Teil 1:
Socrates benutzte bei seinen Richtern
eine sehr weise Verteidigungsrede, und dennoch gelang ihm nicht, jene
(davon) zu überzeugen, daß er unschuldig sei. So nämlich
sprach er für sich selbst, daß er nicht bittend, sondern
der Lehrer der Richter zu sein schien.
Diese sollen durch seine Rede so
verletzt worden (gewesen) sein, daß sie ihn verurteilten. In
Athen aber war es dem verurteilten Angeklagten erlaubt (oder: nachdem
der Angeklagte verurteilt worden war), seine Strafe zu abzuschätzen.
Socrates aber, nachdem er selbst (persönlich) gefragt worden
war, welche Strafe er verdiente (verdiene), sprach so:
„Ich habe verdient, daß ich mit
den größten Ehren und Belohnungen geehrt werde ( mit
den...zu werden), und ich glaube, daß ich besonders dieser Ehre
würdig bin, die den Siegern in Olympia erwiesen wird, daß
mir tägliche Speise im Rathaus öffentlich gewährt
(gereicht) werde (wird).“
Nachdem sie diese Worte gehört
hatten, gerieten die Richter so in Zorn, daß sie Sokrates zum
Tode verurteilten.
Teil 2:
Er nahm dieses Urteil nicht nur mit
Gleichmut hin, sondern hielt auch vor (bei) den Richtern eine zweite
Rede; diese beendete er mit diesen Worten:
„Wer ist glückseliger als ich?
Für sicher halte ich, daß diese, die gerecht gelebt haben,
in den Himmel aufsteigen und zu den Göttern, von denen sie
aufgebrochen sind, zurückkehren. Daher gibt es für mich
keinen Anlaß, warum ich euch zürne(n sollte).
Doch schon ist es soweit (Zeit), daß
ich von hier weggehe, um zu sterben, ihr (aber), um euer Leben zu
leben.“
Dann erwartete er im Gefängnis den
Tod, und er wollte nicht fliehen, als Freunde ihn aus dem Gefängnis
herausführen (-holen) wollten.
Er glaubte nämlich, daß er
den Gesetzen und seiner Lehre folgen müsse. So empfing er am
letzten Tag seines Lebens, während er sich mit Freunden über
die Unsterblichkeit der Seele unterhielt (von der...sprach), mit
starkem Herzen (Mut) den Gifttrank aus der Hand des Henkers.
Als Sokrates den Becher zum Mund
führte, rief seine Frau Xanthippe aus:
„Läßt du zu, daß du
unschuldig stirbst?“
Doch jener: „Was denn? Hast du etwa
geglaubt, daß es für mich besser ist zu sterben, wenn ich
schuldig bin? (wörtl.: für mich als einen Schuldigen; also
svw: Wäre es dir lieber, ich sei schuldig?).“
Xanthippe war angeblich ein zänkisches
Weib, das dem armen Sokrates, der den ganzen Tag nur mit jungen
Männern philosophieren wollte, das Leben schwer machte. Ihr
ewiges Gekeife trieb ihn oft aus dem Haus auf die Agora, wo er mit
Gleichgesinnten über das Wesen der Dinge sprach. Wahrscheinlich
hätte sie lieber gehabt, wenn er arbeitet. Ab und zu hat er das
dann auch getan. Sokrates war nämlich Steinmetz.
Sokrates konnte aber nicht nur reden.
Er war mehrmals für seine Polis im Krieg, wo er sich
auszeichnete.
Am Ende wird er froh gewesen sein, die
Alte (Xanthippe) endlich los zu sein...
Blaues Kästchen:
Pythagoras wurde von einigen Leuten
gefragt, welche Kunst er (denn) verstünde (auf welche Kunst er
sich verstünde); dieser soll geantwortet haben, daß er
keine kenne, daß er aber ein Philosoph sei. Weil diese sich
über die Neuartigkeit des Namens (Wortes) wunderten (die
Neuheit...bewunderten), fragten sie, worin der Unterschied bestehe
(liege) zwischen den Philosophen und den Übrigen. Pythagoras
antwortete: „Wie in Olympia die einen nach (dem) Ruhm streben, die
anderen dorthin kommen, um zu kaufen und verkaufen, so dienen die
einen dem Ruhm, die anderen dem Geld. Wie aber die einen sich dorthin
aufmachen (reisen), um allein (einzig) dies zu betrachten, was getan
wird und auf welche Weise (wie), so betrachten gewisse Männer in
diesem Leben eifrig das Wesen der Dinge. Ich glaube, daß diese
eifrig um die Weisheit bemüht sind, das heißt (also)
Philosophen sind.-
Ü: "Erec"
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