Murmillo-Archiv

Freitag, 1. August 2014

DIE BETTWANZE (BED BUG), LAT. CIMEX LECTULARIUS


Bettwanzen galten früher neben Läusen, Flöhen und Zecken als Ekto-Parasiten (von außen angreifende P.) par excellence. Doch mit der Zeit gerieten sie bei jüngeren Mitbürgern in Vergessenheit und man kannte sie höchstens noch aus alten Büchern oder von Erzählungen der Großeltern.

Aber Vorsicht: Seit kurzem holen Cimex lectularius & Co. wieder zum Schlag aus!

VIDEO >> Bettwanzen-Alarm: Die Rückkehr der kleinen Blutsauger



CIMEX LECTULARIUS IN DER FAMILIE DER CIMICIDAE


Die Bettwanze (lat. Cimex lectularius, engl. Bed Bug) gehört zur Familie der Plattwanzen (Cimicidae), die manchmal ihrerseits ungenau als Bettwanzen bezeichnet werden. Sie ist darauf spezialisiert, bei den Schlafplätzen von gleichwarmen (homoiothermen) Lebewesen  wie dem Menschen zu leben und sich von deren Blut zu ernähren. Bettwanzen sind Parasiten und Zivilisationsfolger.
Die Familie der Cimicidae hat auch andere unangenehme Zeitgenossen hervorgebracht wie die Fledermauswanze (Leptocimex boueti/Cimex adjunctus), die auf Englisch Bat Bug genannt wird. Im Deutschen wird oft der lateinische Name bevorzugt. Der Cimex adjunctus saugt gerne an Fledermäusen, verschmäht aber auch Menschen nicht. Sie sieht so ähnlich wie die Bettwanze aus und kommt z. B. in warmen Gegenden wie Afrika vor, manchmal aber auch in den USA und Schottland.

Zurück zur Bettwanze: Die erwachsenen Tiere sind um die 5 mm lang (deutliche Unterschiede) und sehr dünn. Die Farbe ist beigebraun und nach der Blutnahrung dunkel rotbraun. Das Tier ist bis zur Mahlzeit sehr dünn bzw. flach ("platt").
Die Vorderflügel sind zu kleinen Schuppen zurückgebildet, die Hinterflügel fehlen ganz. Das Tier weist eine gewisse Behaarung auf.
Bettwanzen besitzen kleine Facettenaugen (siehe Abbildung), aber keine Punktaugen (Ocellen). Bei nicht flugfähigen Insekten fehlen diese sowieso oft.

Die Bettwanze ist nahezu ein Kosmopolit. Sie kommt aber nur bedingt in kühlen und hohen Lagen vor. Das heißt aber nicht, dass die Wanze nicht für eine gewisse Zeit Kälte oder Nahrungsmangel ertragen könnte.
Die Bettwanze sucht meistens den Menschen auf, aber auch ihn umgebende Haustiere sowie Vögel und Fledermäuse. Es wird angenommen, dass sie aus Zentralasien stammend über höhlenbewohnende Vögel oder Fledermäuse auf den Menschen übertragen wurde. Dann nistete sich die Bettwanze in Kleinasien und Südeuropa ein, wo sie Einzug in die dortigen Sprachen fand.
Bsp. Latein (Georges): cīmex, micis, m. (zu altind. yāma-ḥ, schwarz(grau) 
Fundstellen: Liv. Andr. com. 1; Catull. 32, 2; Varr. r. r. 1, 2, 25; Petr. 98, 1; Mart. 11, 32, 1; Hor. sat. 1, 10, 78.
Der Begriff wurde auch als Schimpfwort verwendet, besonders bei Horaz (Satiren): 
Men' moveat cimex Pantilius?         - Mich kränkte die Wanze Pantilius?


In Nordeuropa war es ihr lange zu kalt und nicht wohnlich genug. Erst in der frühen Neuzeit mit besserer Behausung marschierte sie hier wacker voran.
Als Überträger der Wanzen gelten Flugtiere, sie können sich aber auch selbst bewegen oder werden in Möbelstücken und mit sonstigem Hausrat verschleppt. 

