PRIMA 42: DIE SEHERIN VELEDA
Ich werde Veleda genannt und mir ist gegeben, die künftigen Dinge zu sehen. Wenn ich freilich (allerdings) über die künftigen Dinge (die Zukunft) gefragt werde, hoffe ich, daß ich günstige Dinge sehen werde; denn widrige Dinge vorauszusehen, gefällt mir nicht. Daher ist jene Fähigkeit, die mir von Natur aus gegeben ist, oft schwer. Ich möchte ein Beispiel vorbringen: Ein Soldat, der in den Kampf ziehen wird (will), fragt über den Ausgang des Kampfes. Wenn dieser hört: "Du wirst aus dem Leben hinausgehen (scheiden; sterben)!", wird er entweder traurig oder in Zorn geraten (entflammt) weggehen. Wenn ich aber sage: "Ich sehe, daß du unversehrt zurückkommen wirst!", verspricht jener, daß er mir später eine Belohnung geben wird und am nächsten Tag wird er sich mit frohem und starkem Mut dem Feind entgegenwerfen (wirft er sich...).
Als die Germanen neulich gegen die Römer kämpften, kamen sie, um mich zu befragen. Von da an (deshalb) ist mein Ansehen um vieles vermehrt (vergrößert) worden: Ich habe nämlich vorhergesehen, daß die Germanen die Sache gut ausführen werden ((würden); ihre Sache gut machen werden), und ich sagte, daß sie-was damals unglaublich war- die römischen Legionen besiegen werden. In der Tat (tatsächlich) geschah dies, was ich gesagt hatte. Seit jener Zeit glauben (glaubten) viele Germanen, daß ich sogar eine Göttin sei. Aber-wie ich schon oben erwähnt habe- mein Leben ist auch hart. Weder mit Verwandten noch mit Freunden wohne ich, ich lebe allein in einem Turm. Außerdem: Damit die Verehrung vergrößert (größer) wird, dürfen die Menschen weder meine Zelle besuchen noch mich selbst anrufen. Daher wählen diejenigen, die um Hilfe bitten, irgendeinen von meinen Verwandten aus und schicken ihn zu mir, damit jener die Antworten und Ratschläge der Götter empfängt (empfange). Aber (Doch) ich bin guten Mutes: Jetzt schätzen mich die Germanen hoch...und deutlich sehe ich, daß bald auch die Römer mich verehren werden.----
Veleda war eine "alte Hexe", die dem armen Drusus so einen Schrecken eingejagt hat, daß er vom Pferd fiel und starb. Andererseits war sie eine charismatische Person, die der Sache der Germanen große Dienste erwiesen hat. Ich stelle mir eine ältere Lady mit hintergründigem Blick vor.
Doch Veledas Leben ist hart!
Sie ist ein Beispiel dafür, daß tieferes Wissen und Einblick in den Lauf der Dinge einsam macht. Man fühlt beim Lesen richtiggehend mit.
Eigentlich kann sie aber froh sein, das Verwandtenpack loszusein. Schon in der Hl. Geschrift steht geschrieben: Deine Feinde sind deine Hausgenossen (Jeremias; und der muß es wissen, denn der war schließlich Prophet!).-
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EREC
hi
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