Die kleine Konjunktion "an", die große Probleme macht!
Omnibus, qui verae Latinitati student.
Bedeutung: etwa; indirekt: ob.
Punkt, fertig! Nicht ganz, denn in gewissen formelhaften Wendungen heißt "an"="ob nicht"(!), folglich "an non"="ob".
Diese Wendungen sind z.B.:
dubito, an=ich zweifle, ob nicht
haud scio (nescio), an=ich weiß nicht, ob nicht
incertum est, an=es ist ungewiß, ob nicht (u.ä.)
In Bsp. 1 gewinnt die Phrase die Bedeutung von "ich glaube fast" oder (viel besser) "vielleicht".
(Vorzeichenwechsel im indirekten Interrogativsatz!)
In der Schule wird oft über das "Problem" "hinwegübersetzt". Den meisten ist nicht einmal das Problem bewußt! Warum? Weil sie kein Problembewußtsein haben und nicht nach "wahrer Latinität" streben (ridere licet).
Hier nun die endgültige Klärung für alle Zeiten (ridere licet):
1.) An vir bonus dicendi peritus sit?=Ist er etwa ein guter Mann, kundig des Redens? Ob er etwa ein guter Mann, kundig des Redens, ist? (Def. des Redners nach CICERO.)
Antwort: Nein, er ist es nicht.
Haud scio=ich weiß es nicht.
Haud scio, an vir bonus dicendi peritus sit.=Ich weiß nicht, ob er nicht ein guter Mann ist, kundig des Redens. Vielleicht ist er ein guter Mann...Er ist doch wohl ein guter Mann...
2.) An non vir bonus dicendi peritus sit?=Ist er etwa nicht ein guter Mann...?
Antwort: Ja doch, er ist es!
Haud scio=ich weiß es (aber) nicht.
Haud scio, an non vir bonus dicendi peritus sit.=Ich weiß nicht, ob er ein guter Mann...ist.=Vielleicht ist er nicht ein guter Mann...=Er ist doch wohl nicht...
Also: haud scio an=vielleicht.
Alles kapiert? Keine Sorge, ich auch nicht!
In einem "nächtlichen Telefonat" wies mich Herr cand. phil. A.H. aus der civitas Treverorum auf diese Stellen beim großen CICERO hin, an denen man das Problem "üben" kann:
Cic., Se. 74.
Cic., Nat. 1,4.
Cic., ad Quint fratr. 1.1.30
Cic., Fin. 5,7.
(Nächtliche Telefonate über die Konjunktion "an"-Zeichen wahrer Latinität!)
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E.
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