Murmillo-Archiv

Montag, 14. September 2015

KURZINTERPRETATION: OVID, AMORES I, 3

Ausgangssituation: Ovid wurde von einem Mädchen "bezwungen" (praedata puella est). Er fleht sie an, ihn  entweder a) zu lieben oder b) die Liebe immerfort in ihm zu erwecken. Dieses Flehen bezeichnet er als "recht und billig (iusta precor).
(Neudeutsch bezeichnet man so etwas als "Bettelsex", was eines freien Mannes eigentlich unwürdig ist. Auch entspricht es nicht gerade den altrömischen Idealen, einem Mädchen unterlegen zu sein. Ovid, der Weiberknecht. Oder ist dies auch wieder nur "lusus" ?)---
Vers 3 wird er dann ein wenig bescheidener. Er gibt zu, daß er zuviel fordert. Also soll sie wenigstens seine Liebe dulden, d. h. ihn ertragen.
(Ich denke, daß es schwer erträglich für ein junges Fräulein ist, einen Poeten um sich zu haben, der den ganzen Tag dichtet. Sagt nicht Ovid selbst in der "Ars", daß die Frauen Geschenke und nicht Gedichte wollen. Bei den heutigen "girlies" hätte er es sogar noch schwerer, weil die a) zumeist kein Latein können und b) lieber shoppen und schmerzlos konsumieren wollen.)
Damit alles auch schön klappt, fleht er gleich nochmal, aber diesmal zur "Herrin Cythera"=Venus. Selbige sei übrigens bei Cythera dem Meer entstiegen, was schon sein kann. Genau kann ich es nicht sagen, denn ich war nicht dabei!)
Dann geht das "Geflehe" munter weiter: Er wolle ihr dienen, er liebe mit "pura...fide" usw. (Vers 5 f.)
Vers 7 f.: Ganz bescheiden geht es so fort: Keine großen Namen empfehlen ihn; er sei nur von einfachem "Rittergeschlecht". Aha!
Vers 9 f. Landbesitz hat er auch nicht (als Dichter hält er gewiß auch nichts von Feldarbeit); zuhause geht's sparsam zu (Schmalhans ist Küchenmeister). Macht aber nichts, denn hinter ihm stehen ja Apoll, die neun Musen und Bacchus (Vers 11 f.; Wein plus Dichtung! Prost!)! Weiterhin spräche für ihn seine "fides", seine "simplicitas", welche auch noch "nuda" sei, sowie sein "purpureus pudor". Wie schön! Das meint er doch wohl nicht ernst?-Natürlich meint Ovid dies nicht ernst!
Vers 15 f.: Er behauptet, daß ihm nicht 1000 gefallen. Die Dichter lügen viel, spricht Platon! Auch sei er kein "desultor amoris" (ein "desultor" ist ein Artist, der von Pferd zu Pferd springt; toller Vergleich!)
Vers 17 f.: Jetzt wird er sentimental: er will mit ihr alt werden und dermaleinst von ihr betrauert werden. (Glaube nicht, daß sein "girlie" von dem Lebensentwurf begeistert ist. Wahrscheinlich wird sie auf seinem Grab tanzen und dann das Erbe verprassen, wie das "girlies" gemeinhin so tun.)
Vers 19 f.: Jetzt soll sie auch noch seine Muse werden und ihn zur Textproduktion beflügeln. Die Lieder, die dabei herauskommen, sollen ihres Grundes würdig sein.-Was aber, wenn die Thusnelda unwürdig ist?!
Vers 21 f.: Es sollen Lieder sein, die berühmt machen (Dichterruhm). Es folgen die unvermeidlichen mythologischen Anspielungen (O. ist poeta doctus): Es sollen Gesänge sein wie die von Io, die erschrak, als sie im Wasser ihre Hörner sah, und von Leda, die betrogen wurde (wird nicht namentlich genannt; Wissen wird beim Leser vorausgesetzt) oder die über Europa, die mit jungfräulicher Hand die krummen (gebogenen) Hörner hielt ("virginea tenuit cornua vara manu"; Hyperbaton; in der Artemis-Übersetzung von W. Marg u. R. Harder: "mit jungfräulicher Hand faßt das geschwungene Horn"; na, wer sich dabei nichts denkt...).
Schluß (25 f.): So werden auch wir dereinst besungen; unser Name wird ewig vereint sein. Schön!
"Und wann gehen wir endlich 'shoppen'", sprach das "girlie".
---
by Django

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen