Murmillo-Archiv

Dienstag, 14. Oktober 2014

OVID: DER CALLISTOMYTHOS (MET. II, 400-424)

Zeus, von Berufs wegen "omnipotenter" Gottvater (pater omnipotens) umschreitet gemessenen Schrittes (wie es der Würde eines Gottes geziemt) die gewaltigen Mauern der Himmelsburg (ingentia moenia caeli). Hier oben, weit über den kleinen Bestrebungen und Nöten der Sterblichen, ist (bzw. atmet) alles Größe. Was ist der Grund seines Tuns? Zeus aka Juppiter möchte die Himmelsveste inspizieren. Als er sieht, daß alles o.k. ist (ne quid labefactum=nichts wackelt; alles ist "firma suique roboris; also "optime"), kann er sich den "labores" der Menschen zuwenden. Dabei hat er einen geradezu genialen Aussichtspunkt, der ihm die berühmte olympische Schau der Dinge ermöglicht. Zeus hat den großen Überblick (perspicit), der den meisten Sterblichen abgeht. Doch was interessieren ihn die Menschlein mit ihren lächerlichen Problemen. Viel wichtiger ist ihm sein geliebtes Arkadien, wo er nach der Überlieferung geboren ist. Zunächst bringt er dort
(nicht ganz uneigennützig, wie wir sehen werden) die Natur wieder in Ordnung. Da geschieht es: er sieht eine Jungfrau (in virgine Nonacrina haesit). Sein Blick bleibt geradezu an ihr hängen (haesit). Er bekommt förmlich den Mund nicht mehr zu. Ganz ungöttlich durchfährt es ihn (accepti caluere sub ossibus ignes). Das Liebesfeuer caluere...ignes) brennt in seinen Knochen (sub ossibus)., ja es überwältigt ihn völlig, Zeus, der Gott, ist dem passiv ausgeliefert (accepti). Die Macht der Liebe ist größer als Zeus! Ihn, den Gott, ergreift eine Art wahnsinniger Raserei! (Liebe ist eine Form des Wahnsinns, so glaubten jedenfalls die alten Chinesen, und die mußten es ja genau wissen, da allesamt sehr weise!). Jetzt wird dem Leser klar, warum Zeus seinen himmlischen Sitz noch einmal durchgemustert hat: Er wollte auf die Erde! Warum? Da gibt es Jungfrauen "en masse", jedenfall gab es damals noch welche. Zeus, immer etwas "triebgestaut" sagt sich: "Nix wie hin zu den "virgines". Da greif' ich mirdoch eine!" Und nun trifft er auf Callisto, deren Namen übrigens nicht erwähnt wird. Callisto ist anders als die anderen, was den Zeus noch mehr anmacht. Sie hielt nichts von niedrigen Arbeiten wie Wolle zupfen. Auch Frisuren interessierten sie wenig (neglectos...capillos). Callisto ist also keine "Tussi" (wie wir heute sagen würden, es aber nicht sollten), sondern eine Amazone, die mit "iaculum" und "arcum" umzugehen weiß. Sie ist sogar "Dianas Soldat" ("miles erat Phoebes"). Also Vorsicht, Zeus, die Frau ist nicht das geborene Opfer wie sonst die harmlosen "Häschen", an die du dich ranmachst. Callisto kann sich wehren, etwa vergleichbar mit einer jungen Frau von heute, die Selbstverteidigung macht. Nun macht Callisto aber einen taktischen Fehler: Sie betritt einen Hain und legt sich hin. Callisto legt den Köcher ab, außerdem ist sie "fessam et custode vacantem". Jetzt schlägt die Stunde des Zeus, der sich an die "virgo" herangepirscht hat: Selbstgefällig sagt der Übeltäter: "hoc certe furtum coniunx mea nesciet" (meine Alte wird nichts davon erfahren). Wenn doch, macht auch nichts. Der Spaß war's wert: "aut si rescierit, sunt, o sunt iurgia tanti!". Also geh'n wir's an, on y va, wie der Franzose sagt.
(...)
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wie immer "political correct"
tribunus




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