann aber für schuldig befunden und ging freiwillig in Verbannung (der Boden in Rom war ihm schlichtweg zu heiß geworden). CICERO triumphierte über VERRES, die Senatoren und HORTENSIUS. Außerdem siegte der von CICERO vertretene schlichte Redestil, ATTIZISMUS genannt, über den prunkvollen, überladenen und wohl auch schwer verdaulichen Stil des HORTENSIUS, den ASIANISMUS.
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Quelle: H. A. FORSTER: DIE LITERATUR DES KLASSISCHEN ALTERTUMS; ein Führer durch das Schrifttum der Griechen und Römer (Goldmanns gelbe Taschenbücher), München o. J., S. 111 ff.
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Auf der Rückseite des Covers meiner Ausgabe ist ein "lustiges" Photo von H. A. FORSTER, geb. 1924, mit
Kassengestell, Schlips und Kragen. Hans Alfred trägt-um mit Heinz Erhard zu sprechen-die Haare offen. So sahen Gelehrte früherer Zeiten aus. Leider stirbt diese Spezies allmählich aus.
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by decurio





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