"In einer schattigen Parkanlage liegt das Mauerstück, das daran erinnert, daß auch das 'Königliche Worms' dereinst eine römische Stadt war.
Römerzeit und Mittelalter sind längst versunken. Aus der CIVITAS VANGIONUM ist eine Industriesiedlung geworden."
Mit diesen Worten beginnt R. PÖRTNER seine Beschreibung des antiken WORMS. 100 Reichstage, Kaiserpfalz, Bischofshof, ca. 50 Kirchen, 5 Burgen, 12 Tore zeigen, wie bedeutend WORMS einmal war.
Etwas pathetisch schreibt PÖRTNER: "Die Erde aber ist schwer von Geschichte, Tradition und Schicksal."
Doch schon vor den Römern gab es dort Besiedelung:
"Weit über die Römerzeit zurück, wurzelt ihr Dasein in der früh-und vorgeschichtlichen Welt."
Damals dürfte die Ansiedlung allerdings ein recht bescheidenes Dasein geführt haben.
Auf dem Hochufer des Rheins gelegen, überragt die Stadt die Rheinniederung wie eine Festung. Uralte Wege und Straßen treffen dort zusammen.
Die Geschichte dieses Raums läßt sich 5000 Jahre zurückverfolgen! Man fand Waffen, Geräte und Schmuck verschiedener Kulturen: Bandkeramiker, Michelsberger Menschen, Glockenbecherleute (Bronzezeit), Hallstattvölker (Eisenzeit).
Ganz poetisch schreibt PÖRTNER:
"Sie alle kamen und gingen, lebten und starben, bauten ihre Wohstätten und verließen sie wieder."
Dann kamen die KELTEN:
"Mit den Kelten der La-Tène-Zeit beginnt auch hier die Frühröte der geschichtlichen Überlieferung. Ein halbes Jahrtausend v. Chr. ließen sie sich hier nieder..."
"Wo heute Worms liegt, entwickelte sich in dieser Zeit eine stadtähnliche Siedlung, bedeutsam wahrscheinlich als Marktort und befestigter Stammesmittelpunkt mit dem Sitz eines Fürsten. Sie hieß BORBETOMAGUS, Stadt oder Ort der Borbet, der keltischen Sonnenfrau, die mit EMBEDE und WILBEDE, der Erd-und Mondfrau, eine vielgenannte mythologische Dreiheit bildete."
Nach den KELTEN kamen die GERMANEN:
"Dann kam die Zeit der germanischen 'Landnahme'. Mit den Scharen des ARIOVIST setzten die VANGIONEN, NEMETER und TRIBOKER über den Rhein, drängten die keltischen Stämme ins Moselland und begründeten um Worms, Speyer und Straßburg ihre kleinen Stammesstaaten."
Dann kamen die RÖMER:
"Sie hatten die Reste der eingesessenen Bevölkerung noch nicht aufgesogen, als CAESAR mit seinen Legionen zum Rhein marschierte und alles Land links des Stromes für römisch erklärte."
Die ansässigen Stämme unterwarfen sich und wurden zu Bundesgenossen. Dadurch hatten sie eine gewisse Autonomie. Allzu viel zu sagen, hatten sie wohl nicht. Sie bekamen von den Römern den undankbaren und vermutlich schlecht bezahlten Job, an der "nassen Grenze" Wache zu schieben und das Imperium vor Ihresgleichen zu schützen. Die Wacht am Rhein!
"Ihre geschichtliche Rolle hatten sie indes verspielt."
LUCANUS weist übrigens auf ihre weiten Hosen hin und vergleicht sie deswegen mit den Sarmaten. Doch dies ist nur eine Randnotiz. (Wer also in Worms mit weiten Hosen rumläuft-in den 70er Jahren waren dies viele-ist Vangione!)
Da man ja sehen muß, wo man bleibt, stellten die VANGIONEN den Römern einige schlagkräftige Kohorten. Diese wurden gegen die CHATTEN eingesetzt sowie für Grenzkämpfe in England. (Den VANGIONEN fehlte ein ARMINIUS. Der hätte ihnen ins Gewissen geredet, nicht gegen GERMANISCHE BRUDERVÖLKER zu kämpfen. Daher sei der Häuptling der VANGIONEN auf alle Zeiten verflucht und erhalte keinen Eingang in WALHALL.)
Durch die günstige Lage, schloß man auf die Anlage eines DRUSUSKASTELLS. Ganz sicher wurde eine REITERABTEILUNG nachgewiesen. Diese war von Mainz abkommandiert und wurde mehrmals durch Infanterie abgelöst. Man fand einen REITERGRABSTEIN und einige INSCHRIFTEN. Auf diesen werden AUXILIA erwähnt sowie die ERSTE KOHORTE DER RAETIER (aus Tirol und Vorarlberg) und die 7. KOHORTE DER BREUCER und schließlich die ERSTE KOHORTE DER THRACIER. Weiterhin werden erwähnt: eine ALA HISPANORUM, SCUBULORUM, SEBOSIANA, AGRIPPINIANA und INDIANA (keine Indianer!).
Auf etlichen Grabsteinen erfahren wir einiges über Soldaten, die pensioniert wurden.
Und hier noch eine schöne Geschichte: Es gibt eine Altarinschrift in England, in der ein VANGIONISCHER REITER namens AMANDUS genannt wird. Dieser war der Sohn des Germanen VELUGNUS und kam in DEVA (Chester) auf die Welt. Nach PÖRTNER läßt die Inschrift die "zarte Beziehung zwischen den vangionischen Reitern in England und den Töchtern der Insel" ahnen. Vangionen sind halt auch nur Menschen. Ich stelle mir gerade diese Situation vor. Die junge Britin stellt ihren vangionischen Freund ihrem Vater vor: "Vater, das ist Amandus, er hat einen festen Job bei der army. Amandus ist Vangione. Er stammt aus der Civitas Vangionum.
"Wo liegt das?"
"Irgendwo in Germanien am Rhein."
"Was sprechen die da?"
"Keine Ahnung, Vangionisch?"
"Sag' mal, sind das nicht die, die mit den Römern gemeinsame Sache gemacht haben?
"Keine Ahnung, frag' ihn doch selbst."
Amandus: "Das war mein Großvater. Die haben damals Geschenke dafür bekommen. Ich habe damit nichts zu tun. Ich bin nur einfacher Soldat, kein Politiker."
---
Ob es wohl damals T-Shirts gab für junge Frauen mit folgender Aufschrift: My (boy)friend/ lover is "Vangione". Jedenfalls wurden keine archäologisch nachgewiesen. Hätten wohl die Zeiten nicht überdauert.
---
R. PÖRTNER: MIT DEM FAHRSTUHL IN DIE RÖMERZEIT, Städte und Stätten deutscher Frühgeschichte, Prisma Verlag Gütersloh, 1987, S. 324-327.
---
Ich habe eine besondere Beziehung zu Worms, da ich genau auf der anderen Rheinseite (in Hofheim) geboren bin, was allerdings schon eine Weile her ist. Vielleicht bin ich ja Vangione und weiß es gar nicht. Als Kind war ich mit meinen Großeltern unzählige Male in Worms, meist zum Einkaufen. Oft saßen wir auch am berühmten LUTHERDENKMAL oder gingen ins "Milano", um Eis zu essen. Ich war immer ganz selig, wenn ich im "Woolworth" oder im "Wiener Wald" Pommes und Bratwurst bekam. Bekam ich dann noch eine Schachtel Lego oder ein Donald-Duck-Taschenbuch war das Glück perfekt. Das war so in den frühen 70ern.
In Worms gibt es unten am Rhein das Naturfreundehaus, wo man gut essen kann und einen tollen Blick auf den Rhein hat. Nicht weit davon entfernt befindet sich das eindrucksvolle Hagendenkmal. Man sieht Hagen, wie er den Schatz der Nibelungen im Rhein versenkt. Konnte leider nie was finden. Ist ja auch schon lange her.
---
R.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen