Murmillo-Archiv

Montag, 2. Mai 2016

DIE VERHÄLTNISSE IN GERMANIEN (25): NACH THEODOR MOMMSEN-CIVILISAUFSTAND: ABSCHLIESSENDE BETRACHTUNGEN UND VERNICHTENDE KRITIK

MOMMSEN nennt diesen Krieg "einen der seltsamsten und einen der entsetzlichsten aller Zeiten". Kaum habe sich eine Armee jemals vor einer schwereren Aufgabe gesehen wie die beiden Rheinheere in den Jahren 69/ 70:
"im Laufe weniger Monate Soldaten Neros, dann des Senats, dann Galbas, dann des Vitellius, dann Vespasians..."
Erschwerend kam hinzu, daß gerade die Soldaten, die die mächtigen Völker der Gallier und Germanen in Schach halten sollten, selbst fast ausschließlich aus diesen Völkern stammten: bei der AUXILIA waren es fast alle, bei der LEGIO ein großer Teil!
"ihrer besten Mannschaften beraubt, meist ohne Löhnung und oft hungernd und über alle Maßen elend geführt, ist ihnen allerdings innerlich wie äußerlich Übermenschliches zugemutet worden. Sie haben die schwere Probe übel bestanden."
Weniger sei es ein Krieg zweier Armeekorps gewesen als vielmehr einer "der Soldaten und vor allem der Offizierre zweiter Klasse gegen die der ersten, verbunden mit einer gefährlichen Insurrektion und Invasion der Germanen und einer beiläufigen und unbedeutenden Auflehnung einiger keltischer Distrikte."
MOMMSEN spricht von einer "entsetzlichen Zeit". Große Desaster wie Cannae, Carrhae und der Teutoburger Wald seien "verglichen mit der Doppelschmach von Novaesium" geradezu "Ruhmesblätter" gewesen:
"nur wenige Männer, keine einzige Truppe hat in der allgemeinen VERUNEHRUNG sich reinen Schild bewahrt. Die grauenhafte Zerrüttung des Staats-und vor allem des Heerwesens, welche bei dem Untergang der Julisch-Claudischen Dynastie uns entgegentritt, erscheint deutlicher noch als in der führerlosen Schlacht von Betriacum in diesen Vorgängen am Rhein, derengleichen die Geschichte Roms nie vorher und nachher aufweist."
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Kritik der Kritik:

Bleibt nur die Frage, ob man selbst unter diesen-wie MOMMSEN selbst einräumt-elenden Verhältnissen immer ein Ehrenmann geblieben wäre. Man darf nicht vergessen, daß die Soldaten "arme Schweine" waren, denen es ums Überleben ging und die das "ausbaden" mußten, was die große Politik angestiftet hatte. Unter solchen widrigen Umständen kann es geradezu einen Überlebensvorteil darstellen, eben kein Ausbund an Tugend zu sein. Wer sich in einer vulgären Lage befindet, von dem kann man kaum erwarten, daß er "edeltrefflich" handelt.
Menschen sind nun eben einmal äußerst defekte und defiziente Fehlprodukte der Natur. Da kann man keine "apostolischen" Handlungen erwarten. Vielmehr sollte man immer froh sein, daß nicht alles noch viel schlimmer kommt.
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