Jeder, der lehrt und schreibt, sollte nach Originalität streben. Viele meiner Lehrer gaben nur das wieder, was sie gelesen hatten, und schrieben überhaupt nichts. An das Gebot "NULLA DIES SINE LINEA" hielten sie sich daher nur halb. Durch reine Wiedergabe jedoch oder durch das Übersetzen des bereits mehrfach Übersetzten ist wenig gewonnen und kommt kein "NOVUM" in die Welt. Man sollte aber mit dem eigenen Kopf denken und nicht mit einem fremden!
In der Vergangenheit oft unzufrieden mit dem, was das Lehrbuch bot (zu langweilig, Themen, die mich nur teilweise interessieren, zu viele bunte Bilder), fing ich an, eigene kleinere Texte auf Latein zu entwerfen z.B. "De limite". Dies hat gleich mehrere Vorteile:
a) es ist gut für die Kreativität
b) man lernt Latein aktiv und nicht nur passiv (so mußte ich einiges nachschlagen und lernte Neues hinzu)
c) man kann selber die Inhalte bestimmen
Auch in der Schule sollte man dies ab und zu üben, auch wenn kein ciceroianisches Latein dabei herauskommt, sondern nur ein Elaborat. Wie heißt es doch so schön:
UT VIRES DESINT, TAMEN EST LAUDANDA VOLUNTAS.
Wir sprechen ja auch deutsch, ohne uns wie Goethe auszudrücken. Was nützt es, wenn der Schüler bruchstückhaft und fehlerhaft einen Cicerotext übersetzt?
Auch Briefeschreiben in Latein wäre eine gute Übung. Leider schreibt dann vermutlich keiner zurück! MARGARITAS ANTE PORCOS. Das macht aber nichts, dann kann man ja Briefe an sich selbst (ad se ipsum) schreiben. Ich habe in der Vergangenheit zwei lateinische Briefe "losgelassen"-einen an eine Direktorin, einen anderen an eine Lateinlehrerin. Antwort: Fehlanzeige-das "Schweigen im Walde" sozusagen.
Auch das Lateinsprechen (Latine loqui) sollte geübt werden! Wer keine Gesprächspartner findet, kann ja Dialoge und Satiren entwerfen oder-wenn nichts klappt-auf die Suche nach der ewigen Seligkeit gehen. Auch kann er Soliloquia abhalten. Letzeres ist übrigens oft fruchtbarer als die meisten Gespräche mit Leuten. Heißt es doch: VOX POPULI, VOX "RINDVIEH".
Kurzum: LICET EXPERIRI.
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