Bettwanzen sind nachtaktive Blutsauger, die wohl auf Kohlendioxid und Geruch des Wirtes reagieren. Die Nahrungsaufnahme dauert mehrere Minuten.
Mit Hilfe eigener Geruchsstoffe können die Wanzen sich auch untereinander verständigen, also anlocken oder bei Gefahr vertreiben.
Nach ihrer Blutmahlzeit verstecken sie sich wieder in Holzritzen o. ä., wo sie auch ihre Eier ablegen. Viele Wanzen kommen in Matratzen oder Bettgestellen vor.


GEFAHRENSZENARIO UND ABWEHR

Die Wanzen verursachen nicht nur Juckreiz und Blutverlust. Sie können auch viele gefährliche Krankheiten in sich tragen. In wie weit sie diese auch auf den Menschen übertragen können, ist noch nicht ganz erforscht. Bei Hepatitis gilt das aber als wahrscheinlich.   
Gefunden wurden in Wanzen die Erreger von Hepatitis (verschiedene Varianten), AIDS/HIV, Q-Fieber und anderen Krankheiten.

Bettwanzen müssen daher unnachgiebig bekämpft und rücksichtslos ausgerottet werden. Das ist besonders deshalb wichtig, weil sich ihre Populationen wieder erholen. Gründe dafür sind internationaler Tourismus, Resistenzenbildung, zu weiche Schädlingsbekämpfung ("Verluschung") und neue Armut.
Vorbeugend kann man also seine Reisetätigkeit einschränken und versuchen, auch die Mobilität der Möbel einzuschränken! Nachsorgend muss die chemische Keule her, ggf. in Kombination mit einer Wärmeentwesung.

Früher griff man bei der Wanzenbekämpfung zum Mittel der Vergasung oder sonstigen chemischen Ausrottung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden so große Erfolge in der Wanzenbekämpfung erzielt, z. B. mit DDT. Allerdings ging man dabei mit Mensch und Natur nicht gerade zimperlich  vor.
Inzwischen ist man bei der Bekämpfung von Schadinsekten vorsichtiger geworden, was zwar Mensch und Haustiere schont, aber auch mit zum "Revival" der Bettwanze geführt hat. Außerdem haben sich Resistenzen gebildet, so dass manche Stämme schon das > 100fache der ursprünglich letalen Giftdosis aushalten! 
Ein Beispiel für eine Schwächung der Bekämpfung: Seitdem man Kakerlaken nicht mehr vergast, sondern nur noch mit Giftködern bekämpft, kann sich die Bettwanze wieder fleißiger vermehren, weil bei ihr die Köder nicht so wirken.
Es gibt aber noch weitere Gründe für die Erholung der Wanzenpopulationen - oben haben wir einige aufgezählt - so dass inzwischen Weltstädte wie New York wieder in Wanzenangst leben müssen!

Neben dem Vergiften kommt auch bzw. wieder die Wärmeentwesung in Betracht, bei der die Bettwanzen durch eine für 1,5 Tage auf 55°C erhöhte Zimmertemperatur vernichtet werden.
Ein traditioneller Trick zum Schutz der Betten ist ihre Einrahmung mit Bohnenblättern ("Balkan-Trick"). Diese verfügen über feine Härchen und Stacheln, in denen sich die Wanzen verheddern und sterben. Zur Zeit versucht man, diese "Wanzenstopper" synthetisch nachzubauen.


QUELLEN:

Wikipedia
Eigene Untersuchungen
(Karl Ernst) Georges. Ausführliches Handwörterbuch (Lateinisch - Deutsch)
Claudia Imfeld: Wanzen auf dem Vormarsch; in: Tages-Anzeiger, 22.05.2010
Claudia Fromme: Wanzen, der Feind in meinem Bett; in: SZ, 25.02.2007





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